Der Supergau mit Serato DJ: MacBook Festplatten Crash

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Auch wenn ich der Meinung bin, dass die Schallplatte der beste Tonträger ist, der dieser Menschheit seit Jahrzehnten zur Verfügung steht, und von der Kassette über die CD oder Minidisc bis hin zum MP3-Files alles eine klangliche Verschlechterung darstellt, bin ich überzeugter Digital-DJ.

Fast auf den Tag genau lege ich seit zwei Jahren mit Serato auf. Ich bin nicht nur überzeugt davon, nein, ich liebe es. Ich liebe meine Serato-Box. Ich liebe das Auflegen mit Serato. Ich kann es mir schon längst nicht mehr vorstellen, mit Schallplatten zu einem Gig zu gehen. Ich hab höchstens fünf bis zehn Alibi-Scheiben dabei, die eigentlich auch nie zum Einsatz kommen

Seit nun mehr zwei Jahren predige ich, wie super das alles ist und ich ja noch gar nie damit überhaupt nur ein Fürzchen eines Problem hatte, geschweige denn einen Absturz oder ähnliches (Anschließen? Geht in zwei Minuten!).

Vielleicht auch zur Schadenfreude der Vinyljunkies, möchte ich von meinem absoluten Supergau gestern Abend erzählen. Da gabs nämlich für zwei Jahre reibungsfrei die Totalschelle zurück.

Ich bin in der Suite, groove mich langsam so ein, bekomme langsam so richtig Lust, es ist kurz nach 23.00 Uhr, ich bin in Warm-Up-Deep-House-Mood. (Ach an die Herren Dublex/Pulver: Nach „Venom“ von Dutch Rhythm Combo im Dr. Rubberfunk Mix fragt wirklich jedes Mal jemand.) Auf dem rechten Deck liegt eine Lieblingsnummer von Sascha Dive und ich blättere so meine Listen durch und will für das linke Deck ein neueren Track von Peace Division in fluffigen 118 BPM anwählen.

Ohne überhaupt zu blicken was passiert, ist auf einmal die Musik aus. Scheiße, scheiße, scheiße, was ist da los? Was ist da los? Der Mac-Ball dreht sich (warum sieht der eigentlich wie die Sat1 Kugel aus?), ich kann Serato nicht beenden, ich kann nicht in den Finder wechseln, ich kann gar nix mehr. Die Barleute kommen, was ist los, was ist los? Ja kein Plan, was da los ist. Also schalteten wir auf das System von Alex Wolf.

Nun gut, es ist ja ein Mac, also Radikallösung, schon 100mal gemacht, einfach mal lange auf den On-Knopf drücken. Mac aus, Mac wieder an, hellblauer Schirm. Hallo, fahr hoch? Mac fährt nicht noch. Stattdessen erscheint das Allerschlimmste, was auf einem Mac-Bildschirm erscheinen kann: ein blinkender Ordner mit einem Fragezeichen in der Mitte. Der blinkende Ordner lacht dich geradezu aus und sagt dir, nix Return of the Mack, sondern du Ram, ich find deine Festplatte nicht mehr.

Mach doch mal Apfel + Alt + P + R, meint ein Barkeeper, was so viel wie Parameter-RAM löschen bedeutet. Aber nach ein paar Minuten blinkt mich wieder dieses elendige Fragezeichen an. Und es lacht immer noch. Das ging so ein paar Mal hin und her, an, aus, aber ich wusste schon längst, ich bin raus für heute (remember fünf bis zehn Platten).

Also was tun? Kollege Thorsten lag schon im Bett, also musste Alex Wolf ganz ohne Stream, sondern in Fleisch und Blut ran. Der gesellige Herr war dann auch recht schnell am Start.

„Was hasch gmacht?“

„Ha ja, war auf der Couch und hab Germanys Next Top Model angeschaut.“

„Kommt das heute?“

„Nö, aufgenommen.“

„Alda…“

„Ha hübsche Mädels…“

„Ach, bleib mir weg mit dem Dreck.“

„…alle in deinem Alter.“

„Seggel.“

Ich mag ihn. Er hat mich etwas aufgeheitert. Die gesamte Barcrew fühlte mit mir und ich zog mit hängendem Kopf von Dannen.

