Beachflags of Lehenviertel

Gerade wollte ich zum ersten Mal in meinem Leben was bei doordash bestellen – und hab mir dann gedacht: Leck mich doch am Arsch, bevor sich jetzt hier ein armer Radfahrer den Buckel hochquält, geh ich mal lieber selber vor die Tür. Denn vor der Tür – da ist zumindest beruflich das Lehenviertel. Und das wissen wir ja aus recht vielen Listen und Stadtspaziergängen anderer Medienkonzerne: das Lehenviertel is always worth a visit. Und wenn er nur ganz kurz und ganz knipsig ist.

Hier also für euch ein klitzekleiner Instawalk:

Ich lehne mich mal aus dem Lehenviertelfenster und behaupte: eine Hood weiter, im Heusteigviertel wären die Kissen geklaut und der Tisch gedeckt. Mit leeren Bierflaschen, benutzten Coffee-to-Go-Bechern und Pizzakartons. Im Lehenviertel dagegen scheinen die Menschen noch die Gudrun Nopper Benimmschule besucht zu haben und lassen so eine Installation unzerstört. And Installation it is, wenn man das Kleingedruckte liest:

Fragment und Fragen des Alltags – so geht das Vokabular hier im Kunst- und Künstlerviertel und nicht nur immer saufen saufen saufen. Obwohl – das sicher auch. Aber halt Rosé. Mit der Betonung auf dem é. Wie überhaupt vieles im Lehenviertel: ich glaube nicht, dass es in Stuttgart eine höhere E-Auto-Dichte gibt als hier. Heute morgen sind mindestens 5 verschiedene Modelle mit verschiedenen Motorsimulationssounds an mir vorbeigefahren. Man hätte E-Auto-Raten spielen können. Mein Lieblingshit ist dabei der Zoe, weil man dem schon von Weitem anhört, was da gleich für eine Kiste vorbeirollt.

Das Strickmützenpärchen von der Brotique hat den kessel.tv Wochenplan abgekupfert. Und ich hätte nie gedacht, dass man Kessel und Kupfer in einen Satz bauen kann, ohne Kupferkessel zu schreiben. Kann man aber offensichtlich. Bin orthographisch jetzt ein bissl stolz. Jedenfalls schlagen die Menschen, die mit Brot die Welt ein bisschen besser machen wollen (Auszug aus dem Mission Statement Brotique) vor, dass man unter der Woche kein Crack mehr rauchen soll, wie es DJ Elbe mit dem Kessel-tv Wochenplan vorgesehen hatte. Stattdessen ist jeder Tag plötzlich Focaccia-Tag und auch Weizen bestimmt die Woche.

Ich lass das mal so stehen. Weil jedes Mal, wenn ich mich über die Brotique lustig mache, fällt irgendwo ein Sack Mehl um und einer antwortet: Aber das Brot ist schon gut. Mag sein, sag ich dann. Aber geht Brot auch ohne Gehabe? Man kann nur froh sein, dass DJ Elbe im Urlaub ist und hoffen, dass er keinen Wind vom neuen Stuttgarter Wochenplan bekommt.

In einer anderen Ecke des Lehenviertels hab ich im Vorbeigehen gelesen, dass das El Topos bald wieder da ist. Ich muss zugeben: ich wusste gar nicht, dass die weg waren. Und ich wusste auch nicht, dass die überhaupt mal da waren. Der Laden ist komplett an mir vorbeigegangen und das mag musikalische Gründe haben. Auf der facebook Seite vom El Topos Clothing & Café hab ich überhaupt erstmal verstanden, dass es da auch Platten gibt. Auf einem Foto von 2019 erkenne ich die Bands Johnny Moped, Rancid und ich meine Lucifer Leftöver Crack lesen zu können.

Meine Frage dazu wäre: wie bitte? Ich kann das bedauerlicherweise musikalisch überhaupt nicht einordnen. Und die Google Auskunft, dass Johnny Moped Proto-Punk spielen, hilft mir jetzt auch nicht wirklich weiter. Das nächste Mal nehme ich Setzer mit auf den Spaziergang. Der kennt sich mit sowas besser aus.

Wie genau es mit dem El Tops weitergeht, ist übrigens für mich mich ähnlich kryptisch wie Proto-Punk: „Das El Topo’s im Strohberg 15 wird gerade renoviert und ab dem 2. Juli dann im völlig neuen Gewand neu eröffnet (auch unter anderem Namen). Das El Topo’s im Strohberg 17 feiert da gleichzeitig seinen Einstand!!! Seid gespannt!“ (Party-Emoji).

So steht es auf der facebook Seite. An der Hauswand steht, dass dieser andere Name tutt’i frutti ist und es dann wohl Obst und Gemüse statt Proto und Punk gibt. Aber das mit dem Apostroph konsequent irgendwo in den Namen reinhauen, das haben sie beibehalten. Alles Gute für Alle auf jeden Fall mal von uns.

