Mein erster Clubbesuch: 1992 im OZ Stuttgart

Manchmal muss man auf ein Zeichen warten. Unterer Text steht seit über zwei Monaten in der Warteschleife und habe ich just an dem Tag geschrieben, als Thorsten mal wieder was vom Oz los gelassen hat, genauer gesagt war es frühzeitliche Oz-Flyer-Kultur. Irgendwas hat mich damals abgehalten, den Artikel frei zu schalten.

Kurz nach Thorstens Eintrag habe ich einen freundlichen Leser in der Corso Bar kennengelernt. Er meinte, ey, warum schreibt ihr so oft über das Oz? Ja, hm, wir sind da halt „groß“ geworden. Auch er wäre viel im Oz gewesen.

Seither laufen wir uns ab und zu über den Weg, nächtens natürlich, und vergangenen Freitag im Transit hat er mir folgendes Märkchen überreicht:

Das fand ich natürlich total großartig. Noch großartiger ist es, dass 1992 auch das Jahr meines ersten Clubbesuchs war. Here we go.

1992 besuchte ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Club, das Oz. Keine Ahnung, warum ich eines der wichtigsten Erlebnisse meiner Jugend noch nie aufgeschrieben habe, zum Beispiel auf der ersten Seiten im Sub Culture.

Ich wollte schon recht früh in die Disko. Problem: Das Alter. Problem zwei: Ich sah auch immer so aus wie alt ich war, eher noch jünger.

Sprich mit 15, ein Jahr bevor man also zumindest bis Mitternacht offiziell in die Disko darf, sah ich auch aus wie 15 (oder 14?). Mein Kumpel Oli z.B. sah mit 15 schon aus wie 21 und ist 95/96 locker mit ins Tier rein geschlappt, während ich mit 18/19 noch schön meinen Ausweis zeigen musste.

1992 war ich also 15 und wollte aber am Samstagabend (endlich) dringend etwas unternehmen. Meine Erlösung war der Pilla. Grüsse an dieser Stelle, ich hoffe es geht ihm gut. Er schleppte mich kurzerhand mit ins Oz.

Pilla war leicht älter, eine Art Frühstarter und Diskoking zugleich, und sah schon im Gegensatz zu mir sehr reif aus. Oz deswegen, weil man `92 dank „Das Boot“ oder „James Brown is Dead“ ein Faible für „Techno“ hatte und einem der gerade Beat damals schon gefiel. Oder vielleicht auch weil Pilla wusste, dass der kloi Maddin da reinkommt.

Wir stellten uns also gegen 21.00 Uhr vor dem Oz an, mein Herz raste vor Aufregung – aber schwupps waren wir drin!

Die Fee, die mich glücklich machte, hieß Anja. Neben Tanja (M1, heute Romy, wenn ich das am Samstag richtig gesehen habe) wohl die Über-Türsteherin, bzw. Speakerin, überhaupt in Stuttgart. Groß gewachsen, präsent, attraktiv (habe ich zumindest so in Erinnerung) und sehr freundlich. Sie hat mich charmant angelächelt und reingelassen. Yeah!

Ich habe Anja mal Jahre später nach dem Oz an einer Türe getroffen, glaube das war bei einer Party im NlL/Cafe am See, und sie (im Suff) etwas vollgelabert, von wegen sie war die Erste, die mich reingelassen hat (ja, schön billig doppeldeutig). „Und ich war erst 15, Ätsch!“

So und jetzt wirds peinlich: Nachdem ich im Oz drin war, bin ich gleich wieder raus, nein Quark, im (!) OZ (!) war eine Telefonzelle (!) (Telefonzelle = großes, stationäres Handy), und habe gegen halb 10 pflichtbewusst bei meinen Eltern angerufen.

Mein Daddy war dran (ungefährer Dialog): „Ja du Papa, ich bin tatsächlich in eine Disko reingekommen.“ „Echt, bisch wirklich drin? Das freut mich aber für dich!“ „Ja, ich bin drin!“ „Okay, aber komm gegen Mitternacht heim.“ „Ja klar, muss ich doch, sagt das Gesetz.“ (Okay, letzter Satz ist garantiert nicht gefallen.)

Mein Vadder hat sich aber glaub wirklich voll für mich gefreut, weil ich ja schon immer in die Disko wollte.

