Techno (4)!

Herzlich willkommen live aus Eishöhlen-House, das neue Trend-Genre aus Island, das ist so neu, das kann noch nicht mal Björk auf ihrem neuen Album, das wiederum laut StZ absolut megalomanisch sein muss. Das interessiert uns heute nicht mal am Rande, denn nach mehreren Monaten präsentiere ich stolz meine erste Langspielplatte wieder neuen Techno-Kram. Joe Bauer freut sich hoffentlich genauso wieder Ken, wobei der ja eh schon alles kennt.

Da ich länger nicht dazugekommen bin, sind mehrere Releases urzeitalt, macht sie aber nicht schlechter. Und vorneweg: Der Satz „Ein Album, das man gut durchhören kann“ wird einige Male fallen, obwohl man jenen garantiert nicht mehr schreiben darf.

Gut durchhören kann man auf jeden Fall Roman Flügel „Fatty Folders“, das Techno-Großalbum dieser Tage, Platte des Monats in der Spex und wäre es vielleicht im auch im W.O.M. Heft geworden. Und es ist überraschend gut. Nicht dass Roman Flügel jemals ein schlechter Musiker war, ganz im Gegenteil, seine Verdienste für Techno – 1000 Namen, 1000 Variationen – in den letzten 15 Jahren kann man nicht oft genug würdigen. Roman, du bist ein Guter, klatsch ab. Kann jetzt mal jemand „Rocker“ spielen?

Nur hatte ich, warum auch immer, keine Erwartungen an ein Roman Flügel Album, übrigens das erste unter seinem richtigen Namen. Die Tracks funktionieren meines Erachtens, vielleicht bis auf „Bahia Blues Bootcamp“, nur im Albumkontext und wirken einzeln eher etwas verloren, vielleicht auch weil es mehr eine Track-Ansammlung ist als ein komplett neu produzierter Langspieler. Dafür wiederum ist „Fatty Folder“ erstaunlich homogen. Püh, ein Absatz dreht sich im Kreis. Aufgrund einigen ambienten Tracks empfehle ich die CD anstatt Vinyl.

Mein Lieblingstune „Awakening“:

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=aD4vhpEpgyg&feature=related[/youtube]

Bahia Blues Bootcamp war schon auf der Single „Brasil“

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=GHf3wa55fuk&feature=related[/youtube]

Wissen aber nur DJs. Auch „How To Spread Lies“ war bereits erhältlich, ist wiederum ein sehr charakteristischer Track für das Album.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=e6PSP76xYf8&feature=related[/youtube]

Alles in allem klingt  „Fatty Folders“ ein wenig nach Sensorama 2.0, falls noch jemand das ehemalige Projekt von Flügel und Wuttke kennen sollte. Klingt heute alles nur etwas cleaner als vor 10 Jahren.

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Ganz neu: Portable „Into Infinity“ auf Perlon. Ich habe mich mit Portable bis zur Maxi „Find Me“ im letzten Jahr nie wirklich beschäftigt, genauer gesagt, Alan Abrahams ging komplett an mir vorbei. Dabei verzieren schon mehrere Alben und EPs seine Discographie. Der in London sesshafte Südafrikaner ist Produzent und Sänger in einer Person, seine Stimme würde ich unter Geschmacksache ablegen, gefällt mir persönlich besser als z.B. die von Art Department.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=lcmWrKp3i04[/youtube]

Finde leider sonst keine weiteren Hörbeispiele, mich hat aber sein eigenwilligen, detailverliebten Stil irgendwo zwischen melancholisch experimentellen Deep und „Happy House“ (Gruß an André) gleich überzeugt. Seine Soundverdichtungen sind nicht immer ganz leichter Tobak, zugegeben.

