#placetobw Roadtrip Tag 2: Der Einzelhandel in Blaubeuren stirbt

Sechs Blogger, sechs Stationen, drei Autos, 470 Kilometer und ein Baden-Württemberg ergibt: Einen Roadtrip namens #placetobw. Rund um Stuttgart und kreuz und quer über die schwäbische Alb und nicht durch St. Tropez und die Cote d’azur entlang. Völlig verrückt!  Nach Tag eins in Maulbronn und in Waldenbuch und Übernachtung in Lichtenstein cruisen wir wie einst die Massiven weiter nach Holzmaden und Blaubeuren. Soll ich dir meine Einspritzpumpe zeigen? 

Ich hatte für den Morgen von Tag zwei ein wirklich starkes Instagram-Konzept. Und das ging so: Auf dem Beipackzettel der Tour stand, dass das Schloss Lichtenstein voll schön sei, man nennt es auch das Märchenschloss Baden-Württembergs. Sieht auf Wiki auch echt ganz gut aus, nur hat man leider von der Schönheit in der grauen Abenddämmerung, in der wir in Lichtenstein ankamen, wenig gesehen, sondern nur braunes Gemäuer. Lame ey!

Meine Hoffnungen lagen sowieso auf einen sonnigen Mittwochmorgen, Flash-Foto, auf Instagram hochpumpen und wie diese ganzen Angeber-Globetrotter bildunterschriften mit: „Woke up like this!“ Kennste? Total geil. Macht man, wenn man z.B. in einer total schicken Strandhütte auf den Seychellen mit Blick auf das türkisfarbene Meer aufwacht (bzw. vorgaukelt, gerade eben dort aufgewacht zu sein, aber eigentlich im anonymen Hotelbunker eingecheckt hat).

Genauso habe ich mir das vorgestellt. WOKE UP LIKE THIS unter ein herrliches Schlösschen schreiben. Aber ey nein, Pfeifendeckel, woke up like this:

lichtenstein_1

Bitte suchen sie selbst Schloss Lichtenstein im Nebel. Gab trotzdem Herzchen auf Insta. #erfolg

Danach ersma Apotheke, Grippe im Anflug, anschließend Cockpit auf Anflug Holzmaden gestellt. Das liegt mehr oder weniger direkt an der A8 hinter Kirchheim, wir sollen dort den Urweltsteinbruch Holzmaden e.V. besuchen.

Programmpunkte: Führung und danach mit Hammer und Meißel ein paar Fossilien rausklopfen, die in Holzmaden schon massig gefunden wurden. Deswegen gibt es nicht nur den Urweltsteinbruch Fischer, sondern noch auch das Urweltmuseum Hauff direkt auf der anderen Straßenseite.  Der Urweltsteinbruch wiederum hat ebenso eine Ausstellung zu bieten. Ist das der Holzmaden Way of Konkurrenz belebt das Geschäft?

Ich weiß es nicht, aber bei der POS-Deko haben sich beide Seiten für die Jurassic Park-Nummer und gaaaaanz große Dinos entschieden, Beispielbild:

Richtig dicke Hoden, der Kollege. Da käme was raus beim Mydirtyhobby-Dreh. Durch die Ausstellung führte uns übrigens Gotthilf Fischer himself, also der Betreiber des Fossilien-Etablissement und nicht der berühmte Bandleader. War mir dann alles etwas zu alt und knochig und ich hörte auf einem Achtel-Ohr zu, wenn überhaupt.

„Sie können mir gerne fragen stellen“, meinte irgendwann der Gotthilf zu der permanent fotografierenden Reisegruppe, „ich bin seit 50 Jahren hier!“

Ja, das glaube ich dir sofort, dachte ich mir, dass du seit 50 Jahren hier bist. Ein echtes embedded Fossil bei den Fossilien. Und der Kerle markierte den Auftakt für eine ganze Reihe an außergewöhnlichen Touristenführern, denen wir im Laufe der Tour noch begegnen sollten und die sich mit ihrem Thema voll und ganz identifizieren können und mit voller Leidenschaft dabei sind. Manchmal haben sie etwas zu viel gesendet, aber man hat es diesen außergewöhnlichen Unikaten gerne verziehen.

Gotthilf überreichte uns dann relativ schnell Hammer und Meisel. Er hat glaub gemerkt, dass unsere Aufmerksamkeit eher bei zeitgemässen Technikgeräten lag als seinen ausgestellten Urtierchen und ihren Skeletten.

Wir durften raus und ein bisschen im Steinbruch spielen, was an diesem Mittwochmorgen vor allem ziemlich viele Kinder gemacht haben. Denen macht das noch Spaß, mir gings recht schnell aufn Zeiger, vielleicht auch, weil ich kein Fossil-Steinchen raußmeiseln konnte. Ernüchterung in Holzmaden. Beim Klopfen gescheitert. Da hilft nur eins: Burger essen gehen.

Die Susannes vom Orga-Team haben dafür den Damn Burger in Kirchheim auserkoren, der in den Kirchheimer Bausünden integriert ist, von denen ich neulich erst beim Rennrad-Artikel gesprochen habe. Anschauungsbild jetzt angeheftet:

Wenn man nun den Kopf nach rechts dreht, steht man vorm Damn Burger. Lässt natürlich Wortspiele wie The Best Damn Burger in Town zu, logo. Wie ist eigentlich die Burger-Konkurrenz in Kirchheim?

Kein Plan was Michi Weh und  Tobsen zu diesem Burger sagen (würden). Mir geht diese fast schon religiös betriebene Burger-Diskussion, welcher jetzt der allergeilste Burger auf diesem Planeten ist und dass es in Stuttgart eh keinen gescheiten Burger gibt, total und völlig am Arsch vorbei.

