Zwischen Waffen und Kebab: Endstation Hedelfingen

Wenn Dein Zahnarzt dir sagt, dass du nach seiner Behandlung zwei Stunden lang nichts essen, nichts trinken und so wie ich es verstanden habe, auch nichts arbeiten darfst, dann machst du halt das Naheliegende: du hältst in Hedelfingen. Wo du sonst immer nur achtlos durchfährst. Und schaust mal, was der Stadtteil kann und warum man da nicht öfter ist. Darum:

Die Alternative zu Netzer, Lupin (neuer Hype in Town, mehr dazu SOON) und Tatti Stay and See. Schon beim ersten langen Stadtbahntag hat das Hedelfinger Café Endstation auf kessel.tv First Time Founder, DJ Elbe, Gründer ohne Garten, eine fast magnetische Wirkung ausgeübt. Und es ging ihm damals eher nicht um Kaffee schwarz, kein Zucker.

Im Nachhinein habe ich den Eindruck, er wollte da schnell ein Schnäpschen zwitschern. Wir konnten ihn seinerzeit davon abhalten und die nächste U9 nehmen und weiterziehen. Haben dadurch aber natürlich viel Hedelfingen verpasst. Was ich dann heute nachgeholt habe.

Pro-Tipp: im Café Endstation kostet die Toiletten-Benutzung 50 Eurocent (mit kleinem gemischten Salat). Dafür bekommt man in anderen Gastronomien nicht mal eine Portion Ketchup. Und der Cappuccino-Radar zeigt 2 Euro fucking 50. Für die beiden Außengastro-Premium-Plätze auf der Empore sollte man aber rechtzeitig reservieren.

Neulich hat mir erst ein Bekannter erzählt, was Führerschein heute so kostet. Viel. 2000 Euro! Das sind 4.000 Mark, sind umgerechnet 8.000 Euro, ohne Auto. Dafür bekommt man in der Fahrschule Jam allerdings richtig guten Content.

Mich wundert zwar ein bisschen, dass man dafür noch extra in die Fahrschule muss. Weil ich eigentlich davon ausging, dass die Generation YouTube Tutorial sich das alles von so Fahr-Influencern erklären lässt.

Und ich kann mich mit meinem grauen alten Lappen auch nicht daran erinnern, dass wir das damals so strukturiert in Unterrichtseinheiten hatten. Wir hatten halt Fahrschule. Theorie. Ich glaube, Vorfahrt und Geschwindigkeit kam bei uns auch dran. Der Rest nicht. Und ganz ganz sicher hatten wir keine 90 Minuten ruhender Verkehr.

Insgesamt scheint Jam aber eine gute Adresse zu sein. „Die Fahrschule ist sehr gut und definitiv weiter zu empfehlen. Besonderes dankbar bin ich an meine Fahrlehrerin Regine. Diese Frau ist sehr exakt und hat Nerven aus Eisen.“ schreibt Alina. Toitoitoi und alles gute für die Nachtfahrt.

Auch das ist Hedelfingen: Haltung zeigen! Man weiß natürlich nicht, ob Til Lindemann in der Heumadener Straße vorbeikommt. Andererseits wäre das ja nicht der erste Zwergenaufstand, der ein Machtgefüge zum Einstürzen oder zumindest zum Wanken bringt. Das deutsche Wanken, nicht das englische.

DJ Elbe gefällt das. Ich muss zugeben, dass ich bei der Hälfte nicht weiß, was es ist und wie es schmeckt. Aber ich habe es auch weniger wegen dem Speiseangebot und mehr wegen der Typographie geknipst. Das könnte auch gut ein T-Shirt sein oder eine Damenhandtasche, auf der eben zur Abwechslung mal nicht George & Gina und wasweißichwernoch steht. Und jetzt hab ich dann doch ein bisschen Bock auf ein lecker Acma…

Über diesen Laden war nicht so wahnsinnig viel zu erfahren. Außer, dass er um 14.00 Uhr aufmacht und als Raucherlokal deklariert ist. Leider war im Innenraum eine Vogelvoliere zu erkennen mit 2 oder 3 Piepmatzen (und ich möchte dieses Wort an dieser Stelle bitte einmal feiern: Piepmatz). Also jedenfalls waren da Vögel. Jetzt bin zwar kein Zoologe oder Ornithologe, aber ich schätze Passivrauch ist so ein bisschen das Gegenteil von artgerecht.

