When Doves Cry: R.I.P. Prince

prince

Und dann stirbt Prince.

Voll subjektiv: Lemmy, mir total egal. David Bowie, naja gut, da schluckt man einmal. Peter Lustig, traurig, wirklich. Phife Dawg, das war schon ein Brett.

Prince. Nee nee, das ist doch jetzt ein Fake, oder? Der lebt doch noch! Wie Elvis. Der hatte nur keinen Bock und hat sich zurückgezogen. Wobei, das hat er ja irgendwie schon immer, draußen in Minnesota.

Es gibt die (bekannte) Geschichte, dass (große) Zeitungen Nachrufe auf bekannte Persönlichkeiten, die in einem gewissen Alter und vielleicht schon etwas wackelig auf den Beinen sind, im System haben, weil es absolut im Bereich des Möglichen ist, dass die eher morgen als übermorgen die Rolltreppe egal wohin nehmen sollten.

Aktuelles Paradebeispiel: Helmut Kohl. 86. Offensichtlich nicht mehr ganz fit. Da hat die Süddeutsche und der SPIEGEL etwas vorbereitet. Garantie. Müssen sie nur raussuchen. Noch ein, zwei aktuelle Zeilen dazu und online damit.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass in keinem Zeitungssystem dieser Welt ein Nachruf auf einen 57-Jährigen lag, den die Menschheit, falls sie denn noch überhaupt etwas von ihm mitbekommen haben sollte, als ziemlich quieckfidel abgespeichert hat.

Es existiert ja dieses eine Prince-Bild im Kopf: Der Bühnenderwisch. Immer am Limit. Stundenlange Konzerte. Immer improvisiert. Drei Tage in Montreaux. Die ewige Jugend. Altert den Bildern nach ja auch wirklich gar nicht. Peter Pan. Peter Prince. So hört und liest man.

Ich hab ihn ja nie live gesehen. Es rächt sich in dieser Stunde kapital, dass ich 1992 – als 15-jähriger – nicht bei der Diamonds & Pearls Tour der Schleyerhalle war. Warum? Durfte nicht? Kein Geld? Papa wollte mich nicht begleiten? Ich weiß es nicht mehr.

4c-Printworks Angie hat, als wir in den frühen Nullerjahren im Medienhaus regelmässig miteinander zu tun hatten, immer wieder von DIESEM Konzert geschwärmt, damit ich mir immer wieder in den Arsch beißen kann.

Die Geschichte zwischen Prince und mir ist ziemlich einfach: Er war mein erstes Idol. Mein erstes Vorbild. Ich wollte so sein wie er. Hab sogar irgendetwas mit Paisley Muster gehabt. Symbole aufm Schulordner sowieso. Und ziemlich flaumige, ähm, Kotletten.

Ich war beeindruckt von diesem Wesen, der scheinbar alles so locker lässig im Griff hatte, die Musik, die Bühne, die Videos, die Girls, die Boys, MTV, immer smart und cool. Ich habe keine Ahnung, ob sich Mama und Papa damals Sorgen machten, weil ihr Sohn einen Musiker gut findet, der das Geschlechterding ziemlich durchgespielt hat, von Barock bis Strumpfband.

Wenn du anfängst, dich intensiv mit (allerlei) Musik zu beschäftigen, also spätestens mit dem Satellitenschlüssel-Upgrade des Elternhauses im Jahre 1991 und dem damit verbundenen – hier schon oft erwähnten – für meine Generation immens wichtigen MTV-Einfluss, dann hat das heilige Prince-Wortquartett „produced, arranged, composed and performed“, hinten auf den CDs und Platten, eine mystische Anziehungskraft auf dich. Wow, was der elles kann und sowieso circa 95 Instrumente spielen!

Von 1978 bis 1992 einmal im Jahr ein Album! Und bis 2015 nochmals knapp 20! Und weiß der Teufel, was da jetzt noch alles rauskomt, wenn die bucklige Verwandschaft, sollte er denn eine haben, den Tresor öffnet! Da schaut Mama 2Pac alt aus, denn die müsste langsam keine Tonbänder mehr aufm Speicher haben!

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Das war auch der Punkt, weswegen ich Prince MJ immer (leicht) vorzog – Output nonstop,  Songs satt, kein Scheiß dabei, öfters gut bis unfassbar. Diese Songs! Wo fängste da an? Erotic City? 1999? U got the look? Alphabet St? Cream? Raspberry Beret? Money Don´t Matter Tonight?

Lieblingsstück und gleichnamigens Lieblingsalbum, is ja wohl absolute Ehrensache: Sign O‘ The Times. Hier schon alles zu gesagt. When Doves Cry – mit dem legendären Produktionskniff auf die Bassline zu verzichten – muss immer. Beziehungsweise muss ich immer.

Ironischerweise hört für mich die Prince‘ Diskografie in den Jahren auf, in denen ich mich mit ihm richtig auseinandergesetzt. 1991, 1992. Danach war ich raus. Labelstress, Symbol, Tafkap, Batschkap, wirsch ja blöd im Kopf, ade.

