Back to Schwäbisch Gmünd: Halbmarathon

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(Alles beim Alten: G21 wird gebaut) 

Brave Läufer kommen in den Himmel, böse Läufer überall hin. Nach Gmünd zum Beispiel. Und das ohne böse zu sein. Weil letzten Sommer hab ich mich ein bisschen verliebt, auch wenn wir uns nur eine halbe Stunde gesehen haben. Mit der Fernbeziehung hat es nicht so richtig geklappt, sie ist eher schwerfällig und bewegt sich nicht so gerne vom Fleck, also muss ich zu ihr kommen und das bei jeder Gelegenheit, die sich bietet.

Wobei: Fürs Rennrad bin gerade noch zu weich und einfach so nach Gmünd fahren macht man auch eher nicht. Und mal ganz ehrlich, wenn sie nicht zu mir kommt, dann muss ich ihr nicht hinterherrennen. Außerdem hab ich gar kein Auto und im Regionalexpress gibt es keine Sportbar mit Sky. Deswegen war ich von Agent Olsens Idee schnell begeistert, man könnte doch Mitte März den Halbmarathon in Schwäbisch Gmünd laufen. So als Start in die neue Saison, in der ich wieder etwas mehr angreifen will.

Diesen Angriffsplan haben wir Ende November gefasst, da war März noch lange hin und der Winter mit den wenigstens Sonnenstunden seit der Erfindung der Sonne und sowieso aller Planeten und die nicht abklingen wollende Grippewelle noch vor uns. Das alles haben wir zwar immer noch nicht überwunden, dafür gab es wenigstens am Samstag Sonne satt, zumindest am Treffpunkt Neckartor, Neckarstraße 150 Meter reinlaufen, Ecke beim Feinkostenladen. Huch, da ist ja eine Kirche.

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Noch nie gesehen, Konfession unbekannt, bin nicht hochgelaufen, im Zweifel was mit Religion. Erst am Samstag wurde ich gefragt, ob ich – wenn vielleicht nicht gerade an Gott – an irgendetwas Überirdisches oder Spirituelles oder so glauben würde. Als ich noch ein Xing-Profil hatte, stand unter dem Punkt „Ich glaube:“ folgendes: „… an DJ Emilio und Kutmaster Krupa“.

Bin da halt echt nicht so, tut mir leid. Hab aber schon mal einem Pfarrer empfohlen, einen Blog zu machen, wenn er wirklich Bock hat einen gescheiten Blog zu machen, so lange manche seiner geistig limitierten wie verwirrten Kollegen das Netz mit menschenverachtender Drecksscheiße vollfluten. Ansonsten glaube ich vor allem daran, dass ich für das Jahr 2011 wieder zu viel Kirchensteuer gezahlt habe. Austreten kann ich aber wiederum meiner Mutter zuliebe nicht. Geht echt nicht. Und sie ist noch nicht mal tiefreligiös.

Irgendwann erzähl ich euch die Geschichte von der Rebecca im Firmunterricht, scharfe Braut, aber dies ist eine Geschichte von drei wackeren Läufern, einer eingeschworenen Truppe, die voller Ehrfurcht und Respekt aber ohne Angst nach Schwäbisch Gmünd fuhr, um einen Halbmarathon zu laufen.

Zurück zur Ecke Feinkostladen, Olsen kommt in seinem Kombi vorgefahren, immer noch bestes Kennzeichen aller Zeiten: S-UR etc. Wer das entcodet bekommt ein Knutscher mit Schnupfen von mir. Aus Richtung Kirche kommt derweil Mitläuferin Tania zum Treff, schon ready in Leggins, ich hingegen hatte meine beste Jogginghose über die Lauftights gezogen und meine gute Die-kann-sich-gerne-im-Clubdreck-suhlen-Jacke an. Immerhin will man gut aussehen, wenn man die Affäre in der Ferne besucht.

Freie B29, aus dem Remstal wird die bewaldete Ostalb und großes Herzklopfen bei der Einfahrt, wie das halt so ist, wenn man noch Schmetterlinge im Bauch hat und voll verliebt ist. Natürlich musste ich während der Reise ein, zwei mal dezent einstreuen, dass ich, Ram die Maschine, letztes Jahr schon mit dem Ramrad in Gmünd war. 130 Kilometer hin und zurück. Stolz wie Bohlen. Und noch glücklicher aber bei der Wiedereinfahrt in Cannstatt.