Daheim erst mal Betriebssystem-CD eingeworfen und gedacht, okay, statt auflegen setzt jetzt einfach mal dein Rechner neu auf. Hats halt das System zerschossen. Pfeifendeckel. Kein Festplattendienstprogramm der Welt hätte meine Festplatte entdeckt. Mehrere Versuche. Da war auch nicht nur ein bisschen Festplatte, worauf man OS X hätte installieren können. Man nennt das wohl auch Sudden Death, hab ich im Internet gelesen. Scheiße, scheiße, scheiße, was mach ich nur? Neuer Rechner kaufen?

Nach hektischen Telefongesprächen, SMS-Eskapaden und einer unruhigen Nacht hab am nächsten Morgen die Möglichkeiten abgewägt. Gebrauchten Rechner vom Michl kaufen? Neue Festplatte, in der Hoffnung, dass es wirklich nur die Festplatte war?

Bei Gravis angerufen und kam prinzipiell immer in Berlin raus. „Samstags stehen bei uns keine Techniker zur Verfügung.“ „Ja nur in Berlin nicht, sondern auch in Stuttgart?“ Der erste Berliner Gravis-Mitarbeiter meinte, prinzipiell garnirgendsirgendwo am Samstag, beim zweiten Anruf wusste man es nicht sicher. Aber ne neue Festplatte, 160 GB, gibts z.B. für 69,90 Euro, sagte man mir, Einbau 40 Euro.

Zwischendurch hab ich mal gecheckt, wie das geht, so ne Festplatte in ein Macbook einzubauen. Sieht eigentlich wie Lego aus. Also mal auf gut Glück runter gefahren, in die Stuttgarter Kathedrale des heiligen Apfels, ob da nen Techniker da ist.

Vor mir ein Alter und ein Junger am Service. Beide glaub mit Kinderproblemen („gibts eigentlich auch Word und Excel für Mac?“, fragte der Alte). Alles in allem gehts im Gravis relativ lahm  und hirbelig zu, musste ich feststellen. Kann aber auch nur Einbildung sein, da ich ziemlich unter Druck stand. Immerhin soll mein schneeweißen Gerät am Abend wieder tippitoppi einsatzfähig sein.

Dann war ich dran und ich erwischte einen jungen Mitarbeiter mit schwächlicher Stimme. Junger, wie siehts aus, kannsch mir ne neue Festplatte einbauen? Ah, so bis 15.00 – 16.00 Uhr. Junger, das dauert mir zu lang, gib her das Teil, noch zweimal 1GB RAM obendrauf, wenn ich mir schon eure 40 Euro Einbaugebühr spar, der Vadder macht das jetzt selbst. „Ja, viele machen das selbst.“ Siehste, icke och, weil ich bin ein Legokind.

Heimgedüst, aufgeschraubt, einbaut, kurze Konferenz mit Krupa nach dem Einbau, ah da isch se ja! Sauber und los ging die Installation. Dass die Festplatte in den weißen Macbooks abrauscht sei nicht ungewöhnlich, meinte auch er. „Seagate – sie geht nicht sagten wir früher.“ Meine neue ist von Western Digital. „Fett“, meint Krupa.

Na ja, um halb vier war ich wieder back in business. Long lives the Backup, long lives the Mac, long lives Serato and throw your hands up for the friendly and superverständnisvolle Suite-Bar-Crew and Alex Wolf.

Der 500GB-Festplatten-2GB-RAM-RAM

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25 Comments

  1. says: Chris

    Einen Tipp: Gehe nicht zu Gravis!!
    Die haben bei meiner kaputten Festplatte 2 Wochen gebraucht mit dem Reparieren und der Service war unter aller Sau. Der Techniker schaut sich dein Mac nicht mal an, sondern er muss nach Berlin geschickt werden (es sei denn, du zahlst alles selber) … nach Anrufen bei Apple und Gravis a la „ich kaufe nie wieder“ war mein Mac dann in 3 Tagen repariert und in Stuttgart 😉

  2. says: Busyicer

    eigentlich schon

    und das mit der kaputten festplatte hatte ich auch und das einbauen ist auch nicht so ein act.
    aber schön das du es geschafft hast.
    war doch easy oder maddin?

