Richtig sexy: Die Schwabenquellen im SI-Centrum Stuttgart

schwabenquellen-eingang

Neulich war ich mal in den Schwabenquellen. Ich bin leidenschaftlicher Saunierer, mach das so rund einmal im Monat, aber in den Schwabenquellen war erst zum zweiten Mal in meinem Leben. Ist halt schon sehr teuer.

Meine Stammsauna ist das Mineralbad Cannstatt, nicht zu verwechseln mit dem Mineralbad Berg (das Rekonvalenzbecken des Stuttgarter Nachtlebens im Sommer) und schon gleich zweimal nicht mit dem überfüllten Leuze. Ich weiß gar nicht, warum das Leuze so einen legendären Ruf hat. Wenn irgendetwas in Stuttgart wirklich überbewertet ist, dann ist es nicht unser Freund Pate sondern das f**k Leuze.

Nein, ich geh ins Mineralbad Cannstatt beim Kursaal. Da ist es entspannt, ruhig, nur alte Menschen, die über das Wetter oder dem VFB schwätzen. Und vor allem hat man Platz beim Aufguss, während man im Leuze wie die Presswurscht aufm Grill hockt.

Den Damen sei gesagt, dass es im Mineralbad Cannstatt zwei Frauentage gibt, nämlich Montag und Donnerstag. Oder Dienstag und Donnerstag? Na egal, vielleicht interessiert das ja die eine oder eine, die kein Bock darauf hat, sich dauernd in der Sauna von (alten) Männern anklotzen zu lassen.

Lange Rede kein Sinn, ich war in den Schabenquellen. Allgemein war ich erst zum vierten Mal überhaupt in meinen Leben im SI-Centrum (einmal noch auf einer M1-Halloween Party mit Felix da Housecat, 1999 glaub, und einmal auf einer Housesession mit den Tunies) und ich war dieses Mal ehrlich gesagt ziemlich überrascht, wie schäbig das SI-Centrum eigentlich ist. Also Zeitlosigkeit war für die Planer damals ein Fremdwort.

Gut, ist nun auch schon ein paar Tage alt das Ding und soll ja auch die Massen ansprechen, aber dieser pseudo-mediterrane Flair, oder was das auch immer darstellen soll, wirkt auf mich schon sehr befremdlich, was zusätzlich auch von der Shopstruktur untermauert wird.

Wir haben relativ dämlich geparkt und kamen prompt bei so einem Handtaschen-Bazar-Fuzzi raus. Also auch Handtaschen-Verkäufer müssen irgendwie über die Runden kommen, aber das wirkte doch sehr halbseiden und roch stark nach Türkei-Urlaub oder Canal Street in Chinatown. Anschließend mussten wir das gesamte Centrum durchqueren und kamen unter anderem noch an solchen Läden vorbei:

si-centrum-laden

Oder auch an solchen Wandgemälden:

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Nun gut, egal, ich war eben fast schockiert, aber ich gehöre sicherlich auch nicht ganz zur Zielgruppe.

Der „VitaParc Schwabenquellen“ an sich ist zwar schon ziemlich teuer, aber die weitläufige Anlage an sich geht auch erst mal in Richtung Spektakel. Aber trotz reichhaltigen und sicherlich guten Angebot, müssten die Macher so langsam den Dschungelstyle überdenken. Weil so hygenisch rein wirkt der auch nicht mehr. Und ob man eine Saunakabine „Tirol“ (oder so ähnlich) im Hütten-Style mit Wildschwein-Köpfen oder so braucht, weiß ich auch nicht, aber nun gut, das ist  auch Geschmacksache.

Die Publikumsstruktur war schwerpunktmässig zwischen 30 – 40, überwiegend Pärchen. War eine ganz schöne Swinger-Atmo muss ich sagen. Also wenn der Bademeister um 18.00 Uhr eine 20minütige Balzrunde ausgerufen würde, hätte mit Rudelbumsen dort sicherlich keiner ein Problem gehabt.

Ich natürlich auch nicht, also hab ich mich erst mal wohlgefühlt. Dort nen bissle planschen, da mal reinsitzen und schwitzen, hier mal hinlegen und chillen, das passt schon. Ein Sauna-Besuch steht und fällt aber natürlich mit dem Aufguss – und da schießen die Freaks von Möhringen den Vogel ab.

Erst mal muss man sich in den Schwabenquellen schon 10 Minuten vor Beginn des Aufgusses platzieren, danach keine Chance. Nach zwei Fehlversuchen sassen wir endlich zusammengepfercht in der großen Außensauna und warteten auf unseren Quäler, ganz unten wohlgemerkt, weil ich noch von meinem ersten Schwabenquellen-Besuch wusste, dass dort extrem hardcore aufgegossen wird.

Und dann kam sie. Eine stämmige Dame, ich schätz mal so in meinem Alter, in weiß und mit Kopftuch, dass uns einen gewissen Drill suggerierte, betrat die Bude und stellte erst einmal diesen Ghettoblaster ab:

Entsetzen machte sich breit. Erst dachte ich noch postiv und war steif und fest überzeugt, dass dieses Premium-Gerät von JVC zu einem extrem fetzigen Aufguss-Eimer umgebaut wurde.

Aber da ging wohl etwas die Phantasie mit mir durch und der Blaster wurde tatsächlich in seiner Elementar-Funktion genutzt. „Herzlich willkommen zum Aufguss um 17.30 Uhr, ich bin die Uschi und ich hab uns etwas Musik mitgebracht.“ Oh Gott, ey nee, bidde ned, nein, dass kann jetzt nicht wahr sein!

