Küsschen hier, Küsschen da

Kessel_Vfbchen

Toll, diese Bundesliga. Niemand wird auch nur ansatzweise müde, nach „Typen“, „Originalen“ oder „Charakterköpfen“ zu rufen – beziehungsweise der Liga einen Mangel an solchen Leuten zu attestieren. Und dann kommt mal einer und die Sportpresse will ihn sofort wieder verschwunden wissen: Alexander Zorniger. Der wird heute 48 Jahre alt. Bussi.

Der Mann brodelt, der steht unter Feuer, schwärtzt wie em dr Schnobel gwagse isch und manchmal wirkt das, als würde er gleich Blasen werfen. Wahrscheinlich würde man ihm sofort gestatten, dieses Original sein, wenn er eben auch die nötigen Erfolge dazu einfahren würde. Die Lobby ist beim Tabellenletzten allerdings selten prall gefüllt mit Freunden. In solchen Momenten stehen halt hauptsächlich die herum, die es schon immer besser wussten und auf eine Festanstellung spekulieren.

Natürlich wirkt Zorniger in seinen grenzwertigen Momenten manchmal wie ein leicht angesoffener B-Jugend-Trainer auf dem Dorfsportplatz. Aber genau dort werden seit jeher die Legenden geboren. Und manchmal sind es genau die Typen, die später beim Torjubel zum Trainer laufen und sagen: „Ich hab Dir doch gesagt, dass ich bombe bin. Du Sack!“  und der Trainer: „Des glaub i erschd wenn i des nomml seh, Du Wurscht. Auf geht’s!“

Thomas Tuchel vom BVB scheint mir da weit beängstigender. Der Mann wirkt manchmal wie sein eigener Roboter, als müsste er all die Daten in seinem Kopf mittlerweile auf eine externe Festplatte auslagern, weil sonst vergessen würde, wie man die Schuhe bindet. Tuchel würde anhand von statistischen Auswertungen analysieren, weshalb Timo Werner unaufmerksam war oder Daniel Ginczek (gute Besserung) aus drei Meter Entfernung den Torwart erschossen hat. Auch das ist gut. Aber halt anders.

Von Pep Guardiola will ich gar nicht erst anfangen. Dessen externe Festplatte trägt noch weniger Haare als er, ist saumäßig aggressiv und meistens ein wahnsinniger Stinkstiefel. Zorniger wirkt da eher wie ein leidenschaftliches All-In-One-Paket.

Wenn Timo Werner sein nächstes Tor schießt und damit vielleicht ein Spiel zu Gunsten des VfB entscheidet, wird er Zorniger Küsschen zuwerfen. Hoffentlich sitzt der zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause auf der Couch, sondern steht vor der Trainerbank, reisst die Arme hoch und schreit: „Arschgeil, Jongr!“.

Das ist die Romantik, die Fußball so schön macht. Der Rest ist Taktik, „an Schrauben drehen“, „Moral zeigen“, „zurückkommen“ und irgendwas mit „gewinnen“. Ich glaube, dass dies auch Alexander Zorniger bewusst ist.

Und wer in der 63. Minute drei Spieler gleichzeitig einwechselt und damit das Spiel dreht, kann so doof ja auch nicht sein, oder? Auch wenn er selbst behauptet, ihm sei nichts „Blöderes“ eingefallen.

Mir fällt bei der Gelegenheit auch was Doofes ein: Als der VfB Stuttgart das letzte Mal Tabellenletzter war, fühlte sich das alles wesentlich mieser an. An der Tatsache ändert das gar nichts – das ist mir auch klar. Aber vom Feeling her ist das gerade ein besseres Gefühl.

Oh. Hier noch ein Konzept fürs Reality-TV: „Spiel Dein Spiel!“
Fünf Bundesligatrainer trainieren im Ligabetrieb per Zuschauervoting die Mannschaften der anderen. Moderation und Analyse: Thorsten Legat und Cindy aus Marzahn. Eva Hermann macht die Interviews am rechten Spielfeldrand, Hans Sarpei ließt in der Halbzeit die witzigsten Twitter-Kommentare vor und nennt die Herrmann immer „der Kollege Hermann“.

In der ersten Folge – das können wir schon verraten  – wird Alexander Zorniger die Spieler des FC Bayern zur Sau machen oder die Frisur von Aubameyang vs. seine Torjägerqualitäten kritisch hinterfragen.

Zum Ende der Show kommt dann immer Robert Lewandowski als Außenreporter. Er schießt in der jeweiligen Stadt binnen vier Minuten mindestens zwölf Passanten in der Fußgängerzone bewusstlos. Volley und mit verbundenen Augen. Wahlweise auch: Schaufensterscheiben von Discountern kaputt. Dann wirft er Küsschen in Kamera, Zorniger winkt zurück und lächelt.

Danach übernimmt Waldemar Hartmann mit schickem Vollbart, Völler, Kabarett und Craftbeer.

Join the Conversation

13 Comments

  1. says: Doktor D

    Ich würde „Spiel dein Spiel“ sehr gerne sehen.
    Außerdem: Alles Gute zum Geburtstag, Herr Zorniger!
    Als Trainer seinen Leuten auch ab und ab zu sagen, dass sie – entgegen ihres Selbstbildes, der Einflüsterungen ihres schmarotzenden Umfeldes und der Vereinsmeier – keineswegs Championsleague-Material sind, das find ich doch sehr erfrischend. Keep up the good work, Setzer und Zorniger!

  2. says: Dr Klangschneiders Oli

    Und nach seiner aktiven Trainerkarriere eröffnet Zorniger mit dem Papst eine Herrenbuuutiike in Wuppertal…
    Sähr launich gschrieba Micha! Hosch Du dees glernt? 😉
    Grüße eines leidenden Fans und unbelehrbar masochistischen Stadiongängers…

Leave a comment
Leave a comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert