Eine Woche im März 2020

Donnerstag, 12. März: Letzte Ausfahrt Schankstelle 

Den ganzen Tag über dachte ich mir, die rufen mich noch an und sagen ab. „Du RAAAAM, nimm‘s uns nicht für übel, aaaaaber wir machen heute lieber mal ganz gechillt, nur Bar.“ Kein Anruf.

Um 18 Uhr sattelte ich meinen Alk-versifften DJ-Rucksack (in einem verfickten Camouflage-Look) und schleiche zur Haltestelle Schwab/Reinsburg, 42er IS CALLING. 42er calling immer > London calling (Insta Travel Life Standard, IMMER beim Anflug auf London). Zum Abschied sage ich zu meiner Frau: „Hat sich keiner von denen gemeldet, ich geh da jetzt mal hin. MAL schauen was heute passiert.“ 

Im Bus traf ich den Ehegatten einer Kundin. Im Spätsommer, als ich ihn seitdem erstmals wiedersehe, werde ich ihm erzählen, dass ich mich wahrscheinlich für immer daran erinnern werde, ihn auf meiner letzten Busfahrt als DJ im 42er getroffen zu haben. 

Donnerstagvormittag, 12. März die sogenannte Ruhe vor dem Sturm. Ersma zu Lidl.

Tagsüber, wieder diese Nachrichtenlage-Dinge, immens steigende Anspannung, GERÜCHTEKÜCHE, wer liebt sie nicht, die beste Küche der Welt, sie sollte eine Folge, nein, eine ganze Staffel bei „Chef’s Table“ auf Netflix bekommen. 

Folgende Situation: Es spricht sich herum, dass am Freitag IRGENDETWAS definitiv angekündigt bzgl. Clubs und Bars. „DIE wollen ALLES schließen!!!1!1!1!!!“ Wir entscheiden uns im Kowalski, unseren vorbereiteten Hygiene-Text nicht zu posten. Der hängt seitdem in meinem Kowalski-Ordner fest. 

Die vielleicht zwei, drei wichtigsten E-Mails des Jahres 2020 habe ich dagegen leider nie konserviert. Denn GERÜCHTEKÜCHEN sind dazu da, kalt zu bleiben und aufgelöst zu werden. Sonst haben wir schon wieder diese ÜBERKOCHEN-Scheiße an der Backe. Also schreibe ich an jenem Donnerstagmittag, 12. März 2020 dem Pressesprecher der Stadt Stuttgart eine Mail, ich versuche den Mailverkehr zu reproduzieren: 

„Hallo, 
es gehen Gerüchte durch die Stadt, dass es morgen eine Ansage seitens der Stadt gibt und Bars und Clubs eventuell schließen müssen. Kannst du dazu etwas sagen?“ 

Die Antwort kam stande pede und frei nach ALLES KANN NICHTS MUSS: „Ich kann leider nichts im Detail sagen. Nur: Ja.“ 

OH FUCK. 

Leave a comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert