52 Albums/36: Deee-Lite „World Clique“

Deee_Lite-World_Clique

Heute wieder mal ein Album, das mir sehr am Herzen liegt. Doch zunächst eine kleine zeitliche Einordnung.

Anfang der 90er gab es ein relativ breit angelegtes Hippie-Revival, sowohl in der Musik als auch in der Mode. Also vom Ausmaß so ähnlich wie aktuell schon viel zu lange das 80er-Thema.

Für mich persönlich war das an sich ein ganz cooler Lebensabschnitt – von der Realschule aufs WG gewechselt, am Wochenende viel in den Dorfdiscos unterwegs, Freundeskreis aufgebaut, mit dem andern Geschlecht lief’s ganz gut, in der Schule auch – ich war zufrieden.

Und in Sachen Mode ließ ich mich voll und ganz aufs Thema ein – mit Cord-Schlaghosen, Fellweste und Väth’schem Häkelkäppi, das ich mir eigens von meiner Mutter habe anfertigen lassen. Die wenigen aus der Zeit vorhandenen Bilder werden niemals an die Öffentlichkeit gelangen.

Musikalisch und auch Outfit-mäßig fuhren damals auf diesem Trend einerseits Gitarren-Acts wie Lenny Kravitz, Spin Doctors („Two Princes“) oder auch die unvermeidlichen 4 Non Blondes („And I say Eeeeeeeeeaah“) mit, andererseits aber auch Bands aus dem, ich nenne es mal, Urban-Bereich.

De La Soul hatten ja schon das „Daisy Age“ ausgerufen und Blumen aufs Cover gepackt, was neben eine Ice-T CD aus den 80ern gelegt doch die Message klar macht. Und auch der Rest der Native-Tongue Bewegung mit ATCQ, Queen Latifah und den anderen spielte bissle mit.

Besonders erwähnenswert im HipHop-Bereich natürlich auch die Dream Warriors mit dem Jahrhundert-Track „My Definition“. Vielleicht auch noch mal ein eigenes Album wert.

Um aber die Brücke zum hier thematisierten Album zu schlagen gab es dann noch eine kleine Crossover HipHop-/Dance-Strömung, von der neben den früheren Norman „Fatboy Slim“ Cook-Sachen (z.B. Beats International) vor allem die famosen Stakka Bo mit „Here We Go Again“ und natürlich Deee-Lite auf der Neo-Hippie-Welle mitgeschwommen sind.

Und da wären wir schon beim Thema. Deee-Lite. Zu „Groove Is In The Heart“ wird wahrscheinlich in 50 Jahren noch in Clubs und Altersheimen getanzt, doch zum Glück war die Band letztendlich doch mehr als nur ein One-Hit-Wonder.

Hinter Deee-Lite standen die Sängerin Lady Miss Kier, DJ Dmitry und Towa Tei. Miss Kier ist sicher eine der besten (und bestaussehendsten) weißen Dance-Sängerinnen ever, leider hat man von ihr nach Deee-Lite nicht mehr allzu viel gehört.

DJ Dmitry soll ein ziemlich guter DJ sein, allerdings bin ich Seggl bei der einzigen Party, bei der er meines Wissens in Stuttgart gespielt hat (irgendwo im Osten), gegangen bevor er angefangen hat – weil meine (weibliche) Begleitung nach Hause wollte. Grlmpf.

Was aus Towa Tei wurde wissen wir ja – er hat später in den 90ern ein paar der besten TripHop-Alben überhaupt veröffentlicht und ein paar brillante Remixe gemacht.

Das Album „World Clique“ ist eigentlich wesentlich unaufgeregter, als es die Mega-Single „Groove is in the Heart“ vermuten ließe. Eine Mischung aus astrein produziertem frühen Vocal House, noch mit satten Piano-Läufen, und Pre-TripHop bzw. typisch Anfang 90er Soul der Marke Soul II Soul.

Für mich gibt es auf dem Album auch nicht wirklich Tief- oder Höhepunkte – ich weiß nicht, wie oft ich es schon durchgehört habe, aber man kann es einfach wieder und wieder durchhören, ohne dass es im Ansatz nervt.

Interessant ist allerdings ein Blick ins Booklet: Dass der Rapper bei „Groove is…“ Q-Tip himself ist, weiß man ja spätestens aus dem Video. Und auch Funk-Legende Bootsy Collins sieht man im Video überdeutlich. Dass aber das kongeniale Duo Fred Wesley und Maceo Parker, in der Stammformation von James Browns Band maßgeblich an der Entstehung des Funk beteiligt, bei zwei Stücken mitspielen – das ist schon cool.

