Die berühmte Downhillstrecke von Degerloch zur Zacke Marienplatz

Die Route ist seit Jahren in der Downhillszene sehr beliebt: Man schnallt sein Bike auf die Zacke am Marienplatz, fährt hoch nach Degerloch und prescht anschließend mit rasender Geschwindigkeit hinunter durch den Wald nach S-Süd. In der Eiernestsiedlung hinter dem Marienhospital kommt man aus dem Forst heraus und fährt wieder zur Zahnradbahn.

Nur kamen sich dabei im Wald regelmässig Biker und Spaziergänger in die Quere, die ab und zu nicht ganz unglimpflich ausgingen. Die Lösung war eine legale Strecke, abgrenzt von anderen „Waldnutzern“. Das Thema stand erstmals schon 2007 zur Diskussion und wurde 2009 zunächst gestrichen. Nun wurden im Haushalt 2012/203 hat für die Realisierung 110.000 Euro eingeplant.

Für das aktuelle LIFT sprach ich mit Jannick Henzler, der sich gemeinsam mit anderen Downhill-Fahrern für das Projekt in den letzten Jahren engagiert hat. 

Wie groß ist die Freude, dass die Downhillstrecke nun doch kommt?

Jannick Henzler: Die Freude darüber ist natürlich riesig! Der Haushaltsbeschluss, in dem die Entscheidung für die Downhillstrecke fiel, wurde nur wenige Tage vor den weihnachtlichen Festtagen abgehalten, sodass diese frohe Kunde aus dem Rathaus eine Art Weihnachtsgeschenk für uns Downhiller darstellte. Bei jeder neuen Sitzung warten wir nun ungeduldig darauf, bis die letzten Formalien ausgefüllt sind und auf das genaue Datum, an welchem der Spatenstich sein soll.

Ebenso groß ist die Vorfreude auf die erste Befahrung. Die Aussagen des Sportamts, der Streckenbau solle „noch in der ersten Hälfte diesen Jahres“ beendet werden, lässt unsere Hoffnung steigen, dass diese Erstbefahrung noch in dieser Bike-Hochsaison stattfinden kann. Alles in allem freuen wir uns darüber, dass sich unsere Anstrengungen über das Jahr 2011 hinweg gelohnt haben und wir unseren Sport bald auf einer interessant gestalteten Strecke legal ausführen können.

Warum denkst du hat nun letztendlich der Gemeinderat die Kohle bewilligt?

Jannick: Der Gemeinderat hat eingesehen, dass es sich beim Downhill nicht nur um eine Trendsportart handelt, die nach zwei Jahren wieder verschwunden ist, sondern dass dieser Sport sich immer wachsender Beliebtheit erfreut und in Stuttgart inzwischen ein Level erreicht hat, auf dem man diese rund 500 Personen umfassende Community nicht mehr mit Wanderern und Spaziergängern unter einen Hut bringen kann. Die Konflikte zwischen diesen beiden Parteien nahmen in jüngster Vergangenheit stark zu und leider häuften sich auch der ein oder andere Unfall.

Eine legale Downhillstrecke bietet hierbei die unumgängliche Lösung, Radfahrer und sonstige Waldnutzer sinnvoll zu trennen, die Konflikte und Unfälle zu verhindern und die Sicherheit sowohl für die Spaziergänger, als auch für uns zu gewährleisten. Letzten Endes bietet diese Lösung auch einen Schutz für den Wald, da so verschiedene Waldbereiche und geschützte Biotope von einer großen Anzahl von „Wildfahrern“ befreit werden sollen.

Wie ist die Zusammenarbeit mit der Stadt verlaufen? Das Sportamt meint sehr eng und gut.

Jannick: Damit behält es auf alle Fälle Recht. Das Sportamt, wie auch der Sportkreis, das Rathaus, die beteiligten Stadträte von Degerloch und Stuttgart Süd, das Forstamt, das Landschaftsschutzamt, das Jugendhaus Degerloch, und nicht zu vergessen, alle Ansprechpartner des Jugendhearings, durch das alles ins Rollen kam, waren und sind immernoch sehr bemüht, sich auf unser Anliegen einzulassen und zeigen all ihr Engagement, um dieses Projekt gemeinsam mit uns voranzutreiben und möglichst schnell zu realisieren!

Es freut uns sehr, zu sehen, dass sich jemand, der auch etwas dagegen tun kann, unserem Problem annimmt, uns ausreichend Vertrauen entgegen bringt, um unsere Lösungsvorschläge annehmen zu können und selbst Personen an dem Projekt mitarbeiten, die womöglich gar nicht so viel von unserem Sport halten mögen, um dennoch eine Lösung für alle Beteiligten des Waldes und den Wald selbst zu finden. An dieser Stelle möchte ich ein großes Dankeschön an all diese Gremien aussprechen!

