52 Albums/08: The KLF „The White Room“

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Für die Geschichte zu diesem Album muss ich etwas ausholen, bzw. knüpft es zeitlich an mein erstes Album in der Reihe an.

Ich bin wie schon gesagt auf dem Land groß geworden, und in meiner Jugend gab es kein MTV (kein Kabel), kein Internet und so gut wie keine Musikzeitschriften. So war die Sozialisation mit guter Musik etwas mühsam, aber es ging schon.

Weitergeholfen hat mir u.a. die Sendung „X-Large“ im ORF, eine Jugendsendung, die damals von Arabella Kiesbauer und Christian Klerici moderiert wurde. Da liefen auch Musikvideos – zum Beispiel auch von KLF, die damals Anfang der 90er recht big waren.

Parallel dazu hatte ich im Zeitschriftenregal im Tengelmann die Zeitschrift „Cut“ aus Hamburg entdeckt – bis dahin hatte ich mangels Alternativen den Musikexpress gelesen, der mir aber schon immer zu altbacken war. Cut aber hat über Rap geschrieben, meine damalige Lieblingsmusik, und es lagen Prospekte mit HipHop-Klamotten dabei.

Damals ging es da vor allem um Baseballkappen und -jacken, Sneakers und Ringe, die man über mehrere Finger gesteckt hat. Mann, ich wollte immer so einen Ring haben, hab mich aber nie getraut, mir einen zu bestellen. Aber ich schweife ab.

In der Cut wurde irgendwann über eine neue Musikrichtung namens „Techno“ geschrieben, und das hat sich für mich interessant angehört. „Rave“ fand ich schon vorher gut, The Farm, Soup Dragons, EMF und so weiter. Als ich dann im Media Markt eine Doppel-CD-Compilation namens „Techno Rave“ gefunden hab, da dachte ich, Mensch, das ist mein Ding.

Ich war dann allerdings etwas überrascht, dass auf der CD keine Gitarrenmukke war, sondern eben das, was Techno sein musste. Und ich war ziemlich fasziniert. Da waren so Tracks drauf wie „Das Boot“ von U96 oder „James Brown Is Dead“ von L.A. Style. Heute als Kommerz verschrien, für einen Bub mit 15 auf dem Land das Tor zu einer neuen Welt.

Am Tag vor Heilig Abend 1991 haben dann L.A. Style in der Großraumdisco Top 10 in Singen (gibt’s heute noch) L.A. Style „live“ gespielt, so wurde es in der Tageszeitung angekündigt (von wegen Partyblättle) – mit DJ Ricardo da Force. Und der – somit wären wir wieder beim Album – ist der Rapper auf dem KLF-Album „The White Room“.

Der Abend im Top 10 war eine Offenbarung und wahrscheinlich wegweisend für mein weiteres Leben – ich kam da rein und hab mich echt gewundert, warum da keine Pausen zwischen den Liedern sind. Was das für ein krasser Beat ist. Warum die Leute weiße Handschuhe tragen und so tanzen wie Madonna im „Vogue“-Video.

Auch wegen diesem Abend ist „The White Room“ ein ziemlich wichtiges Album für mich. Und The KLF waren, und das wurde mir erst heute beim Lesen des wikipedia-Eintrags zu KLF bewusst, ein wichtiger Faktor für die Entwicklung elektronischer Musik: KLF haben mehr oder weniger Trance erfunden und mit dem Album „Chillout“ einer weiteren Musikrichtung einen Namen gegeben.

Ich fand KLF erst mal wegen der Videos cool – die zwei Frontmänner waren nie zu erkennen, sondern als Mönche mit Horn oder sonst wie verkleidet. Und in den Videos ging es immer wild zu, ein Auto mit riesen Boxen auf dem Kofferraum hat mitgespielt und viele Frauen.

Auf dem Album „The White Room“ waren KLF schon mitten in ihrer Techno-Phase, und aus heutiger Sicht ist das genau das Gegenteil von Minimal. Gerade Beats im Wechsel mit Breakbeats, Samples, jubelnde Menschenmassen, Chöre, Vocals, Rap, alles gemischt aber alles passt zusammen.

Tracks wie „3 AM Eternal“ oder „What Time Is Love“ sind nicht weniger als Hymnen, super-tight produziert, gleichzeitig für die Charts und für die Clubs gemacht. Dazu auf dem Album auch eher kitischige langsame Stücke, insgesamt aber in einem Fluss und Soundtrack für den Film „The White Room“ von den beiden Machern Jimmy Cauty und Bill Drummond.

Wenn man die Musik heute anhört, wirkt alles ein wenig albern – damals war das aber der heiße Scheiß, für mich in einer Reihe mit The Shamen oder Underworld und in England Abräumer bei großen Festivals.

