Starthilfe? Besuch im Autokino Kornwestheim

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Ein ktv Beitrag, der beginnt, wie ein Poetry Slam Beitrag aufhört: Mach mal was total Verrücktes. Keep calm and sei spontan. Spring vom Zehner und geh ins Kino, ohne zu wissen, was kommt. Die Steigerung davon: lass das mit dem 10-Meter-Brett und fahr ins Kino, ohne zu wissen, welcher Film gezeigt wird.

Freitagabend, Autokino Kornwestheim, Drive-in. Eine echte Institution.

Nun ist es so, dass 7 meiner 10 Lieblingsfilme eher Independent-Kino als Hollywood Blockbuster sind. Insofern bin auch ich glaub eher Arthouse-Zielgruppe als Multiplex-Mensch. Aber solange es noch kein Autokino gibt, in den Leute mit ihrem alten, abgeschrabbelten Mazda 6 Kombi fahren, um Neil LaBute Filme zu gucken, solange muss man eben, wenn man seine Karre mit ins Kino nehmen will, nach Kornwestheim.

In der Einfahrtsschlange hab ich überhaupt erst mitbekommen, dass es Kino 1 und Kino 2 gibt, bzw. Leinwand 1 und Leinwand 2. Man steht Rücken an Rücken oder besser: Heckstoßstange an Heckstoßstange und guckt halt in verschiedene Richtungen. Dann muss man nur noch den richtigen Sender einstellen. Denn da kommt der Ton raus.

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Ich schwöre, die Radioprogramme hat sich das Radio selber da hinprogrammiert. Ich würde niemals Antenne 1 und 107,7 bookmarken.

Am Freitagabend hatte man die Wahl zwischen zwei Filmen mit Zac Efron. Einer davon auch noch mit Seth Rogen. Ich hatte erst keine Ahnung, wer die beiden sind. Hab dann aber auf dem Kinoplakat erkannt: Ah – das ist der dicke Gemütliche, den man so gerne besetzt. Der neue Kevin James (King of Queens). Der Ottfried Fischer der Amerikaner.

Mir persönlich würde es als Charakterdarsteller nicht gefallen, wenn in jeder Rollenbeschreibung stehen würde „kräftiger, sympathischer Kumpeltyp – und jetzt kommt’s: er hat ein Baby…“ Und alle Produzenten und Co-Produzenten am Tisch: Hahaha. Ein Baby. Wie witzig. Das wird lustig.

Ein Baby hatte er auch in ‚Bad Neighbours‘. Und ich muss sagen, ich musste relativ regelmäßig lachen. Hahaha. Ein Baby. Hahaha. Wie der Dicke tanzt. Hahaha. Lag vielleicht auch daran, dass ich in einem abgeschlossenen Fünfsitzer saß und das dort ungeniert tun konnte. Aber wer schon bei ‚Something about Mary‘ oder ‚Hangover‘ bipolar gedacht hat So ein Trash/Eigentlich ganz witzig, der wird auch bei ‚Bad Neighbours‘ unter der Gürtellinie amüsiert.

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Das letzte Mal war ich 1993 im Autokino. Und seitdem hat sich da nicht so wahnsinnig viel verändert. Liebe Kinder, 1993 – das war eine Zeit, als noch Dinosaurier über die Erde wandelten. Und Steven Spielberg hat damals daraus einen Dokumentarfilm mit dem Titel ‚Jurasssic Park‘ gemacht. Den hab ich im besagten Autokino gesehen, fand die Dialoge aber so unerträglich, dass ich den Filmton aus- und eine CD angemacht hab. Brontosaurus gucken plus Dio’s ‚Holy Diver‘ hören, war dann ein bisschen besser.

Als Laura Dern dann aber mit ihrer Riesennase und ihrer Mimik-Allergie auf die Leinwand kam, half nicht mal mehr Ton abdrehen und Scheibenwischer anmachen.

Kleiner Dino-Exkurs: man muss sich bitte mal vorstellen – vor ‚Jurassic Park‘ gab es keinerlei Dinosaurier-Hysterie. Ich wiederhole: null Dino-Kult. Wir hatten Lego, Matchbox und die zeitlosen Fußball-Klebebildchen von Panini. Niemand von den vor 1980 Geborenen fand Dinosaurier, Riesenechsen oder Mammuts attraktiv, sammelfähig oder nachspielwürdig.

Gut, wir hatten King Kong. Aber halt nur im Kino und nicht auf dem Schulranzen. Dinosaurier waren einfach nur alte blöde Tiere. Man muss sich das so vorstellen, wie wenn plötzlich eine ganze Generation Quallen stark fände. Ein Riesen Quallen-Hype. Und alle hätten Scout-Schulranzen mit Qualle, T-Shirts mit ‚I love Qualle‘ und Qualle-Bettwäsche. Und in der Schleyerhalle würde mehrtägig eine Quallen-Expo halt machen und aus einer gallertartigen Masse „die räuberischsten Quallen der Weltmeere“ nachstellen. So ungefähr ist Dino.

Naja, solange sie im Autokino keine Quallenfilme zeigen (‚Quallen Park I bis III‘), werde ich da wohl wieder mal hinfahren. Denn es gibt Dinge, die kannst du im Ufa-Palast nicht, im Autokino Kornwestheim aber durchaus machen:

Rauchen

Laut reden

Bumsen

Eigene Snacks und Getränke verzehren

Pupsen

Blinken

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An gleicher Stelle findet übrigens ebenfalls seit Jahren Samstags von 8.00 bis 14.00 Uhr ein privater Automarkt statt. Tagsüber. Das Foto ist nur ein Serviervorschklag. Und in der Tat hab ich da seinerzeit meine erste eigene Karre gekauft. Einen Fiat 131 Mirafiori in hasengrün.

Das beste an dem Auto war neben der Lackierung der Schaltknauf. Der Vorbesitzer hatte den durch einen Plastik-Totenkopf mit Rubin-Imitat Augen ersetzt. Und ich hab das so gelassen. Weil man den an der Ampel oder auf der Autobahn mit zwei, drei Umdrehungen schnell abschrauben konnte und seinem Nebenmann zeigen konnte, wenn man mit dem Beef hatte.

Schon damals war nämlich Vogel- und Mittelfingerzeigen gesetzlich verboten, Plastiktotenkopf zeigen dagegen war straffrei.

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9 Comments

  1. says: Saarländer

    Ich als vor 1980 Geborener erinner mich doch, dass ich diverse Plastikdinosaurier und ein Was ist Was – Buch zu dem Thema in meinem Kinderzimmer/besitz hatte. Ich fand in den 90er fing dann eher die Verniedlichung der Dinosaurier an , mit Disney-Zeichentrickfilmen und Plüsch-Dinos. Nur um dem Herrn Geiger hier mal wieder zu wiedersprechen ;).

  2. says: MartinTriker

    Als vor 1970 Geborener muss ich den Saarländer unterstützen: Dinos waren cool. So cool daß ich meinen Brontosaurus-Radiergummi nie zum Radieren benutzte.

  3. says: Kollege Geiger

    Und wieso gab es dann bitteschön keine Matchbox-Dinosaurier, Matchbox 007 Aston Martins mit Schleudersitz aber schon? Hm? Weil Dinos doof waren. Deshalb.

  4. says: Ken™

    ich als vor 1975 geborener kann sagen:

    das im dunkeln leuchtende skelett eines tyranosaurus aus dem yps-extra war damals schon der hammer!

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