Neue Stuttgart-Kampagne geplant

Vor einigen Wochen habe ich das mal am Rande mitbekommen, aufgrund eines Artikels von Kollegin Christina Schaffrath im neuen Lift ist mir die Geschichte nun wieder schlagartig bewusst geworden: Auf Initiative des neuen Touristikchefs Armin Dellnitz (wurde auch hier vorgestellt und wir haben ihm sogar eine Einweihungsparty angeboten) wurde die Berliner Agentur Embassy beauftragt, eine neue Kampagne für die Region Stuttgart auszuknobeln.

Denn laut Dellnitz hat sie als „touristische Region noch nicht das erforderliche Profil“. Stuttgart soll eine Marke werden und bis zum Sommer soll ein neues Vermarktungskonzept vorliegen.

Darüber muss man natürlich nicht streiten: Egal wie toll oder nicht toll wir Stuttgart finden, die Stadt und Region ist trotz zahlreicher Attraktionen kein richtiger Touri-Magnet. Klar sieht man hin und wieder Auswärtige auf Erkundungsreise aber letztendlich sind wir (stark gefühlt) unter uns. Daran kann man was ändern.

Städtekampagnen liegen hoch im Trend und sind öfters mal umstritten. So wurde „Bochum macht jung“ 2008 endgültig begraben, in Krefeld setzt man hingegen scheinbar erfolgreich auf „Krefeld – schön hier!“.

Dann gibt es noch die Slogan-Klassiker: München ist die „Weltstadt mit Herz“, Hamburg bekanntlich das „Tor zur Welt“, Berlin hat sicherlich auch unzählige, aktuell und (unfreiwillig) wohl am berühmtesten bzw. im Gedächtnis vieler Menschen ist Wowereits Ausspruch „Arm, aber sexy“.

Richtig offiziell gibt es aber noch die Kampagne „Be Berlin“. Die wurde ebenfalls von der Agentur Embassy entworfen, die zuvor auch schon Riga („Live Riga“) ins vermeintliche rechte Licht rückte. 10 Millionen Euro hat „Be Berlin“ insgesamt verschlungen, in Stuttgart werden zunächst einmal (man könnte sagen ganz in schwäbischer Manier) 150.000 Tacken in die Hand genommen, um das Image aufzupolieren.

„Be Berlin“ wird in der Hauptstadt zwiespältig angenommen, bzw. findet z.B. laut dem Zitty Chefredakteur (Stadtmagazin) nicht statt. Im Rahmen der Kampagne kann jeder Berliner seine Berlin-Geschichte im Internet verewigen, was für meine Begriffe auch nicht so richtig genutzt wird. Die Einträge werden im Verhältnis zu einer 3,5 Millionen Stadt eher sporadisch gepostet. Oder der Berliner ist schreibfaul oder hat einfach nichts zu erzählen.

„Embassy gewinnt die Ausschreibung der Region Stuttgart für die Entwicklung einer neuen touristischen Marke. Das Projekt umfasst die Markenstrategie, die Markenkommunikation und die visuelle Gestaltung der neuen Marke“, lautet nun der Auftrag an Embassy auf der eigenen Homepage.

Egal ob die Agentur nun aus Berlin, Hamburg, Köln oder München kommt, finde ich es auf der einen Seite in Ordnung, dass sich jemand von außen und mit gewisser Distanz bzw. Sachlichkeit um unser Image kümmert.

Auf der anderen Seite bringt aber doch höchstwahrscheinlich ein kreativer Ortsansässiger das (neue) Stuttgarter Lebensgefühl geschmeidiger auf den Punkt. Traut man etwa der hiesigen Kreativwirtschaft, mit der sich auch in letzter Zeit gerade die Stadt profiliert, letztendlich doch nichts zu? In der Endauswahl sind jedenfalls zwei Stuttgarter Agenturen ausgeschieden.

Dellnitz legt Wert darauf, dass es sich um einen Markenaufbau und keine Werbekampagne handelt. Außerdem soll am Ende nicht „zwanghaft ein Slogan“ stehen, sondern ein neues Erscheinungsbild. So steht es zwar im Lift, aber trotzdem muss da doch am Anfang ein Anker, ein Deckmantel, etwas Greifbares, also doch eine Floskel sein oder etwa nicht?

Auch wenn die Vergleiche wie immer hinken: bei den Stichworten Slogans und Stuttgart/Ba-Wü wird mir leicht schlecht, denkt man nur an „Let´s Putz“, „Wir können alles – außer Hochdeutsch“ oder aktuell „Das neue Herz Europas“.

Dellnitz weiß jedenfalls, dass das „Bild von der pietistischen, leicht verschlafenen Stadt“ nicht mehr gerecht ist und will seinen Finger drauf halten, dass dies nun im Rahmen der Kampagne nach außen hin korrigiert wird.

Ich bin jedenfalls gespannt was aus der einstigen „Großstadt zwischen Wald und Reben“ wird. Ach Kollegin Schaffrath, ihr ironisch gemeintes Beispiel „Stuttgart – Es muss kesseln“ fand ich jetzt gar net so schlecht… 😉

Weitere Vorschläge? Also mal ganz abgesehen von „Stuttgart – for the l.o.v.e.“?