Drin war es erst einmal – ähm, ja – schon so eine ganz neue Welt. Ich stand zunächst herum wie Falschgeld und versuchte mich in dieser Lokalität zurecht zu finden.

Gegen 22:00 Uhr gab es einen musikalischen Break. Wenn ich mich recht erinnere ging dazu ein Laser an, Leinwände fuhren runter und der DJ (schätze es war Thomas Örgel) spielte ein langes Intro. Pilla raunte mir verschwörerisch zu: „Jetzt gehts los…“

Wow, jetzt gehts also los! Aber was geht los? Der Beat setzte ein, es war lauter als vor dem Intro und die Menschen tickten komplett aus.

Ich hingegen stand mit Pulli und Jacke da und wusste nicht so recht was mit mir anfangen. War wohl alles zu viel für mich auf einmal. Pilla meinte: „Du musst tanzen!“ Also hab ich versucht zu tanzen. Ich denke, es sah bescheuert aus.

Alles in allem fand ich das Clubben in diesem Moment eigentlich gar nicht so cool. Gegen Mitternacht sind wir wieder gegangen. Bis Ende 1993 habe ich das Oz dann gemieden (Zwischenstufe Müsli ab 16). War zunächst irgendwie doch nicht so meins.

Dank eines neuen Schulkumpels auf der Oberstufe wurde es dann meine Stammdisco. Jeden Samstag. Viele sagen, da war das Oz schon schlecht. Ich fands aber super damals. Bei der Razzia 1995 war ich auch dabei. Darüber hab ich aber schon mal geschrieben. Seitdem habe ich nie wieder ein Razzia erlebt.

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36 Comments

  1. says: chris

    ich glaube es ging fast jedem so, der zum ersten mal sich in ein club reingeschuggelt hat. die club-kultur der 90er war scho geil.

  2. says: SergioE

    Hey Martin – super Artikel! Genauso lief es mit dem OZ bei mir auch ab, nur daß ich keinen dabei hatte der „erfahrener“ Clubgänger war. So bin ich halt mit nem Kumpel rein, der mit Techno mal gar nichts am Hut hatte. Dann trennten sich die Wege – ich weiterhin ins Oz – er ins… äh… Roxy!
    Später durfte ich sogar ne Zeitlang die Garderobe im Oz schmeißen…geile Zeit !

  3. says: maga

    herrlich martin 🙂
    das erinnert mich an mein erstes mal…OZ ’92!!111einself
    dank meiner frühreifen freundin wars kein problem mich reinzuschleusen (ich war 13!)…das war alles so aufreeegend…die strobos, emporen und freaky leute…ich war völlig geflasht.
    um halb zwölf hat mich dann mama abgeholt 😉

  4. says: The Rocket

    I like!!

    …mein Gott muss auch ich deppert ausgesehen haben, beim ersten Mal im Däschno-Club (bei mir: Splash in WN). Ich dachte nach 6 Stunden „Ey, das ist doch dasselbe Lied oder wie?“ Und dann im Oz…da tropfte der Schweiß von der Decke…damit konnte ich (damals noch) nicht umgehen
    😉

  5. says: Atomiser

    Als alter hase wars bei mir noch viel früher: Meine Schwester hat mich in ide BOA geschleppt und ich fands doof… aber als ich dann nach der Tanzschule ins AT ging hatte mich der Virus gepackt. Später dann habe ich dort 5 Jahre lang im ROXY aufgelegt…:-)

  6. says: NO 2da RA

    Mega Martin! Und was hast du bitte für einen coolen Dad? Ich krieg das Bild einfach nicht mehr ausm Kopf. Martin in der Telebox…Papa aufer Couch mit Bier und drückt seinem kleinen ganz fest die Daumen, dass er heute reinkommt 😀 Toll!!!!! Das waren noch Zeiten 🙂

  7. says: franzi

    das erstemal hat mich auch eine freundin als ich 17 war ins OZ eingeschleust; mit dem ersatzschülerausweiß ihrer großen schwester 😉

    war schon sehr beeindruckt vom wilden großstadtleben!

    bin nach ein paar stunden in dieser sauna natürlich erst mal umgekippt und musste raus getragen werden, war natürlich absolut oberpeinlich! und jeder hat mich gleich mal jeder gefragt was ich mir da wohl so alles „eingebaut“ hätte: cola und traubenzucker, das war definitiv alles!! hab mich dann erst mal ein paar wochen nimmer da hin getraut 😉

  8. says: franzi

    und ja, das hört sich übrigens nach einem absolut coolen papa an!

    meine mama würde heute noch 1000 tode sterben, wenn ich ihr erzählen würde, dass wir damals immer nachts nach stuttgart gefahren sind und nicht im dorfjugendclub rumgehockt sind…

  9. says: martin

    kann mich da in der tat nicht beschweren. hab auch mit 18 das auto von papa bekommen, also wenn er es nicht gebraucht hat. war in meinem freundeskreis bei manchen kumpels nen riesendrama, das mit dem elterlichen auto.

    war aber im gegenzug auch immer nen braver sohn 😉

  10. says: franz von assisi

    hab das gleiche problem mit dem alter wie du, martin. sah auch schon immer eher jünger als älter aus…
    aber weißt was das gute ist?
    in 30 jahren, wenn die jungs hier alle wie alte knacker aussehen – und wir gleichzeitig superfresh – dann schnackseln wir einfach alles weg, was bei drei nicht auf den bäumen ist ;)!

  11. says: Patrice Grad

    hmm, neulich bei Format:B, mußte ich meine Tochter (19) auf die Gästeliste schreiben, weil sie das erste Mal in die Romy gekommen ist.
    Die Dame an der Kasse hat sie nicht auf der Liste gleich gefunden, dann hat meine Tochter gemeint:“ Der Patrice ist mein Vater“ Da haben alle ganz schön doof geschaut.
    Ehrlich gesagt, war’s ein ziemlich komisches Gefühl.
    Na ja, sie fand’s „mega“ und ich hab nur Wasser getrunken. 😉

  12. says: Philthy

    hat sie auch anstehen müssen?

    hmm, erster disco-besuch war im palazzo in freiberg, da war ich 17. ich weiß noch, da hab ich ganz ehrfürchtig an der brüstung gestanden und die leute bewundert, die sich trauen, zu tanzen. (obwohls nur der freestyle-affentanz war :D)

    mein erster richtiger club war die alte gießerei in heilbronn. groß, laut und dunkel, mit boxen die mich um 2 köpfe überragt haben. hatte an den wochenenden auch öfter papis auto und bin dann mit hr3 clubnight aufnahmen im kassettenradio nach heilbronn geeiert. 😀

  13. says: Tobi Tobsen

    patrice -> wie geil is dass denn 😀

    1. DISCO besuch ist glaub echt so ne sache, die man nie vergisst. ich weiss immer noch genau, was ich damals an hatte und wie ich schiss hatte, dass ich nicht rein komm.. oh man.. das waren noch zeiten…

    wobei: vor zwei wochen bin ich freitags nicht in die suite gekommen, weil der türsteher – den ich dort irgendwie noch nie gesehen hab – meinte, dass man sich vorbereiten müsste, wenn man weg geht und ich nicht mit nem einkaufsbeutel (zur info, es war eine YSL-Tasche) nicht rein komm und überhaupt was ich denn da drin hätte… oh man dachte ich mir nur… sorry, gehört hier echt nicht hin aber das musste ich schnell los werden 😀

  14. says: chris

    ich wöllte nicht das meine tochter sieht was ich am wochenende so treibe. und ich will auch nicht sehen was sie so macht, wenn natürlich volljährig.

  15. Seid ihr eigentlich mit euren Eltern damals weggegangen?

    Ich finde das mit Patrice und seiner Tochter echt cool, wobei das bei uns daheim auch so ist. So war ich scho unter 18 mit Mama und Papa einige Male weg und jetzt laufen wir uns au manchmal auf der Theo über den Weg.

    Mein erster legaler Discobesuch war mit 16 im Club Prag. Und ich weiß auch noch, was ich anhatte und wie blöd ich rumstand und gar nicht wusste, wohin mit mir, weil ich ein Jahr auf diesen Moment gewartet hatte 😀

  16. says: Thorsten W.

    Sehr witzig, mein erstes Mal Disco war auch mit 15, mein erstes Mal Oz auch 1992 – da war ich allerdings schon 16. Ich hab hingegen schon immer älter ausgesehen, darum war das auch nie ein Problem… Aber ich bin ähnlich staunend im Oz gestanden. Allerdings hatte ich da schon 1/2 Jahr Techno hinter mir, war also nicht ganz so unverbraucht – und ich bin danach noch sehr oft ins Oz. Und das waren damals immerhin (wie schon öfter erwähnt) 140 km ein Weg.