Nach dieser langen Musikgeschichtsstunde noch eine persönliche Anekdote am Rande: Mit dem Cover dieser CD bin ich mit 16 zum Dorf-Optiker gegangen und wollte so eine Brille wie Towa Tei haben. Der Optiker musste mir dann eigens eine schwarz einfärben, die zwar nicht ganz so cool war wie die von Towa Tei, die ich aber immerhin ca. zehn Jahre vor den meisten anderen Leuten hatte – und manche tragen ein ähnliches Modell noch (oder wieder) heute 😉

Und weil ich gerade so schön am Schwärmen war, hier noch drei Videos zu von mir oben erwähnten Tracks, ohne die ich vielleicht nie Lust bekommen hätte, DJ zu werden.

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11 Comments

  1. says: martin

    so ne brille wolltest du haben? goil 🙂 hab die platte leider nicht, klingt aber ganz hörenswert.

    dj dimitry war aber schon mehrere mal da – oder zumindest zweimal, meine ich. ich will nicht lügen, bin mir auch nicht ganz sicher, aber ich meine der uwe hat den mal in seinen donnerstags paradise club gebucht – ziemlich am anfang, als es noch den kleinen raum gab. bin mir aber nicht ganz sicher

  2. says: alx

    Unfassbar so langsam! Musikalische Deckungsgleichheit!
    Vielleicht noch Soul Asylum, Madness und Tote Hosen?? 😉
    Modisch war mein Highlight eine grüne 70er Lederjacke aus Köln für sage und schreibe 15 Mark. Darunter ein weißes (!!!) enges Rollkragenoberteil, original vom Vater. 100 % Plastik und nur Stunden tragbar. Stromschläge inklusive….

  3. says: JoeJoe

    Prima Beitrag, habe das Zeugs damals auch mit Liebe aufgelegt.
    Rauf und runter.
    Okay, zwischen Dee Lite und Stakka Bo liegen immerhin 3 Jahre, alles ein bissle zeitlich frei gewählt 🙂
    Mir fiel dann noch bei Dee Lite dazu Betty Boo ein mit den Beatmasters, The Shamen Pro>gen. Die fand ich ja soo genial 🙂
    Das ganze Rave Zeugs, Charlatans, Stone Roses, Soup Dragons…Mal bissle rumstöbern 🙂
    Komisch, aber damals war alles was dancable war auch irgendwie immer was Neues, nicht so wie heute.
    Schöne Zeiten

  4. says: Thorsten W.

    Naja, alles aus dem Kopf und ohne Wikipedia geschrieben 🙂

    Stimmt, Betty Boo passt auch wunderbar rein. Rave ist noch mal ne ganz andere Geschichte – The Shamen 1992 live im Oz: Hammer!

  5. says: JoeJoe

    Sei einfach ruhig 🙂
    Ich wollte unbedingt da hin ins weite Stg. und rief an, ob es noch Karten gäbe. Der Typ meinte nur, daß es noch wenige gäbe und zurücklegen ist nicht drin…
    Hm…nicht falsch verstehen, aber das liegt wohl eher daran wann Du angefangen hast zu spielen, oder ? 🙂

  6. says: Thorsten W.

    Naja, die Schlange war schon einmal um den Brunnen rum – aber reingekommen sind wir zum Glück 🙂

    Naja, ich hab das Zeug damals ja schon gehört, nur noch nicht aufgelegt. Und der von mir beschriebene Zeitraum hat sich wahrscheinlich mehr oder weniger in genau diesen drei Jahren bewegt – weil musikalisch kann man die Verwandtschaft kaum abstreiten.

  7. says: JoeJoe

    Glaube irgendwie auch, daß da jeder reinkam 🙂

    Ja, das kommt schon so hin. Das Hippierevival wurde eher groß proklamiert als Krawitz kam, in der Mode und so. Glaub ’93.
    Dee Lite waren schon Paradiesvögel und früher dran damals…
    Aber stimmt, war alles so ’90-’93.

  8. says: Whiskydrinker

    Das man von Lady Miss Kier nix gehört hat lag an der Tatsache, dass sie 8 Jahre lang keine Musik unter Lady Miss Kier veröffentlichen konnte. Dazu musste sie erst aus ihrem Plattenvertrag rauskommen.
    Ansonsten ist sie ist seit aber bis heute ziemlich regelmäßig als DJ unterwegs.

    Auf Soundcloud findet man regelmäßig Aktuelles von ihr.

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