Ein Burger besteht immer noch aus etwas Hack zwischen zwei Brötchen-Hälften plus bisschen Zeug drauf. Das wird mal besser und mal schlechter fabriziert und der Damn Burger ging definitiv voll in Ordnung. War lecker. Yummi. Nomomomm oder wie das heißt auf Instagram. So. Und jetzt nach Blaubeuren. Endlich! Leider das Wetter: Festival-Schlammschlacht.

Was macht eigentlich der Blautopf? Und die schöne Lau? Wann war man zuletzt überhaupt in Blaubeuren? Ich weiß es nicht. Mit den Eltern natürlich. Mit 8 vielleicht? Ich habe den Blautopf jedenfalls etwas anderes in Erinnerung gehabt. Der ist ja voll klein. „Du bist jetzt halt auch größer!“ Stimmt, Mensch! Dachte aber, der hat noch mehr ne Topf-Form. Wiki-Zusammenfassung der wichtigsten technischen Daten:

Markanteste Sehenswürdigkeit in Blaubeuren ist der Blautopf, eine Karstquelle, aus der die Blau entspringt. Mit 21 Metern Tiefe ist der Blautopf eine der tiefsten und größten Quellen in Deutschland, aus der zwischen 310 und 32.000 l/s strömen.

Und so blau ist er übrigens wegen der Lichtstreuung des kalkgesättigten Quellwassers.

Bis wir zum Blaubeuren-Hightlight kamen, führte uns die engagierte Dame (Stichwort ein echtes Unikat) von der Tourist-Info durchs urgeschichtliche Museum, die relativ ruhige Fachwerk-Altstadt und das Kloster Blaubeuren.

In Blaubeuren haben die Einzelhändler Mittwochmittag noch geschlossen. Dem Begleit-Fotograf Christopher habe ich erklärt, dass das eine Oldschool-Einzelhandel-Maßnahme ist, um die Arbeitszeit am Samstag auszugleichen. Den freien Mittwochmittag gibt es heutzutage so gut wie nicht mehr, außer eben in kleineren Städten.

Mittwochmittag in Blaubeuren. Da haben die meisten Geschäfte zu und die Welt ist noch in Ordnung.
Mittwochmittag in Blaubeuren. Da haben die meisten Geschäfte zu und die Welt ist noch in Ordnung.

Allgemein geht es dem Einzelhandel in Blaubeuren nicht so gut, verrät uns die Stadtführerin nach dem offiziellen Teil durch die Menschheitsgeschichte, bei der sie uns unter anderem im Museum die berühmte Venus vom Hohle Fels oder den Hochalter im Kloster erklärte.

Der dreifaltige Hochalter ist wirklich atemberaubend schön, selbst wenn man mit dem ganzen Kirchenzeugs wirklich nix am anfangen kann und wenn man auch wieder bedenkt, dass die Erschaffer das ganz ohne Baumarkt und DaWanda Bastelvorlage hingekriegt haben (#fantasie #kreativ #konzept #religion #churchismychurch).

Und diese Venus, von der ich zuvor wirklich noch nie etwas gehört habe, ist die bisher älteste Menschendarstellung überhaupt, wurde vor gut 35.000 Jahre aus Mammutelfenbein geschnitzt, ist gut sechs Zentimeter groß und hat kaum Kopf und dafür ziemlich viel Busen. Entdeckt 2008 am Südfuß der Schwäbischen Alb. Die Ausstellung ist auch deswegen natürlich ein einziger Tresorraum, erklärt unsere Touristen-Lotsin. Logo.

xxx

Zurück aber zum Thema Shopping-Subkultur Blaubeuren, wichtig für Deutschlands größten Einkaufszentrum-Blog.

Man sei eben eine Schlafstadt und alle würden in Ulm arbeiten und auch dort einkaufen. Selbst in Laichingen wäre das besser (okay!). So macht nach und nach ein Geschäft zu. „Manche versuchen es aber wieder“, erklärt sie.

Und auf meine Frage, wie viele Touristen im Jahr nach Blaubeuren kommen, ich brauche Fakten und Zahlen, meinte sie, oh das wäre schwer, wären ja alles meist Tages-Ausflügler. Aber waren es nicht letztes Jahr circa 98.000?  Interessant und dann ist Blaubeuren somit schon bisschen vom Terrorismus (Gnihihihi, Oldschool 80er Kalauer von meinem Onkel) abhängig, kombiniert der Reporter-Blogger scharf. „Ja!“

Trotzdem: Der Wohnraum ist sehr knapp in Blaubeuren, vor allem im Hauptteil des Ortsverbundes, also Downtown und ringsherum in den höheren Gefilden. Sehr beliebt alles. Die Dame selbst wohnt übrigens am Hang. „Ah, gute Lage?“ „Ja, beste Lage.“ Das sind die Gespräche, die ich in Blaubeuren führen will.

Auch geil: Eines von unseren drei Autos war ein (neuer) SLK. Bei der Abfahrt meinte die tief verwurzelte Blaubeurerin: „Darf ich da kurz reinschauen, 1995 hatte ich auch einen.“ Aber sicher doch. „Oh je, ist das alles weichgespült heutzutage“, meinte sie beim Anblick der Innenausstattung.

Da wollte ich sie bisschen umarmen, aber schneller Check-in im Ochsen Blaubeuren war wichtiger.  War weniger rustikal als es klingt, sondern recht modern. Schuhe aus, Hose aus. Endlich. Gut Abend gegessen. Okay geschlafen. Noch erkälteter und verhelmter aufgewacht.

Tag 3: Auf nach Niederstotzingen-Stettten zum Archäopark Vogelherd und last stop Welllleda Schwäbisch Gmünd.

www.BW-jetzt.de www.tourismus-bw.de

Leave a comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert