Schöner Ausflug von Stuttgart nach Schwäbisch Hall

Alle ringen um die richtigen Worte. Einer in Schwäbisch Hall hat sie gefunden. Hyper Fuck. Das Jahr 2020 zusammengefasst. Bin mal gespannt, wie der große Jahresrückblick mit Günne Jauch ausfallen wird. Oder ob er ausfallen wird. Und man vielleicht nur 90 Minuten lang das o.g. Foto einblenden will? Das Jahr im Schnelldurchlauf. Hyper Fuck. Like, wer dabei gewesen ist.

Weil wir dachten ja alle schon: summer2018 Tatti x Uwe Bogen = neverforget. Aber jetzt ist 2020 Hyper Fuck und das ist mal wirklich never forget – und die Frage am Ende dieses Jahres wird vielleicht sein: wo fahren wir eigentlich in den nächsten großen Pandemie-Ferien hin?

Schwäbisch Hall kann ich empfehlen. Man soll ja nicht und darf auch kaum, aber wenn man muss, so wie ich neulich, dann kann man gut und gerne nach Schwäbisch Hall fahren.

Das ist ein bisschen, als hätte sich jemand gedacht: komm wir machen nochmal Tübingen, aber diesmal g’scheit. Ich war echt überrascht, wie cozy und fachwerkig schön es da ist – und das nicht nur ein bisschen, sondern durchgängig. Bis auf den Busbahnhof.

Der ist glaub neu. Der Grosse-Gönnjamin-Bahnhof. Da hat sich ein Kommunal-Politiker schönen einen rausgelassen. Hier würde ich gerne mal eine große Abschiedsszene drehen, so Tom Tykwer-Style:

-Tilda, auch wenn du nun hinfort musst, dein Herz geht nicht auf Reisen sondern verweilt hier bei mir…

– Is‘ gut, Opa. Ich hol mir noch ne große Pommes aus’m Kochlöffel, aber dann muss ich auch in den Flixbus.

In Schwäbisch Hall war ich das letzte Mal beim Zivildienstlehrgang. Legendär, in einer recht christlichen Herberge. Ich hab einen super Typen kennengelernt, dessen Namen mir entfallen ist, aber seine anarchischen Aktionen werde ich nie vergessen. Größter und bester Scheissebauer ever.

Weil wir sowohl mit dem Abendbrot (Hagebuttentee – Graubrot – Aufschnitt) als auch mit der Wanddekoration (Heilige Maria – Heiliger Joseph – Heiliger Abachum) recht unzufrieden waren, haben wir einfach beides miteinander vertauscht.

Aus dem Speisesaal die Salami in der adidas Trainingshosentasche rausgeschmuggelt und im Gang dann die Heiligenbilder aus ihrem Rahmen entfernt – und stattdessen die Salamischeiben gerahmt. Weiss nicht, ob das jemals jemand bemerkt hat. Müsste mal einer vorbeigehen und schauen, wem die da heute huldigen: der Hartwurst oder dem Heiligen Rudbert.

Der Chaosjunge ist mir auch deshalb so im Gedächtnis geblieben, weil er nicht nur die beste Zivildienststelle der Welt hatte – sondern genau genommen eigentlich den besten Job der Welt überhaupt. Als Zivi hat er 20 Monate auf einer Kegelbahn als Hausmeister gedient. Weil da einmal pro Woche Rollstuhlfahrer zum Kegeln kamen, war das eine anerkannte Zivildienststelle und wahrscheinlich der beste Ort, um sich dem Krieg zu verweigern.

Chaosboy hatte die Chuzpe, zu seinem Arbeitgeber, der Evangelischen Gesellschaft, zu stiefeln, um dort ein Auto zu beantragen, ohne das er seinen verantwortungsvollen Job nicht gewissenhaft verrichten könne.

Die EVA hat ihm dann einen roten VW Passat Variant vor die Kegelbahntür gestellt. Mit dem ist er immer zum Getränkemarkt, Bierkisten kaufen und hat alle seine Kumpels zum Kegeln eingeladen. For free. Für das Bier allerdings hat er Geld verlangt. Montag bis Donnerstag fanden dort dann wohl ziemlich ausschweifende Kegelabende statt, Freitags kamen die Rollstuhlfahrer. Und Käpt’n Chaos hat 20 Monate lang ganz gut nebenher verdient.

Und das während andere in der gleichen Zeit tagsüber am Steuer eines VW-Buses sogenannte milieugeschädigte Kids durch die Gegend gefahren haben und nachts in einschlägigen Rockschuppen für Bier bezahlt haben, statt dafür bezahlt zu werden.

In der Belinda war ich aber glaub nur ein- oder zweimal. Auf dem Nachhauseweg von Schwäbisch Hall liegt „sie“ aber ganz idyllisch am Wegesrand und lohnt einen Abstecher oder zumindest eine WhatsApp an die Daheimgebliebenen. Setzer schrieb sofort zurück „Bestell mir n Korea und wünsch dir Black Betty beim DJ. Ich bin auf dem Weg!“

Am besten sind wie immer im Leben die Internet-Einträge. Die Belinda selber behauptet da über sich , sie sei „die älteste Rockdisco Deutschlands“ – was mich ein bisschen wundert, weil ich dachte, das sei Setzer. Aber egal. Weiter beschreibt sie ihre ur-eigene Atmo mit den Worten „After-Work-Partys, Ü30-Nächte und Rockmusik im charmanten, etablierten Club mit Holzbalken und Ziegelwänden.“

Bis 2017 gabs dort wohl die Veranstaltung Thunder Thursday mit DJ Richi. Und Double Time auf alle offenen Getränke zwischen 21 und 22 Uhr. Und mehr muss man nicht wissen, finde ich.

Und die Backnanger Kreiszeitung schrieb kürzlich unter dem Bild eines kleinen Baggers, der auf der Belinda-Tanzfläche steht: „Der Bagger kreist auf der Tanzfläche“. Pure Poesie. So fangen eigentlich WIR SIND HELDEN Songs an. 

„Momentan wird die Einrichtung baulich auf Vordermann gebracht. Für die Jubiläumssfeier am 6. Juni nimmt DJ Andy bereits Musikwünsche an“ – und die Frage ist: gilt ’spiel mal was Fetziges‘ schon als Musikwunsch?

Dachte sich auch deutscherockbarbie1981 und schreibt ins Internet: „ab gehts ins Belinda.“ Was in zweierlei Hinsicht bemerkenswert ist, weil erstens INS Belinda. Also das Belinda und nicht die. Und zweitens Deutschrockbarbie.

Wie geil sind eigentlich Rezensionen von Rockdiscotheken? Und wenn ja, wer schreibt sowas ins Interweb?

„Falls ihr nicht vom Gesicht oder Charakter her passt, fliegt ihr raus„.

„In die Jahre gekommene Disko, eher für Einheimische“

„War sehr gut, jedoch gab es bei der letzen Jugenddisko einen schlechten DJ der kaum Musik hatte, jedoch war sonst immer die Jugend Disko gut.“ 

Ein DJ, der kaum Musik hat – das ist natürlich ein bisschen ein KO-Kriterium. 

Nach 38 Jahren immer wieder Klasse“ findet Bernhard B., der auf seinem Profilbild eine Klaus-Meine-Gedächtnismütze trägt. Weil er nach 38 Jahren darunter vermutlich auch eine Klaus-Meine-Gedächtnisglatze trägt? 

Weiter unten bringt es Ebi auf den Punkt: „BÄRENSTARK“

Und Julia sagt: wer in der belinda rausfliegt ist mit verantwortlich.

Lifegoals & Couplegoals: einmal so stramm sein, dass man aus die belinda rausfliegt. 

Aber dann kann man immer noch ein paar hundert Meter weiter hier hinreiten:

Wenn man denn noch reiten kann. Scheint auf jeden Fall eine 5-Sterne-Ranch zu sein, sagt auch in diesem Fall die Google-Rezension: „Super hilfsbereit! Hat mich in der Not noch dazwischen geschoben und sich trotzdem ausführlich Zeit genommen!“ 

Und genau das will ich bitte einmal im Leben von der Belinda lesen.

Und als ich meinem Freund Setzer am Ende eines wirklich schönen Ausflugs noch dieses Foto schicke, da antwortet er blitzschnell:

„Da ziehen wir hin, die haben alles!“

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