Ich war kein guter Fan, zugegeben, aber ich war jung und es gab noch viel anderes zu entdecken. Dire Straits zum Beispiel. Ja, Spaß. Techno eher. Und dann Techno mit HipHop. Prince hat mein Abgang natürlich nicht geschadet. Gerade in den Nullerjahren hatte er in seiner Heimat nochmals große Erfolge, inklusive Platz 1 und Super Bowl Halbzeit-Gig.

2004/2005 haben wir gerne „Musicology“ im 12inch/Romy S. gespielt, aber was war dazwischen und danach? Vor einigen Jahren lag in einem Magazin – war es der Rolling Stone? – exklusiv ein Prince-Album, das habe ich ab und zu durchlaufen. Das war natürlich qualitativ völlig in Ordnung, aber im Kopf geblieben ist nichts davon.

Man las hin und wieder Artikel, dass dieses oder jenes neue Prince-Album „an die alten Prince-Tage anknüpfen“ würde, aber geholt hab ich es mir deswegen trotzdem nicht.

Dafür vor gut 10 Jahren circa 30 Prince-Maxis, bestens erhalten, für gut 30 Euro auf Ebay. Der Typ, von dem ich die ersteigert habe, hat dann auch noch zufälligerweise unten in der Adlerstraße gewohnt, Versandkosten gespart, verstehsch. Ja weisch, meinte er, Kind is da und er höre das Zeug nicht mehr. Ja gut, ihn nehme sie dir gerne ab. Das war vielleicht der beste Ebay-Deal meines Lebens.

Es gibt noch ne andere Geschichte zwischen Prince und mir. Die heißt Geschwisterliebe. Meine Schwester mochte den auch. War ne zeitlang unser einzig gemeinsamer Nenner, wie das halt so ist, wenn man jung ist und sich ständig rumzankt. Du blöder Bruder, du blöde Schwester. Normal. Auf Prince konnten wir uns einigen. Gut, auf MJ auch.

Nur war ich immer sauer, wenn sie meine Platten schlecht behandelt hat. Vor allem meine Sign O The Times Copy. Da hab ich geflucht, wenn sie da die Ecken vermackt hat. Jahre später, längst bei Eltern ausgezogen, wir waren groß, sie erwachsen, ich vielleicht immer noch nicht, hab ich die ihr zu Weihnachten geschenkt. Damit sie ihre eigenen Cover-Ecken verranzen kann.

Immer wenn ich einen Prince-Song spiele, am Ende des Abends, sehr selten leider mittlerweile, dann kommt das alles wieder hoch. Jetzt sowieso. Denn dann stirbt Prince und das kann doch eigentlich gar nicht sein.

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13 Comments

  1. says: stegoe

    1992 ging mein Konzertkarten-Budget wahrscheinlich schon komplett für Guns’N’Roses drauf, ich weiß sonst nicht genau, warum ich damals nicht schon auf dem Konzert war. Ende 1998 wurde dann aber ja bereits ein paar Jahre schon eigenes Geld verdient, das Budget war größer, und als recht kurzfristig die Orte für die „New Power Soul Tour“ anberaumt wurden war Stuttgart einer der drei deutschen Termine. Nicht Berlin, nicht Hamburg, nicht München. Fuck yeah, let’s go crazy, Purple Christmas am 2. Weihnachtsfeiertag.

    An viele Details des Konzertes kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Im Vorprogramm spielte auf jeden Fall Funk/Soul-Legende Larry Graham, der bei zwei Songs von Prince unterstützt wurde (er kam einfach raus, spielte im Hintergrund Gitarre mit und ging dann wieder). Es war aber auf jeden Fall beeindruckend. Beeindruckend wie gut die einzelnen Musiker waren, nicht nur Prince, der dann natürlich immer und zu Recht im Mittelpunkt stand, singend, an der Gitarre, am Piano. Beeindruckend aber auch mit welcher Professionalität da zu Werke gegangen wurde, es trotzdem aber nicht steril wirkte. Man hatte immer den Eindruck, dass da ein Typ auf der Bühne steht, der Bock hat genau da zu stehen und seine Songs zu spielen.