LIFT-Artikel als PDF.

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24 Comments

  1. says: cHiller

    Man könnte analog zu den Crooklyn Dodgers die Stuglyn Dodgers ins Leben rufen und legendäre Rap-Tracks aufnehmen.
    Fragt sich nur, wer hier in Deutschland die Rollen von z.B. O.C., Masta Ace, Special ED und speziell Primo übernehmen will (und kann)?

  2. says: Thorsten W.

    Witzig, hab erst heute morgen den Artikel im Lift gelesen und hatte heute Mittag ne Diskussion mit Kollegen zu dem Thema. Ich bin zwar auch für fairen Wettbewerb, aber ich bin der Meinung eine Stuttgarter Agentur könnte den Job besser erledigen.

    Dass eine Kampagne nötig ist ist sicher nicht falsch – mal gucken was dabei raus kommt.

  3. says: Busyicer

    „Im Rahmen der Kampagne kann jeder Berliner seine Berlin-Geschichte im Internet verewigen, was für meine Begriffe auch nicht so richtig genutzt wird. Die Einträge werden im Verhältnis zu einer 3,5 Millionen Stadt eher sporadisch gepostet. Oder der Berliner ist halt schreibfaul oder hat nichts zu erzählen.“

    der berliner bloggt nur über individuelle sachen die 20 leute dann lesen… sonst wäre es mainstream und in berlin möchte man genau das nicht sein!

  4. says: Joris

    Also, bevor ich mit dem ultimativen Konzept komme. 150000 €? Das ist wirklich lächerlich. Das zahlt ein mittelständisches Unternehmen doch für zwei Imagebroschüren.

  5. says: Björn B

    da könnt ich als Stuttgarter Agentur-Horschd schon wieder kotzen…aber wahrscheinlich ist das so ne arm-aber-sexy Agentur, die jeden Job übernimmt. Die Stuttgarter Agenturen wissen dummerweise, was sie wert sind.

  6. says: martin

    tja, allzu viel scheint hier in punkto marketing nicht zu gehen. ergänzend noch hierzu aus dem artikel:

    „Was die Kampagne letztlich kostet, lässt Dellnitz offen. Fest steht, dass 2011 das gesamte Marketing umgestellt und der Werbe-Etat von rund zwei Millionen Euro neu verteilt wird.“

  7. says: Tobi

    Okay. Ich bin natürlich befangen. Aber das macht mir nix. Ich sag es trotzdem: Das wird so nix! (schön, dass sie uns, als einer der größten Stuttgarter Agenturen, noch nicht mal gefragt haben….)

  8. says: Joris

    Ich denke man sollte versuchen Stuttgart mehr „Edge“ zu geben und von dem Häuslichen Image wegkommen. Eventreihen und ein anhaltendes Investment in unsere Kreativschmieden würden auf lange Sicht sicher am meisten bringen.
    Nicht immer alles interessante in Stuttgart platt machen (Rocker-Wagenhallen etc.) wäre ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Das nimmt allerdings alles Zeit in Anspruch und würde zumindest ein wenig politisches umdenken fordern. Außerdem könnte die Angst entstehen, dass Stuttgart weniger attraktiv für unsere Industrie wird.

  9. says: JMO2

    „Stuttgart – Kesseligkeit unterm Fernsehturm“. So, wo kann ich meine 150k abholen? 😀

    Mal abgesehen davon woher die Agentur kommt die den Job macht, würde es vom Gefühl her besser finden, wenn der lokale Bezug vorhanden ist (oder kommen in Berliner Agenturen die Mehrheit der Mitarbeiter aus Schwaben?), wirkt das für mich aufgrund Martins Zusatz, das nächstes Jahr eh wieder der Etat neu verteilt wird, ein wenig wie purer Aktionismus nach dem Motto „Schaut her, was wir schon alles angestoßen haben“

  10. says: franzi

    für 150.000 bekommen die von mir ne 1A Kampagne! hab doch prima referenzen: lebe hier und liebe stuttgart 😀

    aber mal im ernst; ich fände das schon irgendwie merkwürdig, wenn das an eine berlin agentur gehen würde…

  11. says: handzon

    Was hast du denn gegen „Wir können alles außer Hochdeutsch“? Ich finde das einigermaßen kreativ und lustig. Außer dem einigermaßen erfolgreiches Ding, oder? In jeder Anmoderation über BaWü/Stuggi wird doch ne Referenz dazu losgelassen…
    „Das neue Herz Europas“ ist dafür die oberpeinlichste Scheisse. Bin ich ja mal gespannt was bei der neuen Kampagne rausommt.

  12. says: Martin S:

    *hust* Landesregierung hin oder her, aber ich fand die Sprüche der Kampagne „Wir können alles – außer Hochdeutsch“ durchaus pfiffig. Die aktuelle Kampagne hätte echt an eine Stuttgarter Agentur gehen sollen. 🙁 Ich komme nicht aus der Branche, aber 150.000 Euro empfinde ich für eine umfassende Kampagne nicht so üppig…

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