  3. says: Ken

    …deswegen IMMER ein mäppchen mit ein paar cds dabeihaben (am besten deine top 100 auf ein paar cds brennen). ich weis, klingt neunmalklug, hilft aber die lage deutlichst zu entspannen!
    trotzdem, mein aufrichtiges beileid! aber ich glaube, durch so eine situation muss jeder dj mal durch -> stärkt den charakter! 🙂

  4. says: Don

    Das ist ein Grund, warum ich nach 2 Jahren Serato auf CD umgestiegen bin: Geht der Läppi kaputt…bist Du der Depp. Geht’s Interface kaputt (noch nie von gehört, aber der Teufel ist ja bekanntermaßen ein Eichhörnchen)…bist Du der Depp. Legst Du mit CDs auf und der Player geht hopps…siehst Du zwar aus wie ein Depp…bist es aber nicht!

    Ansonsten ist ein Hardwarecrash natürlich der ultimative Albtraum..mit damals Gott sei Dank nie passiert. Hatte nur mal ein paar Probleme, weil die iTunes Library File (oder so) nicht mehr sauber war und mir dann an und an das Serato eingefroren hat. War aber auch die Version 1.1 (shit ist das lange her…).

  5. says: GD

    kam er wohl direkt aus L.E. oder?
    von mir auch noch herzliches beilied. ich hab schon öfter das phänomen beobachtet, dass einfach irgendwas am serato nicht funktioniert…

  6. says: tts

    Tja Martin! Das ist ganz klar die Strafe dafür, dass du elektronische Musik mit Serato, und nicht wie es sich gehört mit Final/Traktor Scratch, gespielt hast 😉

    Native Instruments rules!

  7. says: PhilGrooves

    Ist auch ein Grund für mich, nur mit „Hardware“ (CD/Mp3-Playern) aufzulegen. Man muss schon sagen, dass die Rechner-Lösungen heute recht zuverlässig sind, aber das kann einem immer passieren – 100%ige Sicherheit gibts eben nicht. 🙂 Darum ja auch die Backup-CDs :D.

    Der Mac ist ja auch nicht „abgestürzt“. Die Festplatte ist eben hin. Bei der Gelegenheit hätte man ja auch gleich auf ein gutes Alu-Macbook umsteigen können. 🙂

  8. says: sheherada

    Stromausfall find ich nicht so schlimm.
    Stromausfälle erhöhen die Geburtenquote, führen zu Solidarisierung gegen das Scheißsystem und lassen nicht den DJ wie n Vollhorschd aussehen,…

    Echt aua. Lang lebe das Grammophon.

  9. says: JoeJoe

    Mir fallen da legendäre Abende mit Uwe Hacker ein, als nichts bzw. wenig ging…Musik aus, Putzlicht an. Ein paar Minuten später Nebel und Vollgas, danach ging’s rund 🙂

    Aber Martin hat’s echt unschön erwischt…

    Einem Kollegen von mir hat’s das Kabel geschrottet vor ein paar Wochen…der brannte mal schnell CDs von der Tanke zwischen 22 bis 1 Uhr. Vergisst er auch nimmer…

  10. says: Thorsten W.

    Jo, hab Martin schon persönlich mein Beileid ausgedrückt. In 4 Jahren Laptop-DJing hatte ich sowas zum Glück noch nie – zwar mit Final Scratch 1 (das schlechteste Digital DJ-System aller Zeiten) hatte ich zwar massig Probleme, aber irgendwie ging’s dann doch immer.

    Und ein PUnkt stimmt natürlich: Wenn CD-Player, Mischpult oder Plattenspieler verrecken ist nie der DJ schuld. Wenn sein Laptop verreckt schon. Aber nach dieser Geschichte werd ich jetzt definitiv Kens Rat befolgen und mir ein Notfall-Set auf CD brennen.

  11. says: eNZOO

    nightmare on ram/suite…

    Ich glaube die festplatte hat einfachnicht mehr gepackt, was der
    RAM abgeschickt hat… 😉

  12. says: Alex

    Grausige Geschichte, absoluter Horror für jeden Timecode Dj, darum immer nen (günstigen) Zweitläppi mitnehmen, den man schnell aufbauen kann…

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