Mythos Vintage

gwand_stuttgart

(Vintage Tempel im Stuttgarter Westen: das Gewand)

Vintage ist in aller Munde: Kate Winslet trägt Valentino Vintage, im Internet gibt’s Milliarden von Vintage Shops und wenn man eine Freundin fragt, wo sie die Kette her hat, dann ist die ebenfalls Vintage.

Vintage ist ein schönes Wort, aber letztendlich bedeutet das einfach: Secondhand. Schon mal getragen. Gebraucht gekauft. Eventuell beim Wühli. Ja, meine Herren, nennen wir das Kind doch beim Namen, wir sprechen hier von Altkleider. Und ja, die Mädels lieben es! Am Anfang war’s eine Randerscheinung, jetzt ist es massentauglich.

Nun mag sich der eine oder andere fragen, wieso altes Zeug? Ihr könnt alles kaufen, dank h&m auch alles günstig was dann (zumindest fast) so aussieht wie die Designersachen und wenn’s mal was Besonderes sein soll – hey, die Königstraße ist voll. Bei bisherigen Gepräche mit Kerlen zum Thema Vintage endet das Verständnis der Herren spätestens dann, wenn sie hören, dass auch Schuhe ‚vintage‘ gekauft werden.

Es gibt sicher einige Erklärungen für die unglaubliche Faszination, die alte Klamotten und Schmuck auf Frauen ausüben. Zum einen ist es die Nostalgie.

Ein 80’s-Shirt ist wie Frigo-Brause essen. Zum anderen ist es der Mythos: Eine Pill Box erinnert uns an Jacky O., lange, alte Perlenketten an Coco Chanel, auch wenn wir die Epochen der beiden nie erlebt haben. Oder gerade deshalb. In Stuttgart gibt’s ja eine ganze Reiher netter Läden und Anlässe, bei denen wir Mythos und Nostalgie frönen können. (Weltenbürger, Salon Vow oder der Flohmarkt am Karlsplatz)

Einen ganz besonderen Grund gibt es noch für die Freude an alten Sachen (und das ist so eine Art Lehre für’s Leben): Die Einzigartigkeit. Ein schönes Stück ist schwer zu finden, man muss es ‚jagen‘. Aber wenn man es hat, ist man die einzige, die es hat. Ja, das finden wir wirklich klasse.

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8 Comments

  1. Schade, das Thema hätte man viel mehr ausbauen können. Schön angeschnitten, aber den Messer nicht bis zum Kuchenboden gleiten lassen.

    Das Phänomen Vintage läuft mit der Finanzkrise Hand in Hand. Seit wir kein Geld mehr haben, ist es plötzlich hip sich für 2 Euro ’ne Tasche im 2nd-Hand zu kaufen. Ich bin felsenfest davon überzeugt und habe schon gute Artikel zu diesem Thema gelesen, dass das der wahre Grund für den Flohmarkthype ist. Die Geldnot. Und um des modisch zu verpacken und weil Mode immer nicht nur Fetzen, sondern auch Gesellschaftsanylse ist, nennt man es „Vintage“. Klingt eben verführerischer als „Wir haben nun kein Geld mehr und kaufen daher stinkende Gebrauchtware.“.

    Und dass man es mit Vintage definitiv übertreiben kann, wäre auch eine Satire für dich.

  2. says: Jana

    Das stimmt, der Vintage-Overkill ist hier und da schon zu beobachten. Hauptsache jeder ist ein Unikat. Ich bin auch der Überzeugung, dass das der Grund für den Boom ist nicht unbedingt die Finanzkrise. Jemand der die Gucci-Tasche 2006 gekauft hat, kauft sie auch 2009 noch neu.
    Aber immer mehr Mädels wollen nicht von Kopf bis Fuß in h&m gehen und dann aussehen wie alle. Also wird (nicht so teuer) was Einzigartiges dazu gekauft. Ist ja auch kein Wunder: Heute braucht jeder sein persönliches Müsli, seinen eigenen Klingelton und wahrscheinlich kann man auch Klopapier individualisieren lassen. Wer will da noch etwas anziehen, was noch 10x auf der Stange hängt.

  3. says: martin

    hm interessante thesen hier… ich für meinen teil muss sagen: wenn ich kein geld für klamotten hab, kauf ich auch keine, ganz einfach. und vom flohmarkt gleich zweimal nicht, nur um was „neues“, anderes im schrank zu haben. ich war mit 17 einmal im wühli – das war der blanke horror. darüber könnte man auch mal einen eintrag machen, über den wühli berg 🙂 aber ich glaub wir hatten es schon mal davon

  4. says: Thorsten W.

    Ich glaub auch nicht dass das was mit der Krise zu tun hat – den Trend gibt’s doch schon seit ich laufen kann. Früher konnte ich mich auch stundenlang durch 2nd-Hand-Läden in London wühlen, inzwischen ist das auch nicht mehr so mein Ding…

    Was ich allerdings noch nie verstanden habe und auch nie verstehen werde sind sog. „Vintage-Shirts“ mit einem Aufdruck, der aussieht, als sei er verwaschen… WTF???

  5. says: Tobi Tobsen

    also ich seh das ganze thema „vintage“ von zwei seiten. zum einen gibt’s die „überstyler“ die mit irgendwelchen kack klamotten auf teufel komm raus auffallen wollen (in berlin sehr schön zu beobachten) und mit ihren neonfarbenen skianzügen und übergrossen jeansjacken auf trendsetter machen wollen. zum anderen die leute, agyness deyn oder kate moss z. b., die m. e. einfach mega stylish unterwegs sind und ihre klamotten nirgend wo anders her bekommen als vom flohmarkt/second-hand-shop weil sie eben noch zu fresh sind für topshop , h&m etc. sehr schönes beispiel war die geschichte mit den skinny jeans. die gabs zu der zeit, als sie wieder anfingen „hip“ zu werden, nur second hand zu kaufen. also was tun? ich würde allerdings bei schuhen nie second hand kaufen – find das ein absolutes no go, wohingegen z.b. alte lederjacken vom schnitt und vom leder her viel besser kommen also die angesprochenen gummilederjacken vom h&m etc. sakandinavier spielen da ja ganz grosses tennis. was auf den ganzen streetstyle-blogs so zu sehen ist – thumbs up. im grossen und ganzen machts ja die mischung und wer, wie was trägt. die stylishsten klamotten an irgend nem typ, bei dem es einfach nicht real kommt, bringen dann auch nichts. also einfach kaufen was einem gefällt und zu einem passt – egal ob gebraucht oder neu, designer oder markt.

    @ thorsten: das schlimmste sind vintage band-shirts die dann auch noch zu überhöhten preisen verhöckert werden. im abseits hing mal ein vintage-kiss-shirt das tatsächlich 600 EUR gekostet hat! das sag ich mal: wtf!

  6. says: LKTROSNDY

    Das ist ja hart. Genauso schlimm finde ich auch die Leute die mit Motörhead Tshirts rumlaufen, weils wohl angesagt ist. Aber wahrscheinlich noch nie ein Lied von denen gehört haben.

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