KTV Motorblog: 24-Stunden-Rennen am Nürburgring

Am letzten Wochenende war ich mit drei Kumpels wieder am Nürburgring beim 24h-Rennen. Zum dritten Mal. Das ist im Prinzip wie Southside oder Rock am Ring, nur mit Autos statt Bands. Kein Witz.

Doch von vorne: Freitag gemütliche Anreise per Auto, Micha, Robert und ich, in Frankfurt gabeln wir Carsten auf. Nach zwei Mal Bekanntschaft machen mit dem Eifelwetter sind wir bestens gerüstet: Winterjacke, Sommerjacke, Regenjacke, wasserfeste Wanderstiefel, Wanderrucksack, Radio, Taschenlampe, Ersatzakku fürs Handy. Carstens Ausrüstung besteht wie gewohnt überwiegend aus Fotoequipment. Will ja dokumentiert werden, so ein Ausflug.

Am Ring angekommen beziehen wir unser Quartier in unserer gemütlichen Stamm-Pension. Natürlich könnten wir auch zelten. Klar, wir hätten auch die 450 km mit dem Fahrrad hinfahren können. Und außerdem sind wir zu alt für sowas.

Schöner Auftakt am Freitagabend ist wie schon im letzten Jahr die Driftchallenge-Vorführung in der Müllenbachschleife (so heißt eine Kurve der Nürburgring-Grand Prix-Strecke). Die Driftchallenge ist eine deutschlandweite Serie, in der es tatsächlich darum geht, möglichst schön mit dem Auto zu driften. Hab ich mir in Hockenheim schon paar mal angeguckt.

Hier jetzt aber keine Challenge, sondern ein reiner Showact. Und wir stellen fest: Niemand kann so schön driften wie die Holländer. Sollten sie vielleicht mal mit Wohnwagen hinten dran probieren. Höhö.

Der Vergleich mit Rock am Ring hinkt übrigens insofern nicht, dass die Zeltplätze rund um die 20km lange Nordschleife des Nürburgrings auch hier bereits eine Woche vorher belegt sind und ein Teil der Leute schon entsprechenden Pegel und Laune hat. Wie dieser Kamerad, der es dann tatsächlich schafft, die komplette, nicht gerade kurze Tribühne rund um die Müllenbachschleife zu einer La Ola zu animieren. Danach ist er zwar heiser, aber der Erfolg gibt ihm recht.

Das Programm ist für diesen Tag zu Ende, also fahren wir zu unserem Stamm-Italiener Giulia nach Breidscheid. Der ist nicht nur direkt an der Rennstrecke gelegen, sondern bietet, wie wir seit Jahren wissen, überaus leckeres italienisches Essen zum fairen Preis. Und den schlechtesten Service südlich von Köln, wie wir uns spontan erinnern. Das Personal wurde zwar für den Event aufgestockt, aber nicht nur das 15-köpfige dänische Rennteam am Nebentisch machen Giulia und ihrer Familie schwer zu schaffen.

Samstag, 8 Uhr, 7° C, die Frisur sitzt. Als echte Fans stehen wir um halb 8 auf, um nach einem würdigen Frühstück pünktlich zum ersten Rennen auf der Mercedes-Tribühne zu sitzen. Mit Winterjacke und Wollmütze. Im Rahmenprogramm fahren gleichzeitig Autos der Mini Challenge, des Seat Leon Supercopa und des Renault Race Festivals. Ja, auch sowas kann spannend sein, und dank feuchten Wetters gibt es auch einige Dreher.

Die Zeit bis zum nächsten Rennevent im Rahmenprogramm, dem Porsche Carrera World Cup, vertreiben wir uns aufgrund zunehmenden Regens in der Nürburgring-Erlebniswelt. Hier wurde vor ein paar Jahren ein riesiges Areal aus dem Boden gestampft, mit Partydorf, spektakulärer Achterbahn (die nie in Betrieb ging) und Gastro- und Eventhalle. Dank erheblicher Fehlplanung und noch erheblicherer Mauscheleien in Vorstand und Politik ist das alles aber eher ein Flop. Aber egal, Hauptsache warm.

Dann steht ein wichtiger Punkt in der Tagesplanung an: Wo schauen wir den Start des eigentlichen 24h-Rennens an? Bisher war immer Breidscheid unser Stammplatz, aber davon sind wir zu weit weg. Also erst mal an der Grand-Prix-Strecke bleiben, was den Vorteil hat, dass wir den Open Pitwalk mitnehmen können, das heißt wenn alle Autos bereits in der Startaufstellung sind kann man in der Boxengasse rumlaufen und sich die Autos mal von Nahem angucken.

Dann geht’s los, und wir sitzen pünktlich um 16 Uhr bei inzwischen angenehmen 9° C und strömendem Regen auf der nicht überdachten Tribühne. Das müssen echte Fans sein. Kurz zum Sport: Spannend in diesem Jahr ist, ob das Team Manthey nach viel Pech im letzten Jahr mit seinem Porsche 911 RSR den 5. Gesamtsieg in 6 Jahren schafft, ob das BMW-Team vom letzten Jahr den Titel verteidigt, ob der im letzten Jahr zweitplatzierte Ferrari durchhält, was die zum ersten Mal teilnehmenden Mercedes-Benz SLS AMG reißen und wie sich Audi mit den zahlreich antretenden R8 macht.