Wie denkt ihr, wird die Strecke genutzt? Bei der Stadt erhofft man sich dadurch eine „kanalisieren“ und dass die Downhiller sich auf die Strecke einschießen.  Als Laie frag´ ich mich, ob eine Route auf Dauer nicht etwas langweilig wird? 

Jannick: Wenn es uns bzw. dem Streckenbauer gelingt, für jede Fahrer-Stufe eine Strecke mit reizvollen Hindernissen zu bieten, wird der gesamte restliche Wald uninteressant und wir können mindestens 80% aller Biker auf diese Strecke lenken. Und dass es dem Streckenbauer gelingen wird, da bin ich mir ganz sicher, denn zum jetzigen Zeitpunkt sind die Strecken in einem solchen Zustand, dass jeder neue Kicker Anreiz genug wäre, um diese Strecke zu befahren.

Langeweile fürchten wir dabei überhaupt nicht, denn in gewisser Weiße wünscht man sich als Fahrer, eine Strecke vorzufinden, die man in seinem Verlauf und seiner Charakteristik kennt. Nur deshalb besuchen wir ja auch Bikeparks, die sich über Jahrzehnte nicht großartig verändert haben, weil wir jedes mal aufs Neue mit noch mehr Geschwindigkeit versuchen, bekannte Hindernisse zu überlisten.

Kleine Abänderungen oder Anpassungen hingehen sind auch für uns in Stuttgart legitim und wird es über die Jahre hinweg auch geben. Sicherlich wird es den einen oder anderen geben, der die Strecke nicht annehmen wird, aber das war jedem von uns auch im Voraus schon klar.

Gutes Stichwort, denn es gibt auch kritische Stimmen aus der Szene. Scheinbar finden nicht alle die Strecke gut. Was ist der Hintergrund und was wären Alternativen gewesen für eine legale Downhillstrecke?

Jannick: Der Hintergrund dazu ist, dass die auserwählte Route in Degerloch relativ kurz und was den Schwierigkeitsgrad betrifft, auch relativ leicht ist. Desweiteren glauben bezüglich des Schwierigkeitsgrades auch nur wenige daran, dass man eine einzige Strecke errichten kann, die am Ende jedem Fahrerlevel, vom Anfänger bis hin zum Könner das richtige abverlangt.

Ich finde es schade, dass einem von ein paar Leuten aus der eigenen Szene so wenig Vertrauen entgegen gebracht wird, dass mit den entsprechenden Baumaßnahmen auch für wirklich geübte Downhiller ein paar ordentliche Herausforderungen verwirklicht werden sollen.

Die Strecke besitzt mit ihrer Vielfältigkeit und ihrer großen bebaubaren Breite so viel Potential, dass es überhaupt kein Problem sein sollte, da für jeden etwas reizvolles hinzustellen. Bei der Konzeption für die Strecke wurden aktive Fahrer jeder Könnensstufe mit einbezogen. Und was die Länge der Strecke angeht: Da sind Stuttgarts Möglichkeiten einfach begrenzt. Dass Stuttgarts „Gipfel“ nicht die Höhen der kanadischen Bikeregionen erreichen, das muss jeder von uns akzeptieren.

Die einzige bestehende Strecke mit mehr Abfahrtskilometern und gleichzeitig vorhandenen Beförderungsmöglichkeiten wäre der „Spot“ hinter dem Fernsehturm, aber diese Alternative ist aus Umweltschutzgründen auszuschließen. Hinzu kommt das geringere Bebauungspotential und deutlich mehr Kreuzungspunkte mit den übrigen Waldnutzern, woraus nur wieder ein erhöhtes Konfliktpotential resultiert.

www.downhill-stuttgart.de 

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18 Comments

  1. says: bassT

    Respekt an die Jungs, die das im Gemeinderat durchbekommen haben.
    Wäre ja auch eine Schande, die Zacke nur zum Essen auf der Wielandshöhe zu nutzen 🙂

    In Bad Wildbad klappts ja auch gut, das legale Zusammenleben von Kurgästen und Downhillern.

    Ein Grund mehr nach Stuggi zurückzuziehen.

  2. says: Normann

    Informiert Euch mal, was dieser ganze Downhillscheiß für Auswirkungen hat auf Fauna und Flora Im Wald.
    Bestes Beispiel ist mittlerweile in der Schweiz das Downhillen nachts.

  3. says: afro-dieter

    ok, hab mal als passionierter Abwärtsfahrer das Schlagwort „Schweiz das Downhillen nachts“ gegoogelt.

    http://blog.tagesanzeiger.ch/outdoor/index.php/14595/wild-bei-nacht/

    Finde der Artikel is wirklich gut, kritisch und aus allen Blickrichtungen heraus erörtert.

    Und auf Stgt übertragen, is die jetzige Lösung eigentlich genau der Ansatz, der in dem Artikel empfohlen wird.

    Ausser du bist natürlich für Mauer und Selbstschussanlagen im Wald. Dann kommste aber 22 Jahre zu spät.

  4. says: Mox

    at Normann:Ist das, bezogen auf eine feste Downhillstrecke in Stuttgart, ein ernstgemeinter Kommentar?
    Die Flora und Fauna in einer städtischen Umgebung leidet sicherlich enorm unter einer festen Downhilstrecke, NOT!

  5. says: Peter

    Im Artikel, den afro-dieter angegeben hat, gibts nen grandiosen Lösungsansatz:

    „Bei Abfahrten ein gemütliches bis langsames Tempo wählen“

    Also ich bin für Tempo 30 auf der neuen Downhill-Strecke! Mit nem Blitzer an ner unübersichtlichen Stelle wären die 110.000 Euro auch schnell wieder drin.

  6. says: Matthes

    flora… blitzer… oh mann – nu kommt der schwabe^^
    ich hab den eindruck als wenn das mit der strecke nur gemacht wird um später zu sagen „wir habens doch versucht“…
    es ist fast ende april und die strecke soll dann binnen eines monats gebaut oder besser hingeklatscht werden ?
    ich bin für die DHstrecke, aber nur wenns vernünftig gemacht wird hats zukunft !

  7. War doch abzusehen.
    Ich glaub‘ erst dran, wenn ich selber drauf runter bin.
    Richtig gespannt bin ich auch, wie das Shuttle-Problem gelöst werden wird, ansonsten setz‘ ich mich am nächsten 1. Mai mit ’nem Kasten Bier an den Marienplatz und verfolge amüsiert den „War of Downhillers vs. Feiertagsradler“ auf dem Vorstellwagen der Zacke…

  8. Ich sag’s nochmal. Ich glaub‘ das erst, wenn ich selber da runter bin.
    Zusätzlich gilt immer noch das, was ich Mittwoch, 18. Juli 2012 um 14:32 geschrieben habe.
    Ein weiteres Problem ist sowieso, dass sich die Präferenzen hier verschoben haben.
    Eine reine Downhillstrecke ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Selbst wenn sie so gebaut ist, dass jeder darauf fahren kann.
    In der letzten Zeit geht der Trend stark Richtung „Enduro“ (Kunstwort hin oder her), und da beschränkt sich die Masse nicht darauf, wieder und wieder die gleiche Strecke runter zu fahren. Die Masse baut die verschiedenen existierenden (illegalen) Trails in mehr oder weniger ausgedehnte Touren ein. Und diese Masse wird gefühlt jeden Tag breiter. Schon allein dadurch wird die Strecke nicht bewirken, dass weniger Mountainbiker illegal Trails fahren. Wie das überhaupt messbar sein soll, ist sowieso fraglich.
    Von daher, nice to have, wenn’s kommt. Für das „reine Downhillen“ sicher ein Gewinn, je nachdem wie die Strecke gebaut ist.
    Das illegale fahren wird deshalb aber nicht nennenswert weniger werden. Die Illegalität liegt einfach an der unsinnigen 2-Meter-Regel in Baden-Württemberg (an der BW als einziges Bundesland festhält).

  9. Ja. Um einen Weg mit dem Fahrrad befahren zu dürfen, muss dieser mindestens zwei Meter sein.
    Gab schon eine Petition dagegen:
    https://www.openpetition.de/petition/online/streichung-der2-meter-regel-einschl-entspr-bussgeldbestimmung-im-waldgesetz-baden-wuerttemberg
    Leider gibt es mit dem grünen Landwirtschaftsminister Alexander Bonde einen wohl von Lobbyismus getriebenen, unsäglich argumentierenden wenig einsichtigen Mann an entscheidender Position.
    Mehr Info:
    http://www.dimb.de/aktivitaeten/open-trails/weg-mit-2m-regel-in-bawue

  10. says: Martin Sp.

    Gegen die Regel wird schon von Anfang an angekämpft. „Lustig“ ist ja, daß ein Radweg nur 1,50m breit sein muss. Also einer an einer Straße.

  11. says: Kollege Geiger

    Weiss noch nicht, ob ich das spitze finde, dass dort auf der Hunderunde im Wald jetzt Schaufelbagger, LKW und Miniraupenpanzer fahren. Als ich heute morgen das Stöckchen geworfen hab, hat es ein Bagger zurückgebracht.

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