Bauer sucht Frau

Mit dem Stuttgarter Nachrichten-Kolumnisten Joe Bauer verbindet uns ja inzwischen so eine Art Freundschaft – Stadtlichter unter sich. Eigentlich seit ich von ihm zu einer entzückenden Lesung in die Uhu-Bar eingeladen wurde, und spätestens seit er unsere 2-Jahres-Lesung in der Suite mit seiner Anwesenheit und gar einem Nachbericht in seiner Kolumne ehrte.

Jetzt kam wieder eine Einladung, und zwar zu seinem bisher größten „Flaneur-Salon“. Darunter muss oder kann man sich ein überaus buntes musikalisches Showprogramm, unterbrochen von Lesestücken des Gastgebers, vorstellen. Austragungsort war diesmal das Theaterhaus.

Also habe ich mir den neuen Kessel.TV-Kulturbeauftragten alx geschnappt und bin am Sonntag ins Theaterhaus gefahren. Was soll ich sagen – wir haben den Altersdurchschnitt um mindestens 30 Jahre gesenkt. Und wir sind beide ja auch nicht mehr die jüngsten, gell.

Dann ging’s auch schon los, und als einer der angekündigten Gäste und Conferencier eröffnete der gute Michael Gaedt den Abend. Ich will jetzt ja niemandem zu nahe treten, und ich entschuldige mich schon vorab, falls ich falsch liege – aber Herr Gaedt hatte definitiv schon den ein oder anderen Warm-Up-Schnapps getrunken. Er fand sich auf jeden Fall sehr lustig, wenn er auch mit seiner Meinung relativ allein im Saal war.

Nur eine blonde Dame in sehr apartem großkariertem Ensemble zwei Reihen vor uns gluckste bei jedem zweiten Wort. Eigentlich gluckste sie bei jedem zweiten Wort, egal wer gerade auf der Bühne stand und was dieser sagte. Sie hatte einen Heidenspaß – ich glaube es gibt in jedem Publikum immer mindestens eine Person, die mehr lacht als alle anderen zusammen – und nach der Pause wurde sie sogar noch euphorischer.

Doch eins nach dem anderen. Das musikalische Opening übernahm Eric Gauthier, von dem ich bis dato nur wusste, dass er Tänzer ist und wohl auch Musik macht. Die bot er zusammen mit einem Gitarristen dar, und, naja, mir und ich glaube auch Alex war das bissle zu… Oldschool? So Klampfen-Musik halt, das war ja noch nie meins.

Dann kam Herr Bauer himself, ohne Show, setzte sich an sein Tischle (ohne grüne Lampe), las die Begrüßung vom Blatt ab und stieg gleich deftig ein mit einem gelungenen Text zum Thema Stuttgart 21. War eigentlich zu erwarten, war aber zum Glück im späteren Verlauf des Abends (fast) kein Thema mehr.

Dann kam wieder Herr Gauthier, der mit seiner mit schwer kanadischem Akzent vorgetragenen Huldigung schwäbischen Essens doch noch dick punkten konnte und sogar richtig witzig war. Dann wieder Bauer, zack, Programmpunkt auf Programmpunkt, da wurden keine Gefangenen gemacht.

Insgesamt ist mir aufgefallen, dass die Texte von Joe insgesamt etwas lustiger waren als die bei der Lesung in der Uhu Bar – man muss sich ja auch dem großen Saal anpassen. Mir hatte zwar das Ambiente im Uhu um Längen besser gefallen und ich fand die Location auch passender, aber mit tiefer Stimme bei spärlicher Beleuchtung schaffte Joe sogar im geschätzt 500 Leute fassenden Saal so etwas wie Intimität.

Dann kam irgendwann Dacia Bridges, die schon im Uhu begleitet hatte, samt Gitarrist auf die Bühne, was mir musikalisch schon mehr taugte. Sie ist übrigens mit für den Hit „I Begin To Wonder“ erst für J.C.A. und später für Danii Minogue verantwortlich.

Und dann saß da plötzlich ein auffällig unauffälliger Mann am Flügel und spielte mal kurz innerhalb von 10 Minuten den kompletten Saal an die Wand. Hammer Skills, wie man bei uns sagt, und man hätte während seines Vortrags eine Stecknadel fallen gehört.

Das war dann die Überleitung zu einem weiteren Stargast des Abends, Sterenekoch, Musiker und Hobbyschriftsteller Vincent Klink. Der wiederum konnte sich einen Kommentar zu S21 auch nicht verkneifen, las einen zugegeben überaus amüsanten Text aus seinem Buch vor und spielte dann auf seinem Bassflügelhorn.

Wiederum möchte ich mich vorab entschuldigen (mach ich schon mal bei Leuten, die ich respektiere), aber ich hoffe und gehe davon aus, dass Herr Klink um einiges besser kocht als er Flügelhorn spielt. Klar, er hat alle Töne getroffen, aber so mit Ansatz und Dynamik hat er’s nicht so. Ich kann das beurteilen, ich hab auch mal ein Blechblasinstrument gelernt.

Dann wieder die anderen Musiker am Start und immer wieder Texte von Joe Bauer, bei denen ich mir tatsächlich den Bauch halten musste vor lachen, Highlight sicher die Episode mit dem GEZ-Mann, der auch den Witz mit „Bauer sucht Frau“ enthielt.

Und irgendwie war dann plötzlich 23 Uhr, satte 3 1/2 Stunden dickes Programm und zur Zugabe kamen noch mal alle Protagonisten gemeinsam auf die Bühne um zu „jammen“, wie man das wohl nennt, und jeder machte das, was er am besten kann: Der Pianist klimperte, die Gitarristen tauschten Gitarren, Dacia sang, Klink blies tapfer ins Horn, Gaedt zog sich bis auf die Unterhose aus, Gaultier machte einen Spagat und Joe Bauer stand dazu cool in der Ecke.

Fantastischer Abend auf jeden Fall, und eigentlich bleibt Joe Bauer nur zu wünschen, dass sich noch mehr junge Leute, also solche unter 60, zu seiner nächsten Veranstaltung verirren. Ich hoffe hiermit dazu beigetragen zu haben.

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9 Comments

  1. says: katjuscha

    Also ich und meine Begleitung haben ebenfalls dazu beigetragen, den Altersdurchschnitt zu senken und haben uns meist grandios amüsiert. Nur was dieser Gaedt auf der Bühne soll war uns schleierhaft. Soll dieser wandelnde Herrenwitz mit seinen Schmuddelsprüchen witzig sein? Mich hat es eher geschüttelt. Ansonsten kann ich auch nur Patrick Bebelaar loben – Hammer! Da lässt man doch gerne mal Tatort oder Polizeiruf sausen. Allein wegen Bauer himself lohnt es sich, hinzugehen.

  2. says: stippy

    YeAh, cooler Abend… Joe Bauer wieder mit präzisem Charme. Eric Gauthier „old school“ !!!… , dann die phate Seite von „old school“ mit seinem Hammer-Gitarristen.
    Klink und Bebelaar ein bestechend ungleiches Duo das durch die Performance von Dacia schön abgerundet wurde.
    Gaedt bleid der Stuttgarter-Berserker des Humors.

    Wo bekommt man so ein Programm sonst geboten ?!?

    DANKE…von einem der auch den Altersdurchschnitt gedrückt hat…

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