Die Olle schmiss den Kasi an und es donnerten 80er Hits aus der Tube und dazu legte das Vollblutweib eine Wedel-Performance hin, die ich einfach nur fassungslos über mich ergehen lassen konnte. Sie muss das geübt haben, denn punktgenau als der erste Refrain des Gassenhauers einsetzte, dessen Name ich nicht wissen will, machte sie mit vollem Körpereinsatz den Hubschrauber.

Und klar: Die kanadische Außensauna bebte mehr als der Wasenwirt und der Pflaumenbaum zusammen. Gut, das Publikum tendierte auch zu diesem Niveau („Öyöyöyöy!!!“). Nach dieser – für mich – unsäglichen Erfahrung waren sich die anderen Schwitzer einig: „Du, des war grad so subbr, die had da mit ihrer Musigg voll die Schoo abzoga!“ Oh mein Gott, jetzt weiß ich, dass das nicht mein Place ist.

Das war bestimmt ein genialer Schachzug der Vitaparc Marketing-Abteilung. Ich frag mich nur, wie man auf so einen Schwachsinn kommt. Aufguss bzw. saunieren und Musik passt für meine Begriffe absolut nicht zusammen. Ich frag mich wirklich, warum man heutzutage immer und überall „entertainen“ will. Aber es scheint ja gut anzukommen.

Beim nächsten Aufguss war der Kollege vom Hubschrauber so freundlich und fragte vorab, ob man den Aufguss mit Musik genießen will. Aber da wird Gott sei Dank ausnahmsweise mal die Demokratie ausgehebelt und es gilt die Minderheiten-Regelung: Wenn nur einer kein Bock drauf hat, gibts auch keinen Apfelbaum. Sauber. Die anderen waren ganz schön enttäuscht, dass ihre Party gecrashed wurde.

Nächstes Mal geh ich wieder nach Cannstatt, zu den alten Leuten, die über den VFB und das Wetter reden und beim Aufguss einfach mal das Maul halten. Wenigstens 10 Minuten am Tag.

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14 Comments

  1. says: Sebastian

    Früher war ich recht oft im Leuze. Inzwischen finde ich es dort einfach nur noch überlaufen und unangenehm. Dennoch erinnere ich mich immer wieder gerne an die Situation, wo sich ein Opa, ein Ossi & ein Schwuler beinahe um einen Sitzplatz geprügelt hätten… 😀

    Die Schwabenquellen find ich da deutlich angenehmer, auch vom Publikum! Nicht nur spannende Opas… Dafür gewinnt man leider wirklich den Eindruck, dass schon seit Jahren kein Geld mehr investiert wurde.

    Mein absoluter Favorit ist und bleibt die Meersburg Therme! Wenn ich mal das WE am Bodensee verbringe, ist ein Besuch der Therme Pflicht! Es geht einfach nichts über einen Aufguss in der Blockhaussauna mit Blick auf den Bodensee! 😉

  2. says: Thorsten W.

    Geiles Bild. „Tor zur Welt“ und drunter ein schäbiger Mülleimer und Schließfächer fürs Portmonääää. Das Leuze find ich auch überschätzt und vor allem überteuert, aber der Kinderbereich ist mit Kind schon was wert.

  3. says: Sascha

    Noch ein „Geheimtip“

    Das Fildorado unter der Woche von 20:00 Uhr – 22:00 Uhr. Ich gehe da sehr gerne hin um mal zu schwitzen, da es sehr leer ist und man für 9,50€ alles benutzen kan, d.h. das ganze Bad + Spa Bereich. Dazu kommt, dass es meiner Meinung nach ein sehr schön gestalteter Spa Bereich ist, in dem man auch nach dem schwitzen echt gut chillen kann in einem der vielen Räume.

  4. says: julia

    das lied, das aus ihrem kasi kam und zu dem sie wild ihren dicklichen hintern geschwungen hat kam aus dem musical „fame“ und hieß „I’m gonna live forever“…

  5. says: Lars G.

    …sehr schön geschrieben. Ich habe vor einiger Zeit mal meiner besten Freundin per E-Mail von einem ähnlichen Aufguss berichtet, Stichwort Mozarts Totenmesse. Mal gucken, vielleicht finde ich die noch.

  6. says: Basey

    ich hab mich bepisst vor lachen – warum kann ich mir die „stämmige“ Dame nur so gut vorstellen wie sie hubschraubt 😀 Perfekt!

  7. says: JoeJoe

    Das Lied heisst nebenbei nur Fame und ist das Titellied des Musicals.
    Wunderbar, da kriegt man dann passend alles geboten im SI…
    Musical bis zum abwinken 🙂

  8. says: se

    jaja, hab ich auch bausteineklotzenderweise erleben müssen letzten november in den schwabenquellen, da war aber noch dieses unsägliche we will rock you am start und den aufguss machte ein männlicher bademeister der natürlich auch luftgitarre gespielt hat usw, unerträglich wenn man einfach nur gepflegt saunieren will…

  9. also bei mir lief das letzte mal in der balisauna (dabei haben die balinesen echt coole chillige music) auch 80er tracks. bei mir lief bonny tyler und der ghettoblaster war auch mit am start. das beste war das der aufgussmeister alle zwei minuten seinen aufguss unterbrach und das nächste scheisslied anspielte…. uarghhh…. etliche fliesen waren auch kaputt und eine sauna komplet geschlossen…. also da ziehts mich nicht mehr hin. ich kann in böblingen die mineraltherme empfehlen. is zwar bissl teurer aber sehr angenehm

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