Ich prangere das bitte an. Genau wie die Beschreibung auf dem Portal (??) Freizeitmonster: „In Stuttgart findet man das Restaurant Tabasco, das mit seiner einladenden Atmosphäre und dem abwechslungsreichen Angebot an Speisen und Getränken jeden Besucher in seinen Bann zieht.“

Daran merkt man, dass KI bestimmt viel kann – aber halt nicht vorbeifahren und sich selbst überzeugen.

Hedelfingen ist auch, wo der gut gemeinte Verbrauchertipp neben dem Comedian Christoph Sonntag existieren darf. Ich schätze, das ist überhaupt das allererste Mal, dass jemand Christoph Sonntag einen Comedian nennt und das ist vielleicht sogar das Fieseste, was man über ihn sagen kann. Weil er als Comedian ja witzig sein müsste, was er als Kabarettist nicht muss. Wobei ich sein aktuelles Programm nicht kenne….hahahahahahaha….der war jetzt gut. Den schenken wir Dir, Christoph.

Hallo Herr Wehrle (der ist doch noch im Amt, oder? Bei dem ganzen Vorfelder-Raus blickt man langsam nicht mehr durch). Wie wäre es denn mal mit einem Sondertrikot mit den beiden Stuttgarter Ampelmännchen Äffle und Pferdle? Die haben vermutlich mehr Fans als Tim Bengel und sogar schon einen eigenen Fanclub. Das würde zumindest mal die Gruppe der Fans versöhnen, die jetzt Euren Seaworld-Tunnelclub nicht ganz so super finden.

Ich erinnere mich an ein VfB-Spiel, bei dem die Maskottchen Fritzle, Breunibär und die Fruchtsäule zusammen am Spielfeldrand standen, ein Riesenauflauf an Walking Acts. Wenn ich mir vorstelle, dass da jetzt noch zwei Ultras in einem Affen- und Pferde-Kostüm daneben ständen, dann hätte man ja fast eine eigene zweite Mannschaft. Zumindest für so’n Kleinfeld-Turnier. Die VfB-Legenden feat. Cacau, Hansi Müller und Markus Babbel gegen die VfB-Maskottchen auf Handballtore. Thank me later.

Waffen Oschatz bekommt auf Google eine Bewertung, die mir ein bisschen Sorge macht: „Vielen Dank für die schnelle unkomplizierte Abwicklung“, schreibt Andreas. Was denkt die Community? Gefahr in Verzug?

Nach außen hin gibt sich Waffen Oschatz als Dart Oschatz. Und zu Dart habe ich eine komplett schizophrene Meinung: erstens finde ich Dart spielen gut, außer du spielst Dart gegen DJ Elbe. Der dir Dartboomermäßig erzählt wie er 1862 mal ein Bulls Eye geworfen hat. Aber Kneipendart, zack zack, von 501 runter, düdeldüdeldü, Pfeilspitze aus verbogenem Plastik, Kopf an Kopf Turnier und so – alles geil.

Was ich gar nicht geil finde, ist Dart als „Sport“. Immer wenn der Fußball pausiert, kriechen so übergewichtige Engländer plötzlich aus irgendwelchen Pubs in die Sportseiten und werden da zwei Winterwochen lang gefeiert. Menschen, von denen man zu Recht das ganze Jahr nichts gehört hat, werden dann plötzlich zum „Dart-Wunderkind“, „Dart-Star“ oder „Weltranglisten-Profi“.

Leute haltet mal bitte den Ball flach und den Pfeil still. Das ist ne Kneipenbeschäftigung wie Rauchen – und da wird ja jetzt auch nicht rund um Weihnachten extra eine WM für veranstaltet.

Das kessel Festival wirft seine Schatten voraus. Und die ersten Acts klingen schon wieder vielsprechend. Live-Kebab ist mir lieber als Studio-Kebab. Und ich hoffe, er spielt was vom ersten Album.

Zum Schluss möchte ich noch was anprangern, außer den Vögeln in der Raucherkneipe: diese plumpe Anbiederung aus München. Man kann das gar nicht oft genug sagen – aber als Außenstehender schwäbisch einzusetzen, hat tatsächlich noch nie funktioniert.

Keine Ahnung, ob wir jetzt Münchener Bier brauchen, weil wir ja eigenes haben. Was wir auf jeden Fall nicht brauchen, sind so dumme Agencies, die das Nicht-Wort „Händle“ benutzen, dessen einzig genehmigter Kontext die Bezeichnung „Roth-Händle“ ist – und die ist sicher nicht schwäbisch.

Da kann jetzt zwar Hedelfingen nix dafür, dass das bei ihnen plakatiert war. Aber so richtig gewehrt haben sie sich auch nicht. Da war gegen Ramstein (sic!) schon mehr Widerstand im Ort zu spüren.

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