Zeitreise: New Kids on The Block x Backstreet Boys in der Schleyerhalle

14 Monaten lang lagen die Tickets bei mir Zuhause – am vergangenen Samstag wurden sie eingelöst: NKOTBSB in der Schleyerhalle. Die Abkürzung aller Abkürzungen. Dagegen haben DSDS, GZSZ und GNTM keine Chance. Da bekommen die mittlerweile etwas größeren Mädchen wieder weiche Knie.

Die New Kids on the Block sind mit den Backstreet Boys auf Tour. 1989 meets 1998. Eine Zeitreise in gleich zwei Epochen meiner Backfischzeit.

Zugegeben, die New Kids on the Block habe ich eher aus der Ferne angehimmelt. Zu deren Hochzeiten war ich noch in der Grundschule. und ich habe mir mit meiner besten Freundin höchstens heimlich wie stolz die NKOTB-Mixed-Tapes ihrer älteren Schwester angehört. Dementsprechend weit in der Vergangenheit lagen die Hits der Jungs aus Boston. Das ging scheinbar nicht nur mir so: Viele Konzertbesucher konnten nur bei „Step by Step“ ein wenig einsteigen.

Bei den Hochzeiten der Backstreet Boys war das anders. Da war ich für das Boyband-Drama eigentlich schon zu alt. Take That geschädigt wollte ich mich da nicht mehr so darauf einlassen (alles Schweine). Aber natürlich fand man Nick ganz schnuckelig und von den Kreisliga-Fußballer der örtlichen A- und B-Jugend, die alle wie Nick sein wollten, war man ebenfalls ziemlich hingerissen. Damals war noch alles gut und einfach, diesen Flashback will man sich nicht entgehen lassen, denn was ist heute schon gut und einfach?

Am Eingang der Schleyerhalle sammelt sich die erwartete große Mädchenmenge, aber auch überraschend viele Männer und verschiedene Sorten von Männern. Genau waren es zwei Sorten, die ich prompt in imaginäre Boxen am Security-Check einsortiert habe: „Eier“ und „Jugendträume“.

In die „Eier“-Box gehört die Sorte Jungs, die mit ihren Freundinnen gekommen sind. Man kennt sich seit ’98 und freut sich, nachher romantisch zu „Quit playing games“ zu züngeln. Wie damals halt. Puh.

Die andere Box mit den „Jugendträumen“ ist für die anwesenden Männercliquen – heute 2. oder 3. Herrenmannschaft des örtlichen Fußball-Clubs. Eigentlich wäre man immer noch gerne die Nick, oder zumindest so wie damals, als die ganzen Chicks noch hinter einem her waren, weil man so schön wie Nick ins imaginäre Mikro gesungen und im Red Room die Videochoreo nachgetanzt hat.

Ich gebe zu, auf dem Weg zur Schleyerhalle hatte ich trotz drei Glas Sekt intus Bedenken, ob das mit der Zeitreise klappt. Im grellen Licht der U11 ist der Lack der Erinnerungen dann schon etwas ab.

Drinnen spielte schon eine Vorband. Wenn mich nicht alles täuscht, war das eine Art Coverband, damit das jüngere Gemüse auch bei den New Kids on the Block mitsingen kann. Und dann gings los: Knall. Lichtershow. Schwarz-weiße (Kontrast natürlich ans Maximum gefahrene) Bilder unserer Helden auf der Leinwand. Ein Meer aus Handykameras wartet auf die Objekte der Begierde.

Stagetime. In Leder und mit Nieten. Alle im Partnerlook. Kurzer Moment fremdschämen. Dann war’s egal. Es war so schön! Mitsingen, an den richtigen Stellen kreischen und sich köstlich amüsieren, wie cool man das alles früher fand.

Nick Carter war wieder der stahlende Held im weißen Anzug und nicht die abgelegte Bumse von Paris Hilton. Der Lack war wieder drauf. War das Konzert besonders gut? Choreo oder Licht eine Innovation? Sicher nicht. Den New Kids on the Blocks muss man lassen, dass Stimmen und Stimmkörper noch äußerst beeindruckend in Schuss sind. Bei den Backstreet Boys hingegen haben diverse Entziehungskuren Spuren hinterlassen.