Uns interessiert auch, ob unser persönlicher Freund (not!) Tim Schrick mehr als eine Runde schafft. Ist unser Running-Gag: Tim Schrick ist der Typ von DMax, der zwar Auto fahren kann, aber immer eine zu große Fresse hat und bisher am Nürburgring vor allem dadurch aufgefallen ist, dass seine Autos bereits nach wenigen Runden kaputt sind. In diesem Jahr startet er zusammen mit Smudo, der ebenfalls noch nie mehr als ein paar Runden geschafft hat. Ihr VW Scirocco fährt mit Bio-Diesel und fällt nach einigen Runden technisch bedingt aus.

Weil 24 Stunden lang sind – die Autos fahren wirklich 24 Stunden ununterbrochen, 3-4 Fahrer pro Auto wechseln sich ab – beschließen wir, unsere gute Ausrüstung auszunutzen und einen längeren Fußmarsch zu starten, denn die komplette 20 km lange Nordschleife ist von Wander- und Radwegen umgeben. Von der Grand-Prix-Strecke nach Breidscheid, ca. 10 km, das ist der Plan.

Der Plan ist gut, auch wenn ich anfangs etwas skeptisch bin – denn zwar hat der Regen inzwischen fast aufgehört, aber wie immer sind die Wege komplett matschig, und es ist bereits halb 6. Aber was soll’s, Männer halt.

Das Schöne an solch einem Marsch ist, dass man nicht nur sehr nah an die teils spektakulären Kurven des Nürburgrings kommt, sondern dass man auch an den Campingplätzen vorbeikommt. Riesige Zelte mit Bar und Dusche, meterhohe Baugerüste für besseren Blick auf den Ring, Hektoliter-Biervorräte für 5 Tage Vorglühen und 24 Stunden Action, und vor allem Matsch.

Unser Plan geht auch insofern auf, dass es bereits dunkel ist, als wir in Breidscheid ankommen, und Autos mit 500 PS, die nachts mit Vollgas über eine Kuppe in nicht einsehbare Kurven fahren – das ist schon spektakulär. Das blaue Licht bekommen übrigens die 30 Bestplatzierten aus dem Qualifying, das anzeigt, dass da ein sehr schnelles Auto kommt.

Das Besondere am 24h-Rennen ist nämlich auch, dass in verschiedenen Klassen sowohl werksseitig hochgezüchtete „Rennboliden“ (ein super Wort) teilnehmen als auch Kleinwagen wie ein Renault Clio, ein VW Golf oder ein Opel Manta, seit Jahren der Publikumsliebling.

Unverletzt kommen wir also in Breidscheid an. Meine App zeigt 28,22 gelaufene Kilometer an. Ups, da sind wir vor dem langen Marsch wohl doch noch einiges mehr gelaufen. Wir beehren einmal mehr Giulia, das Essen ist wieder gut, der Service ist noch schlechter, aber wenigstens gibt’s nen Espresso umsonst. Mit dem kostenlosen Shuttlebus geht’s zurück zur Grand-Prix-Strecke und gegen halb 2 ins Bett.

Sonntag, 8 Uhr, 15° C, die Frisur hält. So, was nun? Die Sonne scheint, es ist schon morgens angenehm warm, aber wir kennen die Eifel. Also Pulli anziehen und Regenjacke und kurze Hosen in den Rucksack. Man weiß ja nie.

Ab zur Grand-Prix-Strecke, kurz den aktuellen Stand des Rennens angucken und dann die sprichwörtliche Marschroute für den Tag besprechen. Die eine Hälfte des Rings haben wir gestern abgelaufen, also geht’s heute in die andere Richtung. Der Plan ist, mit dem Bus bis zum Brünnchen zu fahren und von dort wiederum nach Breidscheid zu laufen.

Da die Zeit aber schon fortgeschritten ist und wir nach Ende des Rennens schnell weg wollen wird der Plan geändert: Wir fahren zum Brünnchen und laufen zur Grand-Prix-Strecke zurück. Und das bei inzwischen 25° C und strahlendem Sonnenschein. Hab ich eigentlich schon das Eifelwetter erwähnt?

Pünktlich zum Zieleinlauf sind wir dann auch tatsächlich wieder am Start und suchen uns ein schnuckliges Plätzchen. Der Rest ist relativ unspektakulär, darum kurz zum Rennergebnis: Manthey hat es tatsächlich geschafft und den 5. Gesamtsieg in 6 Jahren eingefahren, der letztjährige Sieger BMW kommt auf den 2. Platz, dann ein paar Audi, der Ferrari und ein Mercedes, mein heimliche Favoritin Sabine Schmitz auf einem guten 9. Platz.

Die Vorbereitungen für unseren Trip im nächsten Jahr laufen übrigens schon, und wir nehmen noch Leute ins Team auf – Bewerbungen bitte an stuttgart@kessel.tv. Festes Schuhwerk und Regenjacke Voraussetzung.

Alle Fotos von Carsten Lindstedt

Und hier noch ein Video wie das von innen aussieht:
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=OxUFkjDXZRE&feature=related[/youtube]

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4 Comments

  1. says: Peter

    Ein weiterer Unterschied zu Musik-Festivals dürfte der Frauen-Anteil sein, oder? Aber das spielt ja meistens ab nem gewissen Alter auch keine Rolle mehr…

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