KTV Radtour: Alle S-Bahn Endhaltestellen abgeklappert

Projekte, Projekte, Projekte (pitchen): Die einen machen eine Galerie, die anderen Proberaumrock (Wort von Sarah Kuttner geklaut, also bei der zumindest neulich mal gelesen) oder die Sex-Wochen bei Stuggi.TV oder halt die ganze Zeit Konzepte. Konzepte. Konzepte. Und nochmals Konzepte.

Wieder andere Leute sagen, das Reisen sei voll ihr Ding. Die reisen wirklich die ganze Zeit. Fliegen über die Kontinente hinweg an die entlegensten Orte (für ein gutes Instagram-Bild). Das machen zwischenzeitlich so viele, dass wiederum andere sagen: Das ist doch voll Mainstream, die Route da von hinten links in Alaska bis runter nach Chile zum Cape Horn. Ich fahr halt einmal im Jahr mit dem Rennrad nach Schwäbisch Gmünd. Am Samstag wieder, so zumindest der Plan. #tradition #gmündmuasch. Oder Rollerausfahrt-Begleitfahrzeug.

Seit gut vier Jahren bin ich – als Alternative zum ständigen Laufen – mit dem Rennrad unterwegs. Eher mehr im Frühjahr, Sommer, Spätsommer. Ich brauch Wärme aufm Sattel bzw. mindestens 15 Grad.

Während der letzten vier Jahre habe ich dank dessen die Region Stuttgart etwas besser kennengelernt und das auch öfters hier erzählt. Gefühlt kenn ich jetzt so gut wie jede Stadt, Dorf und Kaff im Radius von 40, 50 Kilometern und hab mir mein eigenes Bild vom Großraum verschafft.

Meinem Eindruck nach ist die Gegend rund um Fellbach/Waiblingen/Remstal speckiger, rausgeputzter, wohlhabender (noch mehr Mittelstand und, logo, noch mehr Weltmarktführer) als z.B. alles so zwischen Leonberg und Weil der Stadt. Ist aber wirklich nur ein Eindruck.

Und: Es ist überall voll schön. (Also meistens zumindest. In Magstadt z.B. ist wirklich überhaupt nicht schön. Und Leonberg auch nur punktuell.) Nur ich will dort trotzdem nirgends wohnen. Aber egal woher ihr kommt aus der Region, ihr wohnt mit 90-prozentiger Sicherheit in einem netten Städtchen. Zumindest der Look und Feel. Wer da mit wem alles und wie da Stimmung eigentlich ist – kein Plan. Ich wills auch gar nicht wissen.

Neulich wollt ich es aber wissen und mein, Achtung, Projekt vollenden, von dem ich erst in Herrenberg realisiert habe, dass ich überhaupt ein Projekt habe: Denn als ich zum allerersten Mal überhaupt im Leben in Herrenberg angekommen bin,  ist mir aufgefallen, dass ich mit dem Rad an jeder S-Bahn-Endhaltstelle (bzw. Zwischen-Endhaltstelle) gastierte. Weil der Stadt, Backnang, Schorndorf, Fildern, Flughafen, Marbach, Bietigheim, Plochingen, Leonberg… oh nee, stop, da fehlt ja noch Kirchheim! (Falls jetzt jemand Schwabstraße ruft: Das ist mein Startpunkt, weil da wohn ich.)

Also Kirchheim, na gut. Fährt die S-Bahn ja auch erst seit kurzem hin. Also seit ein paar Jahren. Ganz genau: Seit Dezember 2009. So wie ich gefahren bin, fährt aber keine S-Bahn. West, Eugensplatz, Fernsehturm, Plieningen, Neuheusen, Wolfschlugen, Nürtingen, Kirchheim. In Wolfschlugen ist mir übrigens der Schlauch geplatzt. Da war was los. Wundert mich, dass keiner die Polizei gerufen hat.

In Nürtingen war ich jetzt schon einige Male, das geht verdammt schnell. Circa 1:15h bis Ortsschild. Das Stück wiederum von Nürtingen nach Kirchheim ist ein brutaler Scheiß aufm Rad und hat gut gezerrt und spät wars auch schon, aber Projekte, Projekte, Projekte, Motivation. Dann endlich: Einfahrt. Winner-Feeling! (OMG, ich war jetzt mit dem Rennrad in allen S-Bahn-Haltestellen, was für ein geiler Typ bin ich eigentlich?!!111!! Sie merken, meine Damen und Herren, das wäre entweder ein guter Sticker oder ein Fall für die Anstalt).

Ich liebe ich ja in diesen Kleinstädten diese „Stadtmitte“ oder „Zentrum“ Schilder wenn man reinfährt. Zentrum, gnihihihi! Aber gut, jede Stadt hat nunmal ein Zentrum, im Zweifelsfall ist das immer der Marktplatz und unmittelbar drumherum ganz viel Fachwerk. Außer halt in Stuttgart.

Im Zentrum von Kirchheim sieht man aber erst einmal das Teck-Center, das man gerne wie in den Kommentarspalten eines Interweb-Angebots als #bausünde anbrüllen darf. Keine Ahnung, ob man das überhaupt „Bau“ nennen darf. Unmittelbar drumherum: Fast Food Gastro, Billigketten und garantiert ne Shisha Lounge. Ich weiß es aber nicht mehr.

Einmal rumgedreht, nach der obligatorischen Altstadt gesucht und ach ja, schau an, da hinten. Einmal durch gerannt, sah wie immer auch ganz nett aus, aber am finalen Ende meines großartigen S-Bahn-Endhaltestellen-Projektes musste ich feststellen: Ich hab langsam ehrlich gesagt etwas Fachwerk-Überdruss.

Und so bin ich ganz schnell wieder abgehauen aus Kirchheim. War auch grau und regnerisch. Und ging ja nur um den Titel des S-Bahn-Endhaltestellen-Königs. Aber feiern konnte ich ihn nicht so wirklich (Achtung, jetzt beginnen die Sportphrasen). Vielleicht kommt das noch, wenn ich meine unglaubliche Leistung realisiert habe (5 Euro). Zurück über Wendlingen, Köngen, Wernau, Plochingen, Deizisau, Esslingen, Ober- und Untertürkheim ging übrigens ratzfatz.

Und jetzt – für alle KTV-Abonnenten  im Bezahlbereich – zurück nach Herrenberg via Kaltental, Vaihingen, alte Nebenstrecke nach Böblingen, Ehningen, Gärtringen, Nufringen -> Herrenberg. Und so schön da. Herrenberg gegen Kirchheim 1:0. Aber so richtig.

Und noch ne lustige Geschichte dazu: Ich wollte letztes Jahr schon mal Herrenberg. Hab aber aufm Weg zwischen Ehningen und Gärtringen scheiße gebaut und bin ums Verrecken nicht von Gärtringen weitergekommen. Das muss man sich mal vorstellen! In Gärtringen gescheitert! Wie bitter ist das denn eigentlich? Ich mein, die einen sind Weltmeister und die anderen Ex-Playmates aber in Gärtringen hängengeblieben ist doch wirklich kein Titel fürs Leben, oder?

Leider hats erst zeitlich dieses Jahr hingehauen, diesen groben Schnitzer, diese fatale Irrfahrt zu berichtigen. Und wenn du weisch wo Herrenberg isch, dann weisch du genau wo das isch.

Nächste Ziele: Tübingen wäre mal wieder gut und Reutlingen habe ich mir schon länger in den Kopf gesetzt. Oder noch etwas tiefer in den Nordschwarzwald rein, nach Nagold zum Beispiel. Aber egal wohin du kommst: Matratzen-Concord und Fachwerk ist schon da.

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30 Comments

  1. says: Ken™

    Setz Dir lieber mal das Ziel an einem Wochende ein paar Kilometer mit mir und dem Olsen zu laufen! 😉 Könnten dann vom HBF los und ich könnte Dir dann z. B das schöne und romantische Kornwestheim zeigen… 😀

  2. says: martin

    danke peter.

    ach ken, du bis so süss als läufer rookie 😛 (alles schon voll erlebt und so hahaha. außerdem lauf ich ja immer noch, gerade am samstag meist zwischen 1.30 bis 2 stunden)

  3. says: stadtteil

    bad liebenzell ist von stuttgart gar nicht so wahnsinnig weit und liegt schon mitten im schwarzwald. schön isses da, und in der wilhelmstrasse bekommst du in der sonne einen hervorragenden zwiebelrostbraten und ein paar meter weiter steht so ne eisdiele, die besseres eis macht als die meisten stuttgarter eisdielen

  4. says: Marco

    Höre ich da unterschwellige Kritik an Gärtringen? 😉

    Ich bin da inzwischen auch hängen geblieben – aber hey: Hier ist richtig was los! Zumindest steht man Sonntags an der Eisdiele im Zentrum mindestens drei Minuten an bis man sein Eis bekommt. Wenn das mal kein Zeichen einer pulsierenden Ortschaft ist! Außerdem wird jetzt gerade die komplette Ortsmitte saniert, riesen Projekt, ähnlich wie S21. Fertigstellung Dezember 2016. Also quasi kein Unterschied zu Stuttgart.

  5. says: zeilentiger

    Außerdem gibt es in Gärtringen die Bierguerilla, da kannst du ruhig zwanzigmal scheitern und kriegst dort immer noch was neues Schönes (wenn er da ist, der Botschafter der Bierguerilla, der muss ja auch noch was „Ehrliches“ arbeiten). Obwohl, danach musst du halt die S-Bahn nehmen, wegen Alkohol im Straßenverkehr und so. – Schöner Reisebericht! Und das Rollerausfahrt-Begleitfahrzeug hat es mir ganz besonders angetan.

  6. says: franzi

    bad liebenzell ist sowas von ausgestorben… da siehste mittags höchstens im halbstundentakt mal einen rollator vorbei rollern… aber das eis ist echt super und es gibt den weltbesten italiener dort. wirklich. francesco, alleine deswegen würde es sich lohnen.

  7. says: Marco

    Nach den montäglichen G21 Protesten bietet sich dann noch der Absacker im Gleis 1 an. Ich übertreibe nicht wenn ich sage, dass das die Mutter aller bahnhofskneipen ist.

  8. says: X-tof

    google meint, man könnte die S-Bahn-Endstationen in 220km / 13h abfahren. DAS hört sich nach einem Projekt an – gibt aber vermutlich auch keinen Titel, nur ein knapp fünfstelliges Kalorien-Defizit.

  9. says: Whiskydrinker

    Die Therme in Bad Liebenzell ist wirklich nett, da es im Eintritt inbegriffen in der Sauna eine Flatrateparty mit Bad Liebenzeller medium direkt vom Zapfhahn gibt.

    Das ist mal ganz anders wie in den anderen Thermen rund um Stuttgart, in denen ein kleines Kaltgetränk immer gleich richtig zu Buche schlägt.

    Eisdiele ist doch die an der Ecke Bundesstraße/Kurhausdamm?

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