Das war auch der Tenor im Auto: Lass uns so schnell laufen, dass wir wieder bald zu Hause sind. Nur mit dem schnell laufen ist das gerade so eine Sache. Der Plan war, die ersten 10,5 Kilometer zusammen zu laufen, bzw. in einer Stunde elf Kilometer zu absolvieren und bei Kilometer 14 entscheiden, wer noch was drauflegen kann.

Tania wollte unter zwei Stunden bleiben, ich wusste überhaupt nicht, unter was ich bleiben wollte und ob ich überhaupt etwas drauflegen könnte. Zusätzlich machte Bernd noch Druck via Whatsapp, er würde gerne eine Zeit unter 1:45 sehen, schrieb er.

Zur Info: Ein Halbmarathon geht über 21,1 Kilometer (ich halt euch garantiert nicht für doof, aber man wird wirklich sehr oft gefragt, wie lange ein HM sei) und 1:45 Stunden ist eine Zielzeit von einigermaßen ambitionierten Läufern – nach der Zwei-Stunden-Marke – und bedeutet, dass man pro Kilometer fünf Minuten braucht, der sogenannte „Fünferschnitt“.

Die überambitionierten Runner wollen hingegen gerne die 1:30 knacken und die Oberchecker, die in den richtig stabilen In-Memory-Of-Leichtathletik-WM-1993-Outfits, die 1:25, wenn nicht sogar die 1:20. Hochgerechnet auf einen ganzen Marathon heißen die Ziele vieler Hobbyläufer wahlweise unter vier Stunden, unter 3:30 Stunden oder unter 3 Stunden. Letzteres war auch einst mein großes Ziel, das ist allerdings fünf Jahre her und ist mir damals um 9 Minuten verwehrt geblieben.

2013 wiederum sind 21 Kilometer eine recht lange Distanz. Also nicht, dass die mich killt, aber die Form ist doch eher schlecht. Gerade die letzten zwei, drei Jahre hab ich gut abgebaut, dazu kam noch der Zehenbruch Ende 2011, letztes Jahr ging eigentlich durchweg „gar nix“, nach und nach hab ich die Kilometerzahl fahrlässig runter geschraubt.

Dieses Jahr steht also die körperliche Optimierung an, ist prinzipiell kein Problem, weil macht man nicht zum ersten Mal, aber unter dem Startwimpel von Gmünd alles noch nahe Zukunft.

Am liebsten hätte man in der Sporthalle eher eine von den riesigen Stullen verdrückt. Die belegten Weckle in Gmünd sind definitiv noch ehrlich herrlich groß und überaus fairpreisig, weil, der Spruch muss kommen und kam auch am Samstag, hier ist die Welt halt noch in Ordnung. In der Halle dröhnte so etwas wie HipHop und auf der Bühne standen schön aufgebahrt die Preise für die Sieger, darunter ein paar Gläser selbst gemachter Honig vom ortsansässigen Imker.

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Ansonsten alles wie immer: Mehrere Hundert Laufhörschte pissen und kacken alle zu Verfügung stehenden Toiletten derartig voll, dass es in der ganzen Halle stinkt, was aber nicht die angeschwitzte wie losgelöste Stimmung dämpfte. Alle Nicht-Läufer essen Kuchen und freuen sich, dass es mal wieder Kuchen in der Sporthalle gibt, die Pros analysieren derweil die Laufstrecke, richten ihre Startnummer ordentlich und wir freuten uns speziell darüber, dass auf der Straße ein Auto mit „End Of Green“-Kleber auf der Heckscheibe stand. Ob der Setzer auch heimlich mitläuft?

Beim KTV-Gruppenfoto war er jedenfalls nicht dabei.

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(v.l.n.r.: Tania, Olsen, Ram)

Und nach nur einem Werbespot für die Kreissparkasse Ostalb und die Stadtwerke Gmünd geht es weiter mit dem Laufbericht, bleiben Sie dran, es wird unfassbar spannend!

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Da sind wir wieder. Der Startschuss war sehr laut, den Redner davor hat man hingegen nicht verstanden, hat aber wahrscheinlich auch nur der Kreissparkasse Ostalb gedankt.