Kleinod par excellence: Das Little Italy. Ich muss sagen, was Claudia Reiss da nettes aus Vorhof und Souterrain und Italo-Faible zaubert, ist schon echt bewundernswert. Hab im Locki 1 da manchmal was geholt und das war immer sehr fein und liebevoll.

Heute jedenfalls gibts im Little Italy was mit Meloni und Funghi und Rucola. Ich war gerade erst ein paar Tage in Big Italy und kann bestätigen: Ja – das ist authentisch. So kochen die da.

Rolf Nebel hat leider weder eine Website noch Google-Rezensionen. Ich hätte ihn gerne gefeatured. Er hat aber halt dieses wahnsinnig gute Schild und als ich vorbeilief hat er gerade seinen Kombi beladen (Verbrenner) mit so richtig professionellen Malersachen. Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen: wer so packt, der malert auch so. Seht ihr, jetzt haben wir Rolf Nebel doch ein bisschen promoted und wahrscheinlich steht jetzt sein Telefon nimmer still und er hat gar keine Kapa.

Im Izumi hab ich mal versucht einzukaufen aber spontan. So ohne Zettel oder Rezept. Einfach reingehen, Inspo holen und loskochen. So geht aber halt glaub Japanisch nicht. Hab dann vor dem ganzen Fermentierten ehrlich gesagt kapituliert – und stattdessen ein süßes Stickerset mit Ninjakämpfern gekauft. Obwohl ich sicher bin, dass Fermentiert das bessere Frittiert ist und wir alle gut daran täten, nicht der Fritty Bar hinterherzuheulen sondern uns lieber nach einem guten Standort für eine Fermentierbar umzuschauen und das Projekt voranzutreiben.

Das hier wird Thorsten freuen: dass man gar nicht 5,5 Stunden mit dem ICE Florian Henckel von Donnersmarck nach Berlin fahren muss, um in Berlin zu sein. Gestern habe ich auf einem Tourismus-Werbeplakat den Satz gelesen: „Die schönste Jahreszeit: Berlin“ – und viel drüber nachgedacht. Die Mediaplaner und die Agentur wird das freuen, weil wenn jemand über ihr Plakat nachdenkt, ist er ja in der AIDA Formel schon recht weit vorgedrungen. So ganz überzeugt hat es mich allerdings dann am Ende des Tages doch nicht. Insgesamt sind mir 4 Jahreszeiten eingefallen, die mir besser gefallen als Berlin. Von daher möchte ich den Marketingmenschen gerne kostenlos den neuen Claim vorschlagen: Berlin – die fünfte Jahreszeit.

Hier jetzt endlich die versprochenen Beachflags of Lehenviertel. Singular. Es ist genau eine. Aber ich hab jetzt auch nicht überall geschaut. Ich hatte neulich die Idee, einen Instagram Account zu machen, der sich „Beachflags of Stuttgart“ nennt. Und der genau das tut, was der Name verspricht: Fotos von Beachflags aus Stuttgart zeigen. Dann hab ich – wie schon bei dem Berlinplakat – ein bisschen weiter nachgedacht. Und hab es schließlich gelassen. Mit der gleichen Motivation, mit der ich den Doordash Bestellvorgang abgebrochen habe (die mich seitdem mit Werbemails bombardieren) – ich denke, wenn Ihr Beachflags sehen wollt, geht auf die Strasse, nicht ins Interweb.

Die Beflaggung hat mich allerdings dazu gebracht, kurz in den Hinterhof zu schauen. Und hier ist alles gut. Manuel Wagner und David Spaeth sowieso. Ganz liebe Grüße und keep up the good work. Aber natürlich auch der Name Manufaktur Ziegenbein. „Ach den findeste jetzt gut, aber die Brotique geht dir auf den Sack?“ hör ich eine Stimme fragen. Ja klar. Das ist total subjektiv bei mir.

Als ich mit Thorsten neulich in Berlin war, wollte der mich in einen Laden namens Klunkerkranich schleppen. Ich weiß bis heute nicht, ob Café oder Club und wenn ja, ob Swinger oder normal, aber ich hab mich mit Händen und Füßen geweigert: Ich mache alles mit, hab ich zu Thorsten gesagt, Hasch, Trips, LSD, pakistanische Pfannkuchen essen und Hippie-Flohmarkt. Aber bitte bitte nicht in den Klunkerkranich. In die Manufaktur Ziegenbein dagegen wäre ich sofort mit.

Abschlussbild und Abschlussplädoyer: Leute! Ernsthaft! Hört bitte auf, Tiere zu essen. Ganz im fucking Ernst. Paar Meter weiter gibt es Brot. Das fühlt keine Schmerzen.

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