Und dann war da noch: der vermutlich letzte Tag im Bad Berg

Sodele, jetzt mal alle aufstehen und applaudieren: Wir haben ne Neue. Ja, sogar eine Frau. Ist hier ja seit Jahr und Tag und bis auf die gelegentlichen Einsätze von Jana eine sexy gays Veranstaltung (meine Oldschool Surfer Kombls haben gestern in einem WP Chat tatsächlich mit „hey sexy gays“ gegrüßt, das ist schon sehr porno und coolio). Sie heißt Nina, hat die Mutprobe Stadtbahntag überstanden und ist somit absolut KTV-approved. Nicht wegen der Stadtbahn, sondern wegen uns.

Nina schreibt (natürlich) nicht zum ersten Mal in ihrem Leben verschiedene Dinge, das ist ihr Job. Die Texterin ist aktuell noch nebenbei für das Online-Magazin „Im Gegenteil“ aktiv, für das sie gemeinsam mit Fotograf Sven Baum Stuttgarter Singles auf der Suche nach etwas Liebe porträtiert. Ganz ohne Wisch und Match und mit viel Engagement. Und mit Sven teilt sie sich auch den Platz hinter dem Kottan-Bartresen (Gruß, Ram). 

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(Ab jetzt in der KTV-Stadtbahn und #mandarfgespanntsein was da noch kommt: Nina)

Ihr Debüt für uns skizziert wundervoll den „vermutlich letzten Tag im Bad Berg“ vergangene Woche. Das Berg ist ab kommenden Sonntag wegen Sanierung für zwei Jahre geschlossen und diese Woche werden bei 18 bis 20 Grad wohl nur noch die richtig harten Gärtner das Neuner besuchen.

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Es ist soweit. Der Vorhang fällt und die Blätter langsam auch. Wo deshalb andernorts vielleicht Massen bewegte Panik ausbricht, herrscht hier ein kollegiales Miteinander. Ein wenig Schwermut und Melancholie liegen in der Luft, denn die Wettervorhersagen sind sich dieses eine Mal einig: gut werden die nächste Tage wohl nicht, das hier riecht verdammt stark nach dem letzten Badetag im Berg.

Die Bowle schmeckt so gut wie nie, obwohl es keine Erdbeeren mehr gibt. An dieser Stelle herzlichste Grüße an den Bowle-Ausschank der Herzen. Hier im O-Ton: „Ha Freunde, es isch Mitte September!“

Tja, ganz sauber ist man hier nur nach ausgiebiger Heiß-Kalt-Dusche. Sogar die Alteingesessenen auf den gelben Liegen grüßen einen. Es ist alles-ist-möglich-Tag im Berg. Zu diesem Zeitpunkt liegt sogar die Möglichkeit in der Luft, an den Champagner-Stammtisch eingeladen zu werden. Vom Tellerwäscher zum It-Girl in der 70+ Szene, ich hätt’s gern getwittert.

Die Frage, die mitten im Becken steht, ist natürlich: Wohin mit uns in den nächsten zwei Jahren? Was, wenn man tagsüber einfach mal sehen und gesehen werden möchte? Oder ganz akut: Stelle sich mal einer vor, es kommen noch mal die 30 Grad. Aus Jux werfe ich die Frage in den Raum, es werden sich reihenweise die nassen Haare gerauft. Nein, das passiert nicht. Ja, aber was wenn doch?

Stille Panik in den Augen, das Herdentier flüchtet sich zum sicheren Wasserloch. Der Rest teilt sein Wissen über mögliche Alternativen, Begriffe wie Killesberg oder Inselbad fallen. Ein Favorit kristallisiert sich nicht heraus. An dieser Stelle wäre eine Umfrage angebracht: Wo finden wir nächsten Sommer DAS neue Bad? Der Gewinner bekommt eine Flasche Jäger aus Rams privater Sammlung mit Widmung und Autogramm vom Meister persönlich. Checksch?

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So dümpelt er vor sich hin, der vermutlich letzte Tag. Jede Brause wird zelebriert, jeder Gang ins Becken könnte der letzte sein. Je später, desto mutiger wird der Einstieg ins 22 Grad kalte Nass. Vorbei sind das Schaudern, Bauch einziehen und mit dem großen Zeh antippen – elegant gleitend oder mit Köpper rein. Man muss genießen, man hat doch keine Zeit! Die Schatten werden länger, die Luft kühler, ich friere. Es ist halt doch Mitte September und ich will dem Bowle-Mann ein High Five geben.

Und dann ist es 19.30 Uhr. Als hätten sie sich ihre Timer gestellt, verstummen alle Gespräche und warten auf die ersten Takte des offiziellen Rausschmeisser-Liedes. Nirgends anders wird dem so entgegen gefiebert wie hier – außer vielleicht vom Barpersonal in den Clubs.

Zurück ins Berg, Freunde jetzt sind hier die Emotionen los. Menschen liegen sich in den Armen, singen inbrünstig mit und machen Videos von sich mit Badehauben. Letzte Fotos vom alten Berg werden gemacht. Die Angst, dass in zwei Jahren wirklich ALLES neu ist, ist groß.

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Deswegen wird auch gemopst, was nicht fest ist. Und alles was fest ist, wird einfach raus gebrochen – Kacheln an der Wand zum Beispiel. Bedien dich im unfreiwilligsten Souvenirshop der Welt. Zum Salz auf der Haut gesellt sich Salz in den Augen, ich wette, irgendjemand musste heulen. Und dann ist das Lied vorbei. Man muss kurz mal an sich halten, um nicht jeden schnell persönlich zu drücken.

Schweigend packen wir nasse Handtücher und machen uns auf in Richtung Ausgang. Man mag ja über das Bad Berg sagen was man will – zu teuer, zu hip, zu aufgesetzt, zu langweilig für Kinder, zu viele Kinder. Dennoch ist das Berg einzigartig, ein großartiger Mikrokosmos.

Am Sonntag, 25.09, dem allerletzten Tag vor der zweijährigen Pause, kommen wir alle noch mal für socializing und um die acht Euro gesparten Eintritt in zwei Bowle on top zu investieren. Wer an dem Tag bei 20 Grad noch mal ins Wasser hüpft, hat meinen dicksten Respekt. Ich komme nur, um gesehen zu werden. Und vielleicht lass ich dann eine der gelben Liegen mitgehen. Don’t tell a friend!

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10 Comments

  1. says: Herr Cut

    War letzten Mittwoch nochmal. Und das Hauptthema an jeder Ecke war tatsächlich, was machen wir die nächsten 2 Jahre?!
    Was man aber auch viel hörte waren Äußerungen zu der zunehmenden Kinderdichte im Berg. Da waren Sachen zu hören wie: wenn´se jetzt no a Schauggel ond a´ Wasserrudsche bau´ed hen´ se mie´s ledschde mol g´säha.
    Und ganz ehrlich, Recht haben die Alten. Ich geh ins Berg um meine Ruhe zu haben und nicht die Familien zu sehen die ihre 70er Jahre Hippster Kinderwägen durch die Gegend schieben mit den schreienden Bälgern drin.
    Und nein, dass Berg ist kein Kinderfreundlicher Ort und muss es auch nicht sein. Dafür gibt es bessere Bäder zu besseren Preisen.
    Zu guter letzt muss man gar nicht etwas demontieren um was aus dem Bad mitzunehmen. Man kann alles käuflich erwerben. Die Stühle und Tische zu 5Euro oder 10Euro.
    Die Renovierung ist wohl zwingend notwendig, kann man mittlerweile sogar vom einen Beckenende zum anderen gleiten auf einer moosigen Schlickschicht.

  2. says: Peter

    Das Shirt würd ich sofort kaufen.

    Bin auch der Meinung dass man nicht jede Location kindgerecht machen muss. Fands auch schon länger nervig dass am Palast viele Abends ihre Kinder dabei haben. Ich bin auch Papa, aber bin auch froh wenn ich mal ohne Kindergebrüll mein Bier trinken kann.

  3. says: Kollege Geiger

    ‚Ohne Kinder Bier trinken‘ geht heute ganz hervorragend beim VfB: Anpfiff 17.00 Uhr – da haben die Kids noch 2 Stunden Reli.

  4. says: Tobi

    Der Saunabereich im Leuze ist ab 20 Uhr auch ganz nett, besonders wenn Dauergast Herbert die Neulinge im Aufguss mit: „Fias aufs Handduch“ anschreit.

  5. says: wolf

    Zunehmende Kinderdichte fiel mir auch negativ auf. Einschneidenes Erlebnis hatte ich auch schon:Ich relaxe schön im Berg, Family, 2 Kids + 1 riesen Kinderwagen + Oma läuft ein. Platzieren sich direkt vor mir. Um die eigene Aussicht nicht zu verstellen, wurde der Kinderwagen dann so ca. 1,5m vor meinem Gesicht plaziert- geiler Blick auf Kinderwagen. So ändern sich die Zeiten.

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