Mich hat bei KLF neben der Musik auch immer der Mythos fasziniert – allein der Name, der mal „Kopyright Liberation Front“ bedeutet und mal „Kings of Low Frequency“, der früher the „JAMs“ war („Justified Ancients of MuMu“, abgeleitet von den erst viel später gehypten „Illuminati“-Romanen), komische Andeutungen in Booklets, komische Fotos.

Und komische Aktionen. Drummond und Cauty haben ein Video gedreht, „Watch The K Foundation Burn A Million Quid“, in dem sie 1 Million Englischer Pfund verbrennen. Oder das Buch, in dem sie beschreiben, wie man einfach einen Welthit produziert (ich hab es gelesen – naja, nicht so der Bringer).

Jimmy Cauty ist oder war neben und nach KLF Mitglied von The Orb, der wohl wichtigsten Ambient-Band aller Zeiten. Und vor ein paar Jahren haben die beiden noch mal ein Konzert in London gegeben – 15 Minuten oder so, aber angekündigt sogar im PRINZ mit einem DIN A4-Flyer.

Mein persönliches KLF-Erfolgserlebnis ist die The JAMs-Promo-LP, die ich für 1 Euro im Vinyl-West gekauft und für 50 Euro bei eBay versteigert habe. Aber „The White Room“ höre ich heute noch mit echter Faszination an.

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18 Comments

  1. says: alex

    KLF is gonna Rock U!

    nicht über Hacker reden, wenn es hier um KLF geht!
    Aber witzig zu lesen, wie sich Schicksale ähneln können. White Room war schon sehr sehr fein.
    Ich war ein extremer Ambient Fan, aber nur die allerfeinsten Sachen, (Orb, Aphex Twin, Biosphere, FSoL, Dritte Raum live, Alcove,…)
    Trance dagegen dann wie der Teufel das Weihwasser gemieden.
    Meine personal Tekkno Knaller waren aber eher die Fenslau Sachen. Traumreise hatte ich ewig auf dem Teller. Oh Gott, noch jemand der damals 50Mark Gutscheine im Skylab versoffen hat ;-)?

  2. says: JoeJoe

    Ich mache mir da gar keine Sorgen 🙂
    Thorsten Fenslau und seine Produktionen war mein Idol als Jung-DJ.
    Begonnen von „The Dream“ als eine meiner ersten Maxis die brandheiss war, als mein Bruder mich mit 15 in Discos schleifte, über all die Sachen die wir damals so gespielt haben wie „System“ von Force Legato. Das war damals was ganz Großes neben z.b. Front 242 oder Nitzer Ebb. Oder Hypnautic Beats, „Age of Love“ oder „He chilled out“. Das darf man keinem erzählen, wie stylisch und angesagt wir damals mit 15 in der Sonntag-Mittags-Tanzschulen-Disco waren, das glaubt einem keine Sau…
    Ich möchte auch wirklich niemand zu nahe treten wenn ich sage, daß KLF eher Kommerz oder Grossraumdisse war. Eher nicht so die Club-Musik. Wenn man damals zum Record-Express in KA ging oder zum WOM nach Mannheim zu Gregor von „RPR-Maximal“ bekam man wohl eine auf die Fresse, wenn man nach KLF gefragt hätte 🙂
    ’91 spielte man eher „Go“ von Moby als KLF.
    Um den Bogen von Fenslau zum Hacker zu schlagen: Ich hab‘ mal ’99 im Park bei Uwe „The Dream“ aus dem großen Plattenschrank gezogen und meinte, er solle sie spielen. Uwe bekam Tränen in die Augen und steckt sie wieder weg, weil sie Kollegen und dicke Freunde waren…das war ihm auch nach ’ner Flasche Williams definitiv zuviel. Fenslau war wohl sowas wie „der erste große DJ“ als Sven Väth noch „Baba baba“ sang.
    Ich glaube, jeder hat so seine Erinnerungen an diese Zeit…wenn auch nicht unbedingt an KLF. Ich bleib‘ dann lieber bei meinem elterlich verbotenen DM-Konzert Music for the Masses mit vierzehneinhalb in 1987, Front 242 als Vorgruppe und anschließenden Hausarrest 🙂
    Danke für all die Erinnerungen durch den Beitrag.

  3. says: alex

    aah ich glaube das mit KLF kippte halt sehr schnell zum Kommerz und war damit auch auf der Stelle tabu, aber anfangs war das definitiv nur anhängern bekannt. Thorsten Fenslau war eine unglaublich traurige Geschichte, mein Favorit war Erdbeermund und Traumreise, aber das war dann schon ein spätes Werk. Naja, ich war ja nie DJ und so richtig „abhängen“ in Clubs ist es auch nicht mehr. Die Musik wie sie heute konsumiert wird ist auch in weitesten Teilen überhaupt nicht mehr mein Thema. Ich geh da lieber auf ein gepflegtes Soulfly konzert, meine Bandbreite ist sehr breit. Und ins Waranga kaum zum zappeln, eher zum lästern und Waranga Schorle trinken ,-)

    Was die Mode von ganz ganz früher anging:Schweisserbrille, Parka, Roller, Basecap von Stüssy und Edeldocs und fertig war der beschissenste Look aller Zeiten. Nicht erwähnen will ich die Atemmasken und die Tonnen von Apfelkorn…
    Aus dem Grund mach ich mich auch nicht wirklich über Emos lustig, im Gegenteil ich mag es sehr wenn die Leute sich mit sich selber auseinander setzen und die Fantasie die die Kidz zum teil entwickeln ist schon beeindruckend.
    Aber über Ed Hardy lässt es sich gut lachen, wie auch leider inwzischen über Bikkemberg und DSquared ² Schuhe…auch wenn ich meine alten immer noch liebe…….
    Wobei mein persönlicher Killer-Hass gilt ja Dumm & Geil!!!

  4. says: Alexander M.

    zu KLF: „what time is love“ war die erste zeit schon ein ziemliches brett und lief damals im oz oder roxy schon ne weile vor der offiziellen VÖ. intercord das ding ja schon ziemlich früh bemustert. (ja wir hatten mal ein plattenlabel in stuttgart, dass neben pur auch ziemlich gute bands im clubbereich gesigned hatten).

    zu Fenslau: ich weiss noch genau, dass an dem abend , als thorsten bei nem autounfall verunglückte, der gute dr. motte im splash aufgelegt hat und ich den herren damals abgeholt hab. nachdem er sich in dem gut bürgerlichen hotel im eingangsbereich 15min kristallsteine angeschaut hat & mir jeden einzelnen genau benannen konnte, habe ich ihn gefragt, ob er es mitbekommen hat, dass t. fenslau vor wenigen stunden verstorben ist. seine anwort (overall): er fands nicht schlimm, da jeder nur eine begrenzte zeit auf diesem planeten hat, die mit der geburt schon vorbestimmt ist und dann zieht man in ein anderes universum weiter.

    oh ha & ehrlich der war def. nicht druff 😉

  5. says: Jochen

    liebe Leute, das waren Zeiten. KLF erlebte ich mal 1990 in Appenweiher – ich hörs immer noch im linken Ohr: „Keeeeeiiiiillllllllllfffffffff“ – genialer Abend mit viel Weizenbier und halbnackten Frauen. Zu Uwe Hacker: Der war für mich der DJ schlechthin – mit seinem Weggang 2001 verlor der Park seine Seele. Bin mittlerweile 37 und versuche stetig Uwe mal zu einem Abstecher nach good old Germany zurückzubewegen – eben wegen seiner treuen Fangemeinde. Ich erinnere mich aber auch noch gut an den tragischen Unfall von Thorsten fenslau – da ging ein Stück Musikgeschichte verloren – definitiv ! Letzendlich binh ihc heute froh, daß es noch Sender wie sunshine live gibt, wo man auch die guten alten zeiten hochleben lässt.

  6. says: Ralle

    Ich blick’s grad nicht: aktueller Post, hängengeblieben Kommentare von 2009 und der Fenslau ist ein Stück Musikgeschichte? 🙂 jk

  7. says: Whiskydrinker

    Das ich mich noch an Fenslau erinnern kann und noch gelegentlich in Clubs gehe, macht mir weniger Sorgen.

    Besonders erinnert mich das an damals: https://www.youtube.com/watch?v=8PxtEOZpNQc

    Mir macht es viel mehr Sorgen, dass ich mich auch noch an seinen Todestag am 6. November 1993 erinnern kann – obwohl sich mein Musikgeschmack und die Werke des Herrn Fenslau zu diesem Zeitpunkt schon auseinanderentwickelten.

    Ich hatte damals dieses neumodische „Internet“, in dem man nachsehen konnte, wer am Wochenende in der Clubnight auf HR3 spielt. Angekündigt war glaub der Väth oder der Feos. Da die Doubletime im UFO am Freitag etwas heftig war, entschied ich mich zur samstäglichen Erholung bei Clubnight daheim. Kurz nach den Nachrichten um 21 Uhr gab es dann jedoch keinen DJ. Stattdessen verkündete der Redakteur der Clubnight, Markus Hertle, das Torsten Fenslau morgens mit dem Auto tödlich verunglückt ist und es deswegen von ihm heute „A Tribute to Torsten Fenslau“ gibt.

    Das Rhein-Main-Gebiet muss dessen Tod wirklich hart getroffen haben.

    Force Legato ist übrigens auch heute noch cool.

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