    „Die offizielle After-Show-Party findet im Alten Schützenhaus statt“ war dann nach dem Konzert die Ansage in der Halle (kann man auf der Bootleg-Aufnahme die es von diesem Konzert auch gibt auch noch ganz am Ende kurz hören). Natürlich hin, die Geschichten über Prince-After-Show-Parties sind Legende, von mehrstündigen Jam-Sessions in kleinsten Rahmen hörte man immer wieder, wenn der Meister in Spiellaune ist und der Rahmen im passt. Hat dann nochmal ’nen Zehner oder so gekostet, so voll gepackt das es sprichwörtlich aus allen Nähten zu platzen drohte. Hier erinnere ich mich noch an den DJ, der die Stunden der Wartezeit (man bedenke, man hat die Hütte voll mit Prince-Fans) mit der mehr oder weniger üblichen Schützenhaus-Mixed-Music beschallte und dann ausgerechnet mit „My Name is Prince“ den einen Prince-Song spielte, den man wenn der Künstler persönlich anwesend ist nicht spielen sollte (denn er nannte sich zu der Zeit ja gerade eben nicht mehr Prince sondern „The Artist“ oder wie man auch immer das Love-Symbol ausspricht). Nach einer gefühlten Ewigkeit kam er dann auch mal auf die Bühne, bekleidet mit einer Art weiter Jacke/Umhang, Schuhe mit (natürlich!) hohen Absätzen und einem Pimp Cane. Er winkte kurz in die Menge, reichte dem DJ eine (so wie ich es erkennen konnte selbstgebrannte) CD. Ein Remix von ’1999’ mit Drum’n’Bassigem Beat. Nochmal winken, sich kurz feiern lassen. und dann war er und sein Entourage auch wieder weg. Leider kein After-Show-Gig, aber egal. Man hat eigentlich nichts bekommen, der Remix war auch eher so naja, aber irgendwie war es trotzdem eine lustige Erfahrung.

  2. says: Herr Cut

    Wem heult man eigentlich in 10 Jahren hinterher (oder gar 20 oder 30)? Einem Justin Biber oder Steve Aoki? Ich habe so das Gefühl das es keine Ikonen oder Vorbilder über längeren Zeitraum mehr gibt. One Hit wonder am laufenden Band
    In 10, 20 oder 30 Jahren hat man nicht einmal mehr was vom Album vom One Hit Wonder, weil die MP3 auf der 100TerraBite Festplatte irgendwo in 0en und 1en aufgelöst verschwunden ist.
    R.I.P Prince und viel Spaß mit der MegaBand im irgendwo

  3. says: martin

    an die tour kann ich mich null erinnern, stegoe, aber coole story! der arme schützenhaus dj 😉

    und hannes, genau um das gehts in dem süddeutsche link weiter oben.

  4. says: Schwester

    Für dich war er das erste Idol, für mich die erste Liebe. Michael war dagegen ja soooo langweilig. Nun bin ich traurig. Wenn ich irgendwann mal wieder ausgehe freue ich mich auf einen Prince-Song am Ende des Abends.

  5. says: Gila Albracht

    1999 war meine Einstiegsdroge Anfangs der 80er. Auf drei Konzerten war ich. Hat man das versäumt wenigstens Konserve anschauen. Wie alle Genies war er seiner Zeit weit voraus. Das verunsichert die Menschen; wer nicht komplex denken kann ist damit überfordert. Was haben sich die Leute über ihn lustig gemacht, da sie ihn nicht verstanden haben!

    Nicht nur seine 21 Musikinstrumente, die er sich selbst beibrachte, ein Marketing-Genie war er zudem. Crystal Ball gab es nur via Internet – Warner hatte ihn seiner Ansicht nach versklavt, die Rechte an seinem Schaffen nicht zugestanden. Zurück bei Warner hat er eine neue CD einfach via Roling Stone-Beilage verkloppt. Ohne kreativ zu sein konnte er nicht leben. Gedankenrasen und unendliche Ängste, Schmerz, auch über das Anders-Sein haben uns zu einem tiefen Glauben „verführt“. Irgendwann kann man sich rational nicht mehr erklären, warum man noch lebt, wo man von „Normalen“ Menschen nicht verstanden und ausgegrenzt wird. Gestorben ist er letzten Endes an den unendlichen Schmerzen, die er nicht mehr ausgehalten hat – wie so viele. Das führt zu Depressionen und man sieht irgendwann keinen Ausweg mehr.

    Wenn ich am Verzweifeln war hatte ich seine Musik, die mir bewies, das weiterleben macht einen Sinn. Natürlich werdet ihr mich jetzt als Spinner bezeichnen und mir nicht glauben. Das Leben verändert sich elementar, wenn man Nahtoderfahren ist, mit einem Fuß im Jenseits steht. Ich kenne mittlerweile zu viele, denen es ähnlich geht. Die genau spüren, wann welcher Tote auf einen achtet. Manche sehen diese sogar.

    Verlässt die Seele den Körper herrscht keine Schwerkraft mehr und die Zeit vergeht somit nicht mehr. Ich bin mir sicher, im Jenseits all diejenigen zu treffen, die ich hier nicht kennen lernen konnte. Das tröstet ungemein! Philosophieren, musizieren und tanzen mit denjenigen, die mir jetzt so sehr fehlen!

    Mir ist so viel passiert, was absolut unerklärlich ist. Ich denke, ihm ging es ähnlich.

    Mein Ex-Mann war DJ und hat oft aus Liebe für und zu mir Prince aufgelegt. Ich kann nur hoffen, am Samstag mal wieder fit genug zu sein, mal wieder richtig Gas geben zu können zu seiner Musik. Vorher bin ich bei den „Bestattern“, Michael Gaedt, der vieles ähnlich sieht wie ich, im Theaterhaus. Irgendwie passt das ganz gut. Dort bin ich auf jeden Fall unter Gleichgesinnten. Ich hoffe, im Tatti auch.

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