Buchtipp: John Peel – Memoiren des einflussreichsten DJs der Welt

Zu Weihnachten von Schwester bekommen, jetzt erst gelesen, diesen älteren Schinken von 2006 (deutsche Ausgabe), meine, ich hab das damals auch im Sub Culture kurz gebracht.

Der (deutsche) Titel ist nicht übertrieben, der englische Radio-DJ John Peel, hat von Ende 60 bis ins neue Jahrtausend unzählige Künstler durch alle Genres hinweg berühmt oder zumindest einem breiteren Publikum bekannt gemacht – von Rock bis Techno, von Pink Floyd bis Jeff Mills. Das weiß aber letztendlich jeder, der sich bisschen mit Musikgeschichte auskennt.

Was man sonst über diesen wahrhaft außergewöhnlich Charakter nicht weiß, erfährt man in diesem Buch, das aus zwei Teilen besteht. Denn John Peel, gebürtig John Robert Parker Ravenscroft, ist während der Arbeit daran im Oktober 2004 im Alter von 65 Jahren einem Herzinfarkt erlegen, seine Frau Sheila hat das Buch mittels Aufzeichnungen und eigenen Eindrücken vollendet.

Die Bio ist mehr oder weniger chronologisch mit sozusagen Vorblenden geschrieben, anfangs etwas zäh und auch komplex aufgrund zahlreicher auftauchender Figuren aus Familie und Freundeskreis, und man braucht etwas um sich einzulesen, bis man seine trockene und dann doch oftmals witzige Sprache versteht (oder eben die Übersetzung).

Oftmals muss man auch anfangs kurz zurück blättern, weil man z.B. nicht ganz fassen kann, dass es scheinbar in seiner Privatschulzeit Gang und Gebe war, dass die Jüngeren (also er) den Älteren einen runterholen oder ihren Arsch hinhalten mussten (nicht für Lehrer, wie Peel ausdrücklich betont). Erst in den 80er Jahren hat er davon seiner Frau erzählt, die sich, so schreibt er, sehr darüber aufgeregt hat (logisch). Für ihn scheint das damals wohl eben normal gewesen zu sein, so wie er die Vergehen an sich beschreibt.

Abgesehen von diesem bitteren Kapitel ist er nicht nur von „Rock Around The Clock“ bis Bumbumbum ein Zeitzeuge der kompletten Popkultur, sondern hat auch so manch anderes Spannendes erlebt, wie z.B. John F. Kennedy beim Wahlkampf die Hand schütteln, dabei mit John F. smallzutalken, der Peel wiederum Foto-Tipps gibt, so damit auch Lyndon B. Johnson drauf ist (Fotos sind im Buch abgebildet, mitunter seine größten Schätze).

Peel hat sieben Jahre in Amerika gelebt und ist am Todestag von Kennedy sofort nach Dallas gefahren, weil er sich, so schreibt er, dem Menschen aufgrund dieses eines Treffens sehr nahe fühlte und hat sich auf der Pressekonferenz eingeschlichen, auf der John Harvey Oswald als Attentäter präsentiert wurde. Es gibt davon wohl einen Filmclip, so schreibt er, worauf Peel und Jack Ruby, der wiederum Oswald erschossen hat, zu sehen ist. Die ganze Szenerie wirkt so ein wenig Forrest Gump-mässig.

Sehr lustig fand ich auch, dass seine Mutter, die ihn nie so richtig mochte und die zwei Brüder vorzug, eine Affäre mit dem englischen Schauspieler Sebastian Shaw hatte. Den kennt keine Sau und doch wieder Millionen, wenn nicht gar Milliarden: In „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ spielte er die zwei Minuten Darth Vader ohne Maske, weil der eigentliche Darth Vader Schauspieler David Prowse zu jung war für jene Szene.

Ansonsten Musik: John Peel liebte alles was neu war, spielte mitunter in seinen Sendungen komplette Langspielplatten ab (das ist nicht nur heute fast nirgends möglich, sondern war auch damals schon recht schwer und bei den Radiochefs ziemlich unbeliebt), hat trotzdem immer sein Ding durchgezogen und es mitunter auch ertragen, dass ihm seine Hörer Scheißehaufen und gar Morddrohungen schickten, nur weil Peel irgendwann z.B. Reggae in seine Sendung aufnahm. Er selbst schreibt auch, dass er denkt, dass sein Publikum ihn maximal fünf Jahre lang ertragen konnte.

Fazit: Wenn man sich bisschen für Musik-Geschichte, Radio-Kultur und auch DJing interessiert – Peel ist auch als DJ durchs Land getourt und packt da auch Anekdoten aus – kann ich das Buch wärmstens empfehlen. Habs auch mit gutem Gewissen Thorsten zum Geburstag geschenkt.

John Peel: Memoiren des einflussreichsten DJs der Welt
Rogner & Bernhard, ISBN 978-3-8077-1084-6
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1 Comments

  1. says: Thorsten W.

    Danke noch mal für das Geschenk! Am Anfang braucht man wirklich etwas Zeit um reinzukommen, und wenn man noch nie eine Sendung von John Peel gehört hat versteht man auch nicht alle Geschichten. Aber trotzdem super und ich hab’s in Rekordzeit (fast) fertiggelesen.

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