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Etwas geradliniger, aber gerne ebenfalls winterlich melancholisch und doch sehr eishöhlig sind Jonsson/Alter. Also nicht, ey Jonsson Alta, sondern Jonsson/Alter, genauer gesagt Joel Alter und Henrik Jonsson. Ich habe keine Ahnung, wie lange die Schweden schon zusammen Musik machen, das Album „Mod“ füllt mein Wohnzimmer mit ihren bisweilen mächtigen Stolperbässen und Klangwelten gut aus. Man könnte es Regenwolken-House nennen, siehe hier.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=20sNLqKYP0U[/youtube]

Folgender Tune war schon auf einer Maxi davor und ist jetzt nochmals auf dem Album. Entspricht ihrem „typischen“ Stil.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=Qb_nDK55RXU&feature=related[/youtube]

Hab ich die letzten Tage sehr oft gehört und kann ich gerade für die Herbstzeit gut empfehlen. Oder: Ein Album, das man voll gut durchhören kann.

Vor 10 Jahren war ich, wie wahrscheinlich viele, ein riesiger John Tejada Fan. Meine John Tejada Sammlung ist definitiv größer als das Chris Liebing Fach (auch da gibt es die eine oder andere aus den 90er, jaja). „Western Starland“ und vor allem „Time Bomb“ sind echte Klassiker, die Jüngeren stießen dank dem Pokerflat-Slammer auf den Kalifornier, übrigens geborener Österreicher.

„Parabolas“, Anfang Juli erschienen, ist allerdings das erste Release von Tejada, dass ich nach langer Zeit wieder gekauft habe. War seinem Sound irgendwann überdrüssig, aber die De-Bug-Rezi klang recht vielversprechend, also zugeschlagen. Und er kann es immer noch, auch wenn sich seine Klangkonstruktionen nicht wesentlich verändert haben. Nur klingt das auf „Parabolas“ noch ein Stück reifer und vielschichtiger früher.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=c1KIvpVwjiI[/youtube]

Ist übrigens auch meine erste Kompakt nach vielen Jahren. Ziemliches Herbstalbum für ein Sommer-Release, Eishöhlen-House wahlweise auch Blautopf-Techno, dabei absolut keimfrei wie ein OP-Saal.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=KB2sFHQuDts&feature=related[/youtube]

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=p_sDM4OhT88&feature=related[/youtube]

Übrigens, der Doppel-Vinyl ist die CD-Version beigelegt, nice.

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Auf das neue Boof-Album bin ich dank Foffie gestossen. Zuerst hieß es, „Shhh, Dandelions At Play“ kommt nur digital, nun will doch Running Back das Werk auf Vinyl vertreiben. Maurice Fulton, der hinter Boof steckt, ist angeblich ein riesiger Fan der digitalen Technik und reist zu seinen Gigs wohl einzig mit USB-Sticks.

Unter dem Alias Boof macht er circa alle fünf Jahre ein Album, hört man auch sofort dass es ein Fulton-Werk ist.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=7q6XqYrrtyY[/youtube]

Die typischen Fulton-Basslines, Rhythmusstrukturen und Klangbilder. Der Typ gefällt mir einfach.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=1DBTMehMXO0[/youtube]

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Zu einer weiteren Lieblingsplatte (Typ: achwassollichören – machichhaltdiewiederein) hat sich in den letzten Monaten „Gymnastics“ von DJ QU entwickelt. Ist zunächst einmal ein teurer Spass, kaufste entweder drei US-Maxis für elendig viel Geld oder die Import-CD irgendwo zwischen 25 bis 35 Euro bei Amazon.

Schiebste in den Player und das Ding läuft unbemerkt durch, keine Höhen, keine Tiefen, voll hypnotisch, bisschen Basic Channelig, bisschen tribalig, und nach 80 Minuten willste einfach auf Repeat drücken und weißt eigentlich gar nicht warum. Der New Yorker hat es halt geschafft.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=md8zrASij-c[/youtube]

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=_9w2ggS4rJQ&feature=related[/youtube]

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Das ist oftmals das Problem mit Musik, man kann überhaupt gar nicht genau sagen, warum einen etwas richtig umhaut oder nicht. Von Stereociti „Kawasaki“ hab ich mir jedenfalls etwas mehr erwartet. Als großer Fan des Labels Mojuba habe ich es mir mehr oder weniger blind gekauft, immerhin das erste Album des Imprints aus Berlin. Das ist schon okay alles, aber doch auch etwas zu plätscherig. DJ Qu ist ebenfalls plätscherig, aber das kriegt mich trotzdem. Vielleicht hätte Sven Weisemann das erste Mojuba-Album machen sollen oder Oracy. Ich weiß es nicht. Klingt natürlich alles etwas negativ, aber klar, „Kawasaki“ ist absolut ein Album, das man voll gut durchhören kann (!).

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=PNDzkbsg64c&feature=related[/youtube]

Vielleicht muss ich das einfach noch öfters tun, um die Brillanz dieser Deep-Dub-House-Entwurfe zu realisieren.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=qONA7qDbFtU[/youtube]

Bislang muss ich sagen, dass ich auf dem Gebiet ein paar spannendere Platten besitze.

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Folgende Veröffentlichungen kann man sich ebenfalls mal antun:

Trickski „Unreality“: Überraschend gut inklusive zwei, drei „Hits“ und den üblichen SloMo-House-Dingern. Sehr schlüssiges Album. Hätte ich nicht erwartet.

Bruno Pronsato „Lovers Do“: Killer, neun megalange, paralysierend arrangierte Epen, noch besser als das erste Album. Da passiert in jedem Stück so unglaublich viel, verstörend betörend. Abartige Filmmusik, die im Kopf weiter geht.

Agnes pres. Cavalier „A Million Horses“: 90er Deep-House ins neue Jahrtausend transformiert, wie man das halt gerne seit drei, vier Jahren macht, eher etwas konservativ, dafür extrem knackig produziert. Teilweise seltsame kurze Tracks dabei, die sich der Sinnfrage stellen müssen. Und noch ein abgenudelter Satz: Weniger wäre hier mehr gewesen.

6th Borough Project „One Night in the Borough“: Ich finde 6th BP eigentlich total super und lege ich die Tracks recht gerne auf. Aber das Album ist überraschend belanglos. Slo-Mo-Deep-Disco-Loop-House oder so. Tut trotzdem nicht weh. Und ich mag sie immer noch. Für die Milchkaffee-Tagesindustrie garantiert eine lohnenswerte Anschaffung.

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5 Comments

  1. says: franz von assisi

    hmmm…irgendwie hab ich den zugang zum pronsato album noch nicht so recht gefunden. kommt vielleicht noch…

    dafür mat mich der flügel ziemlich aus den socken gehauen. „song with blue“ läuft bei mir tagaus tagein!! und auch der rest ist ziemlich einself 😉

    und ich kann mir nicht helfen, aber alan abraham alias portable erinnert mich von der her stimme voll an peter steele von type´o´negative

  2. says: Ken™

    Scheee, endlich wieder amtlicher Techno auf dem HipHop Blog!
    Auch Deine Auswahl (wenn auch wirklich nicht mehr ganz taufrisch) kann man durchaus durchgehen lassen. 🙂
    Und leider muss ich hier jetzt zugeben , das ich sogar mit dem Grossteil deiner Tipps absolut konform gehe, auch wenn mir das jetzt wirklich sehr schwer fällt… 😉
    Nur bei einer Sache Stimme ich Dir nicht zu: Die Tracks des Roman Flügel Albums kann man sehr wohl im Club spielen, wenn man sich traut. Allerdings ist das mit dem Mut nicht unbedingt das grosse Ding vieler Stuttgarter DJs. Da tun die sich eher schwer damit. 😉

    Btw.: Danke für den Tipp mit Boof. Kannte ich überhaupt nicht (ich glaub, ich werd langsam alt), wird aber demnächst angetestet!

  3. says: martin

    meine aussage bei flügel war nur so halb auf den clubkontext bezogen. ich hab das album so ein paar mal durchlaufen lassen, fand es wirklich gut, und dann aufs laptop gezogen und durchgeguckt, welcher track mich persönlich richtig kickt, zunächst ohne den aspekt den auch vielleicht dann mal spielen zu können. weil zuerst muss er mich ja überzeugen. und da war halt eben fast nix dabei, was mich jetzt umgehauen hat. ich fande einfach, die „outstanding tracks“ fehlen, mal ganz abgesehen davon ob dann clubkompatibel oder nicht. so meinte ich das.

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