Vorbei am Lidl und an vielen Einfamilienhäusern wurden wir raus auf den Radweg an der B29 geschickt. Auf einem etwas breiteren Abschnitt liefen wir kurzzeitig zu dritt nebeneinander. Links und rechts von uns waren locker Minimum fünf Meter Platz. Kommt von hinten tatsächlich so ein Volltrottel, der ganz easy an uns hätte vorbeimarschieren können, aber lieber durch die Mitte wollte und von hinten rief: „Macht mal Platz!“ Haben den Depp natürlich prompt her beleidigt.

Ansonsten ging ges gut los, hatte tatsächlich – ohne es absichtlich forciert zu haben – den Fünferschnitt drauf. Tania und Olsen blieben weiter hinten, Olsen rief noch: „Geh!“ Also bin ich gegangen wie ein Uhrwerk, drei Kilometer in 15 Minuten, vier Kilometer in 20 Minuten, fünf Kilometer in 25 Minuten und so weiter bis zum Wendepunkt.

Normalerweise gestaltet man bei so Wettläufen gerne einen Rundkurs. Die Gmünder sind da wesentlich pragmatischer. Man misst ab dem Start 10,5 Kilometer ab, stellt dann mitten auf dem Feldweg ein Schild hin, auf dem „Wendepunkt“ steht. Um diesen Pfosten dackelt man im engen Radius herum und geht die 10,5 Kilometer einfach wieder zurück.

Hat den Vorteil, dass man schon ein Gefühl für die Strecke hat und und den Nachteil, dass dir jede Menge schnellerer und auch einige ältere Menschen entgegen kommen. Das war am Samstag kurzfristig demotivierend, langfristig hat das sehr beruhigt: Als Hobby in den Mittdreißigern hat man noch einige gute Jahre mit – je nach Training – guten Zeiten vor sich. Mehr gestresst hat mich da schon dieser Jungspund vor mir in seinem Tigerfellkostüm. Mit Schwanz hinten. Gibt immer so paar Verkleidungs-Scherzkekse bei so Läufen. Als ob man nicht schon genug Polyester-Klamotten (atmungsaktiv, genau) voll schwitzen würde.

Ist ja aber ein Spass ge, und wenn es immer so einfach wäre wie am Samstag, haha. Nee, hab dann ab circa Kilometer 15 doch pro Kilometer immer so 15, 20 Sekunden verloren und das während des Wettkampfs gefasste Ziel von 1:45 Stunden bröckelte langsam aber sicher weg. Da fehlt ihm einfach noch die Kraft hinten raus, würde der Sportreporter sagen. Wurde dann noch 1:47.

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Auf der einen Seite meine schlechteste HM-Zeit ever, auf der anderen Seite kann man darauf gut aufbauen. Danach Banane, Iso-Wasser und Badewanne. Auf der Nachttour passend zum Tag noch unsere Gastautorin Selina getroffen im Cue, und prompt die Schwäbisch Gmünd-Hymne zur Begrüssung gesungen. Und die geht so: Man brüllt einfach so laut es geht „Schwäbisch Gmünd“. Gmünd, I love you, but you´re bringing me down. Ich komme noch mal, schwör. Und dann bring ich alle mit.

Danke an Olsen und Tania fürs Fahren und Mittlaufen, viel Erfolg dem Olsen beim HM in Lissabon am kommenden Wochenende und für alle anderen noch ein kleiner Veranstaltungstip für den nächsten Samstag, falls Sie in der Nähe sein sollten, Arwen aus Herr der Ringe kommt nach SG.

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10 Comments

  1. says: Selina

    Ach Ram, da geht ja mein Herz auf, wenn Du so über Gmündi schreibst.

    War übrigens schon schrecklich traurig dass nur 1/3 Kessel.tv-DJs am Fr im Rocker waren, Setzer hat euch aber gut vertreten.

    Bis bald. Schwäbiiiiiiiischhhhhh Gmüüüüüüüüünd!

  2. says: Selina

    am wendepunkt haha …
    ich wollte ja wirklich kommen, ganz ehrlich! aber mama ist dann doch nicht gerannt („fuß kaputt, mach i halt d ostalbmarathon“ älles klar)…

    und respekt dass du dich noch an samstag erinnerst!! 😉

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