Von Marrakesch nach Degerloch: Fliegender Teppich(kauf)

Feinstaubszene Marrakesch

Leute, Hand aufs Herz. Wie mega ist denn 2019 bitteschön jetzt schon? Ein Jahr wie ein goldüberzogenes Tomahawk-Steak, von einem Typen mit Sonnenbrille serviert, der beim Fleisch schneiden twerkt. Gar nicht mal so ungeil.

Bei kessel.tv haben wir das Jahr deshalb gleich mal zünftig mit einer Redaktionssitzung bei Thorsten gekickofft. (Oder heißt das offgekickt?) Thorsten hat jetzt einen virtuellen Assistenten. So eine Art Halil Altintop für daheim.

Und natürlich mussten die beiden MIT-Absolventen Elbe und Geige die künstliche Intelligenz sofort in streng wissenschaftlichen Versuchen unter Laborbedingungen testen:

„Alexa, spiel SWR 1…“

„I’m walking on sunshine, yeahea…“

„Alexa. Willst du bumsen…“

„And don’t it feel good…“

Komm Alexa, schreibe einen Blogbeitrag, der durch die Decke geht wie ein Royal-Artikel bei der Stuttgarter Zeitung. Alexa? ALEXA??? Meghan? Anyone?

Siri – sag den Bitches, sie sollen sich verpissen. Alles muss man selber machen. Aber zum Glück schreibt das Leben ja die besten Geschichten und nicht Jeff Bezos.

Die Geschichte vom fliegenden Teppich zum Beispiel. Sie beginnt Anfang Dezember in Marrakesch. Sehr sehr schön ist es da. Und sehr rudimentär und es gibt weder Spielerfrauen noch sonstigen Plastikmüll wie in Dubai – dafür aber viel Esel und Medina und Suk. Und man könnte einen ganzen Reiseblog vollschreiben, wie faszinierend Stadt und Land sind, wenn man denn einen Reiseblog hätte.

Und was kauft man in Marokko? Außer Datteln und – wenn man Frank Ribéry heißt – minderjährige Liebe? Richtig. Einen Teppich. Berber Chic Baby. Wenn dein Transportmittel aber Ryan Air heißt und deine Buchungsklasse „Handgepäck only“, dann bekommst du den Teppich theoretisch halt nicht heim.

Nur gut, wenn der freundliche Teppichhändler dir dann „Shipping to Europe – no problem“ anbietet. Inshala. Meine neue Lieblings-Lebenseinstellung: Wenn Gott Bock hat.

Dann bekommst du zum Beispiel deinen Teppich nach Hause geliefert. Und zur Sicherheit bekommst du eine handgeschriebene Quittung. Auf Arabisch. Die du selber unterschreibst, nicht der Verkäufer. Der Deutschen Verbraucherzentrale gefällt das. Und weil man in Marokko vieles kennt, aber Paketverfolgung halt nicht, gibts statt einer Trackingnummer einen Händedruck.

Und drei Wochen später klingelt dann das Telefon und jemand spricht französisch am anderen Ende. Das ist der Moment, wo sich Frau Goes vom Königin-Charlotte-Gymnasium irgendwo umdreht – im Zweifelsfall im Grab – weil sie dich stammeln hört: „Aujourd hui? Vous etes ou?“ (Sorry, ne pas Bock, hier Accents auf der Tastatur zu suchen, muss man sich bitte dazudenken). Und weil wir „Liefern Sie eigentlich bis Bordsteinkante?“ nie in Franz durchgenommen haben, sage und denke ich halt Inshala. Wird schon travers gehen.

60 Minuten später stehen zwei superfreundliche Menschen vor der Tür. Vor drei Wochen seien sie in Marokko losgefahren. Nein, in Degerloch waren sie noch nie. Und den Minztee müssen sie leider ausschlagen, weil noch viele Menschen auf viel Berber-Chic warten.

Aber sie freuen sich von Herzen, dass ich mich so freue. Darüber, dass der Teppich tatsächlich da ist. Aber vielmehr darüber, dass die beiden da sind. Und selber gefahren sind. Wenn man sich mal überlegt, wo die in den letzten drei Wochen überall waren und was die alles gesehen haben.

Und ich denk mir: Paketverfolgung ist echt was für Pauschaltouristen. Das hier ist Abenteuer. Das Rucksackreisen unter den Einkäufen. „Komm Alexa – bestell mir eine Palette Arganöl“.

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