Der Michael

pieger301107

Sehr geehrte Damen und Herren,

darf ich Ihnen diesen Herren vorstellen? Das ist der Michael. Föll. Michael Föll. Obwohl Michael so aussieht, als wäre er auf dem Schulhof ständig verprügelt worden und man anhand seiner Gangart meinen könnte, er hätte einen Kleiderbügel, wenn nicht sogar einen ganzen Schrank im Nacken, hat es der Micha bislang weit gebracht im Leben. Der Micha ist nämlich unser Bürgermeister.

Ja richtig, unser Bürgermeister ist eigentlich der Wolfi. Der ist das OBle. Aber der Micha ist der Finanzbürgermeister. Man sagt auch Kämmerer. Ich habe den Micha schon mal live erlebt. Er ist schon bissle horschtig muss ich sagen. Aber wahrscheinlich muss man so sein, um in der Lokalpolitik weit nach oben zu kommen.

Da also der Micha unsere Kohle verwaltet, will ständig jemand was von ihm haben. Oft muss er nein sagen, meist vielleicht auch in Dingen, die uns junge Leut´ betreffen, wie die gängige Vermutung im Kessel ist.

Obwohl, den Skatepark für 1,7 Millionen hat er auch durchgewunken. Denk ich mal, dass er es war. Vielleicht auch auf Druck von der Susi (Eisenmann). Die zwei mögen sich nicht so. Nicht nur deswegen hat der Micha stets wenig zu lachen und momentan gleich zweimal nicht.

Denn Geld ist im Haushalt bekanntlich prinzipiell nie da und gerade in Zeiten wie diesen scheint es wie von einem Schwarzen Loch verschluckt zu sein. Ups, weg. Gut, ein Schwarzes Loch steht z.B. in Zuffenhausen und hat auch einen Namen: Porsche. Aber nur als Beispiel.

Gestern hat der Micha im Rathaus gesagt: „Die Gewerbesteuereinnahmen sind offensichtlich in freiem Fall.“ Freier Fall macht nur Leuten Spass, die Fallschirmspringen. Sonst ist freier Fall nicht gut. Man kann den freien Fall auch kaum bremsen. Außer eben mit einem Fallschirm oder mit Hart-wie-Beton-Realität.

Also ging es gestern im Rathaus zu wie beim Aldi. Wie wir kleinen Bürger Preise von Milchpackungen vergleichen um ein paar Cent zu sparen, holten der Wolfi und der Micha ein paar Großprojekte aus dem Regal, die momentan auf ihrer Einkaufsliste stehen, und überlegten ob die auch wirklich in den Korb müssen.

Wegen dem freien Fall hat sich unser Wolfi gestern von seinem Traumprojekt Tunnel unter der Kulturmeile verabschiedet (80 Millionen eingespart). Ich weiß schon auch gar nicht mehr den Sinn hinter, äh, unter diesem guten Tunnel. Im Oktober soll eine „Liste der Grausamkeiten“ präsentiert werden. Ich habe jetzt schon Angst.

„Doch schon jetzt stehen diverse Neubauten zur Disposition. Der Rosensteintunnel zwischen dem Löwentor und dem Wilhelma-Parkhaus (50 bis 70 Millionen Euro städtischer Anteil) gehört ebenso dazu wie das Stadtmuseum (27 Millionen), das nach dem Umzug der Stadtbücherei in ihren Glaskubus hinter dem Hauptbahnhof im alten Wilhelmspalais Platz finden soll“, steht heute in der Stuttgarter Zeitung.

Das klingt wahrlich radikal. Ebenso auf der Liste steht mehr oder weniger das neue Planetarium, das zur Not an alter Stelle das Universum erklären soll, ein 12,7 Millionen teures Bürgerzentrum in Sillenbuch (gut, das braucht man auch wirklich nicht), aber der Neubau der John-Cranko-Schule soll irgendwie durchgezogen werden. Long lives Ballet. Finde ich natürlich gut.

Um die Schulen steht es dagegen eher schlecht: „Die Rathausspitze hat sich gestern auch davon verabschiedet, den Sanierungsstau an den Schulen von 250 Millionen Euro durch weitere Sonderprogramme abzubauen. Es werde aber getan, was möglich sei.“ Das klingt irgendwie wenig hoffnungsvoll.