Macht nix: Es ist ein wenig wie bei Dieter Thomas Kuhn Konzerten. Der Künstler spielt den Schlager-Barden und das Publikum kreischende Teenies aus den 70ern. Am Samstag haben wir alle ein wenig uns selbst vor 15 Jahren gespielt.

Als bei „Quit playing games“ dann endlich um uns herum gezüngelt wurde, haben die Backstreet Boys auch wie früher ein paar (herzinfaktgefährete) Damen aus dem Publikum auf die Bühne geholt und knieend vor ihnen gesungen. Nur waren das aber keine halbnackten Teenies mehr, wie noch in den 90ern, sondern teilweise fülligere Ladies in den 30ern, die aus einem Anflug von Nostalgie heraus nochmal das Nylon-Top von damals angezogen haben.

In dem Moment wurde mir klar, wie viel Arbeit und vielleicht auch Überwindung so eine Zeitreise für die Herren selbst auf der Bühne sein muss. Wenn diese Männer diese Show nüchtern überstanden haben, dann haben sie wirklich einen harten Job. Ich war zu dem Zeitpunkt nicht mehr nüchtern und das war gut so.

Liebe Boybands von Take That bis Backstreet Boys, wenn ihr wieder mal Geld braucht und eine Revival-Tour macht: Ich komme. Ich hab mich göttlich amüsiert.

Join the Conversation

13 Comments

  1. says: vanDamme

    Toller Bericht, voll nah am Bühnen-Geschehen – haste eines dieser Bändel gehabt :-)?:

    Ich hatte Wetten über die (Nicht-) Füllung der Schleyerhalle abgegeben – und verloren. Laut Augenzeugen-Berichten war es echt gut gefüllt, wenn auch nicht ganz ausverkauft!
    Allerdings waren meine beiden Reporterinnen eher ziemlich enttäuscht von NKOTB und haben BSB stattdessen ziemlich abgefeiert. O-Ton: bei NKOTB war´s wohl das Geld, bei BSB der Spaß, der sie noch mal hat touren lassen!

  2. says: se

    damn! damals verpasst, jetzt wieder. soll wohl nix werden mit mir und den boygroups. btw, kennt noch jemand bed and breakfast?

  3. says: Martin Sp.

    @se: ja, leider. Eigentlich gab es nur eine gute Boygroup, also eine bei deren Lieder man nicht gleich Brechdurchfall bekommen hat (aber ich bin auch männlich): East 17.

  4. says: Jana

    Bei Bed and Breakfast muss ich leider auch passen. Ist nicht einer von denen jetzt Pro7 Moderator? Bei East17 wäre ich am Start. Ganz klar!

  5. says: stegoe

    East 17 haben doch letzten Monat ein neues Album rausgebracht, „their first album to be released as a trio without Brian Harvey, it features the band’s transition towards rock music and away from their more dance/pop orientated past.“

  6. says: Annette

    Klingt, als wären wir genau gleich alt. 🙂

    Leider war ich am Wochenende anderweitig verplant, sonst hätte ich mir das auf keinen Fall entgehen lassen.

  7. Ganz großes Kino, schön beobachtet, meine Lieblingssätze: „In die “Eier”-Box gehört die Sorte Jungs, die mit ihren Freundinnen gekommen sind. Man kennt sich seit ’98 und freut sich, nachher romantisch zu “Quit playing games” zu züngeln. Wie damals halt. Puh.“ Auch sehr stark: „Im grellen Licht der U11 ist der Lack der Erinnerungen dann schon etwas ab.“ Wir sollten mal einen eigenen Eintrag nur über die U11 machen, das ist wahlweise die Linie des Grauens oder der Bummelzug ins Glück.

  8. says: tsc

    yeah, bed and breakfast – hab ich zu beginn ihrer „karriere“ live im disney club miterlebt. als kleiner bub war ich da dann schon auch kurzzeitig fan von denen..

Leave a comment
Leave a comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert