12 Jahre Nächte in Stuttgart

Am 2. Februar 2007 wurde mein erster Artikel in den Stuttgarter Nachrichten abgedruckt – über meine Kollegin Wasserbäch war ich an den Job gekommen, fürs Wochenende Partytipps unter dem Namen „Die Nächte in Stuttgart“ aufzuschreiben. Und sie, als damals schon erfahrene Tageszeitungs-Autorin, hat mir dann auch Tipps für Formulierungen gegeben und was ich auf keinen Fall schreiben kann.

Meine Nervosität stellte sich dann als relativ unbegründet raus – alle meine Texte wurden quasi immer so abgedruckt wie geschrieben, egal wieviele komische Musikgenres oder Insider-Querverweise ich eingebaut hatte.

Ich war jung bzw. jünger, brauchte das Geld und fand es an sich nicht uncool, für eine gedruckte Tageszeitung zu schreiben – auch wenn es wieder nur Partytipps waren, das was ich mit Unterbrechung schon für Prinz fast 10 Jahre geschrieben habe.

Also habe ich das dann bis zum heutigen Tag gemacht – fast 12 Jahre lang jede Woche Partytipps, anfangs noch für das Kultur-Ressort, später dann für das Lokale. Das sind, wenn man Urlaube abzieht, fast 600 Wochen = 600 Texte über Partys in Stuttgart.

Und das ist genauso unspektakulär wie es sich anhört – die einzigen Auffälligkeiten in den ganzen Jahren waren eine Fehlinformation über den Vermieter eines Clubs, worauf ich nach der freundlichen Bitte der Clubbetreiberin zum ersten Mal in meinem Leben in der darauffolgenden Woche eine Richtigstellung schreiben musste.

Das andere war ein etwas zu hämischer Kommentar zu einer Veranstaltung von Leuten, die ich eigentlich sehr mag, und die ein wenig zu Recht danach ein wenig beleidigt waren. Außerdem (Achtung!) ist aus meinen Erfahrungen mit den Partytipps bei uns auf dem Blog eine interessante Diskussion zum ThemaAußerdem-DJs entstanden.

In den ersten Jahren habe ich immer noch passende Bilder mitgeschickt. So entstand im Laufe der Zeit eine aus heutiger Sicht sehr witzige DJ-Pics-Sammlung auf meinem Rechner – ein schickes Exemplar von zwei mir völlig unbekannten DJs habe ich oben eingebaut.

Anfangs musste ich mir meine Infos eher mühsam zusammensuchen, Partyinternet war 2007 noch nicht so am Start (außer natürlich myspace!!11!!), und alle Clubs und Veranstalter dazu zu bringen, mir ihre Presseinfos zu schicken, war ziemlich schwierig. Oft half mir der Partykalender im PRINZ, erst viel später machte Facebook die Recherche deutlich einfacher.

Jetzt kam zum Ende des Monats relativ kurzfristig das Ende meiner kleinen Kolumne, die Kolleginnen und Kollegen von Stadtkind übernehmen bzw. decken das Feld ebenso schon länger ab.

Und weil mein Mac nichts vergisst, habe ich meinen allerersten Text noch – Anfang 2007, als American Apparel, der Keller Klub und das Bix gerade aufgemacht hatten, das Rocker 33 noch am Hauptbahnhof war und es das Colibri noch gab.

Those were the days my friend, wir werden auch nicht jünger, alles senkrecht und liebe Grüße an die Außerdem-DJs.

Stuttgarter Nachrichten, 02.02.2007

Clubvolk und Schnittchen
Mit dem richtigen Outfit zu den besten Partys am Wochenende

Bei allen Wirren im Stuttgarter Nachtleben kann man sich doch immer wieder auf etwas einigen – zum Beispiel darauf, zur Eröffnung des „American Apparel“-Store (Friedrichstraße 39, Stuttgart-Mitte) zu gehen. Hier traf sich vergangenen Samstag das trendige Clubvolk bei Schnittchen, Bionade, lauter Musik und grellem Licht, um von noch trendigeren Verkäuferinnen garantiert politisch korrekte Basic-Shirts passend zu Röhrenjeans und Lederjacke zu kaufen.

Schon hätten wir das perfekte Outfit, um Carlos Coelho, ehemals Mitbetreiber von Radio-Bar und zwölfzehn, und seinem Kumpel Jean Theodoru zu ihrem Kellerklub zu gratulieren. In der Location am Rotebühlplatz 4 (Stuttgart-Mitte), die schon mehr Clubs beheimatet hat als hier Platz haben, eröffnen sie heute eine schicke Indiedisco mit Livemusik von lokalen Britpop-, Indierock und 60s Pop-Bands und DJ-Musik von Menschen wie The Tights, The Aguileras oder Hannes Orange. Die One-Man-Indieshow Orange kümmert sich auch um das Booking des Ladens, DJ-Kollege und Grafiker Jens-O-Matic gestaltet Wände und Flyer.

In Stuttgarts anderer Indie-Disco, dem Schocken (Hirschstr. 36, Stuttgart-Mitte), ist das Motto heute Abend „From Disco to Disco“, wenn Konrad Kuhn, auch mit 50/50 als Partner von Ex-Hi-Macher Andreas Vogel unterwegs, und Manuel Bürger, Designer und Künstler im Hauptberuf, Soul und Disco auflegen.

In Fußweite im neu eröffneten Jazzclub Bix (Leonhardsplatz 28, Stuttgart-Mitte) präsentieren Bruno Vecchio und Robin Hoffmann von Pulver Rec. den Clubabend „Furchtlos & Treu“ – hier darf getanzt werden, muss aber nicht. Die Star-Gäste des Abends, Boozoo Bajou aus Nürnberg, machen die Entscheidung mit ihrem gern gehörten und tanzbaren Dub-Sound leicht.

Dub haben auch Stefan Mellmann und Thorsten Gutbrod für ihren Kulturbetrieb Wagenhallen (Innerer Nordbahnhof, Stuttgart-Nord) entdeckt – hier steigt heute der Dervish Dub Dance mit White Oka Foundation und Dub Rebel Style.

„Tonsport“-Veranstalter Vladimir Alagic hingegen hat es geschafft, einen echten Pionier ins Ciné Colibri (Alte Poststr. 3, Stuttgart-Mitte) zu holen: Etienne De Crécy, der Legende nach Erfinder von French House, beehrt am Samstag zum ersten Mal Stuttgarter Plattenspieler. Der mit Projekten wie Motorbass und Superdiscount bekannt gewordene Pariser zeigt in gemixten Hörbseispielen, wie Electro mit House zusammengeht.

Ein weiterer Clubmusik-Pionier ist am Samstag im Rocker 33 (Heilbronnerstr 7, Stuttgart-Mitte) zu Gast: Mit der Formation Stereo MCs brachte Rob Birch englischen HipHop Ende der 80er auf die Landkarte und schuf mit „Connected“ einen trotz aller Coolness massenkompatiblen Clubhit. Bei der „Robodisco“ verbindet er als DJ allerlei Musiken von Oldschool-HipHop über Funk bis Afro-Beat.

Wer übrigens wissen möchte, was Dub im Bix, French House im Colibri und HipHop im Rocker miteinander zu tun haben, der sollte sich „Ishkurs Guide To Electronic Music“ im Internet anschauen (www.di.fm/edmguide/edmguide.html) – mit Hörbeispielen wird dort wirklich jede Facette elektronischer Musik anschaulich erklärt.

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4 Comments

  1. says: martin

    die war da gefühlt schon wieder am auslaufen, die waren ja alle immer sehr einseitig (sprich auf sehr wenig clubs konzentriert (bösen zungen sagen auf die, wo es umsonst getränke gab) und nicht so gut informiert, gerade was infos im vorfeld angingen. da waren selfies im vodka bull fieber meist wichtiger.

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