Interessant ist, das mag jetzt etwas populistisch klingen, dass wohl keine einzige Silbe über einen weiteren riesigen Posten verloren wurde. Unser neues Bahnhöfle ist einfach unantastbar. Da muss wohl erst die Eiszeit wieder einsetzen. Gut, vielleicht ist der städtische Anteil von angeblich 31,65 Millionen doch nur Peanuts für den Micha, wobei wiederum die Gegner einen Anteil von rund eine Milliarde hochrechnen.

Der Micha hat es also nicht leicht gerade. Aber wie sage ich so gerne: Man kann nicht immer alles haben im Leben. Ich geh mal Milch kaufen.

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12 Comments

  1. says: anska

    Sehr großer Altersunterschied bei dem netten Pärchen..könnten fast als Ashton Kutcher und Demie Moore, pardon, Demie Kutcher für Arme durchgehen..

  2. says: julia

    ne, das is ja vielleicht seine mama, die begleitet ihn immer bei seinen vorträgen. vorher zupft sie ihm den sakko zurecht und wischt mit spucke die essensreste vom mundwinkel 😉

  3. says: kutmaster

    Die haben’s erkannt: Stuttgart braucht keine renovierten Schulen für das dröge Fussvolk, nein Stuttgart braucht eine schöne neue Balletschule für zahlungskräftige, russische, prepubertierende Mädchen! Ist ja irgendwie Kultur und so.

    Und der tolle Bahnhof ist sicher auch viel verkehrsentlastender als Tunnel an seit Jahrzehnten überfüllten Knotenpunkten. Schliesslich ist man damit ja 10 Minuten schneller in Ulm. Oder so.

    Hach ja, toll, wenn man sieht wie rational und unabhängig im Rathaus Entscheidungen getroffen werden. Da bin ich ja froh, das ich Gewerbesteuer bezahle und diese ganzen tollen Sachen finanzieren darf.

  4. says: anska

    So arm ist Stuttgart´s Bevölkerung: Heut Nacht hat jemand mein VW Zeichen geklaut..Dieb ist allerdings schon gefasst dank unserer Freunde und Helfer! Wo führt das noch hin?!

  5. says: jingleballs

    Also das mit den Schulen ist tatsächlich ärgerlich aber dass die Cranko-Schule was bekommt, finde ich gut.
    Kutmaster ich weiß nicht was dich da dran ärgert. Das ist eine Schule von internationalem Rang und es ist schön, wenn wir sowas in Stuttgart haben. Oder ist Kultur nur dann förderungswürdig, wenn „Sub“ davor steht?
    Das hört sich doch jetzt nicht sooo irrsinnig an, was da aufgelistet wurde.

  6. says: martin

    natürlich sind solche aushängeschilder eine feine sache, bloss ich weiß ja nicht, wie es aktuell um die Cranko schule steht, also ob meinetwegen überall das regenwasser reinläuft (blöd gesagt), aber das ist vielleicht doch eher eine maßnahme, die man noch eher ein paar jährchen schieben könnte, als die im artikel erwähnte 1 – 3 jahre…

  7. says: jingleballs

    Ich meine nicht das Aushängeschild, ich meine, dass das ein Ort ist, an dem Kultur stattfindet. Da seh ich meine Steuergelder einfach lieber als im nächsten „Nutzungsmix“. Also war die Liste nicht ganz so doof, mir geht einfach dieses gleichgeschaltete Bashing auf den Geist.

  8. says: martin

    „es ist schön, wenn wir sowas in Stuttgart haben“ heißt für mich aushängeschild. aber wie auch immer, passt ja.

    dann bashte dagegen und alles ist gut, passt doch 😉

  9. says: kutmaster

    Ja aber irgendwie kommt mir das so vor:

    Mein Kühlschrank ist leer und ich habe 600 Euro. Aber anstatt was zum Essen zu kaufen, geh ich los und hol mir für mein Klo ne fette Flachbild-Glotze denn wer braucht schon was zum essen. Fernsehen auf dem stillen Örtchen ist doch viel besser…

    Und wenns dir nur um die kleinen Ballettänzer geht, dann komm mich halt mal besuchen, ich wohne direkt neben der alten JC Schule. Es gibt auch Bier 🙂

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