    Ach ja – so einen Bon von 1992 hab ich auch noch, und außerdem ein Zuckertütle mit Oz-Logo 😉

    Mit 18 hab ich auch das Auto von Papa bekommen, wenn auch wiederwillig…

    @Patrice: Coole Sache! Bin mal gespannt ob mich mein Sprössling in 10 Jahren auch mal besucht, falls ich da noch auflege…

    @Tobi: Ein Jutesack von YSL? Boah, harter Tobak 😉

  17. says: Weini

    zu cooL Maddin!
    ich war zum 1.mal im zentith (das jetzige Proton) war sooo schlecht und der laden war leer und TEKKNO lief auch noch, na super, dachte ich. Wochen später dann ins Octagon (nachdem das Zenith den Namen und das Programm geändert hatte) mir fällt grad auf wie bescheuert sich die Clubnamen anhören….naja.war au nix besonderes…

    so ein richtiges erfolgserlebnis hatte ich aber erst als ich 15 war und ins ehem. Zap reingekommen bin….maaaaaan des war damals der Oberhammer!

  18. says: tobi2

    wie geil…bekomm voll den retroflash..die zettelchen gabs immer an der kasse beim zahlen…
    gegen ende waren doch die wände mit metalspäne hinter plexiglas versehen..oder war das von anfang an?mh ist schon zu lang her aber cool wars trozdem immer…und wie wir damals rumgelaufen sind zum glück gibts keine fotos von mir 🙂

  19. says: Alexander M.

    au mann. ich muss mir da auch die eine oder andere träne verdrücken. und vor allem wenn dran denke, dass vor 20 jahren das erste mal oz und kur davor das auflegen angefangen hat. hierzu wirds bestimmt dann noch bald mehr geben., wie z.b. meine erste platte die ich beim großen thomas am samstag abend im oz (anno 91) gespielt hab. da war ich vielleicht aufgeregt …
    more to come

  20. says: schwell tiger

    Oz…

    mein erstes mal!

    Ich glaube an einem samstag,
    mit einem kumpel,
    gerade in der 6ten oder 7ten klasse
    (ca. ’93 im sommer glaub es war warm),
    beide viel zu jung mit höchstens 14
    was ich anhatte keine ahnung,
    eltern ganz unwissend,
    wir eigentlich auch..

    Wie sind wir da bloß reingekommen frag ich mich jetzt mit einem dicken schmunzeln im gesicht…

    zeiten ändern sich.

    ehrlich gesagt sind meine erinnerungen sehr knapp..
    ich kann mich an die laser strahlen, die bar (ich glaube die war auf meiner kopfhöhe) und eine vielleicht riffelblech oder doch glatte treppe neben dem dancefloor erinnern.. da saß ich wie >falschgeld< etwas fehl am platz herum und hab mir das treiben so beobachtet.

    irgendwann sind wir morgens nachhause es war hell, wir sind am bahnhof auf der bank eingeschlafen und in der bahn auch….

    muss das für mich jetzt mal aufschreiben mit allen details. Danke für die anregung..
    a nice trip down memory lane.

    "my first disco visit"
    neue facebook group
    join now =)

    http://www.facebook.com/group.php?v=wall&gid=334490661083

  21. says: Wasilis

    Coole Geschichte Martin !!!

    Ich war zum ersten Mal in einem Club im Mai 2005 mit 17 Jahren, das war im Move an einem Freitag !!!

    Im M1 @ Boschareal fande ich es auch sehr geil, war mein zweiter Clubbesuch überhaupt. Der Club hatte zwar nen schlechten Ruf, ich fands aber cool. Stand jedes mal auf der Gästeliste, der türkische Türsteher hat mich jedes mal schief angeschaut, genau wie die anderen Gäste an der Schlange !!!

    Dritter Stuttgarter Club war das damalige Zap, da gabs die schönsten Frauen !!! Ich wollte an dem Abend ins ProTon kam aber nicht rein !!!

  22. says: derPaddo

    !!!

    Gott sei Dank gibt es Fotografen mit solch tiefem Verständnis für die Szene, allein schon wegen dem eigenen Background.

  23. says: Anja

    wie anders wäre diese Geschichte, wenn ich dich nicht reingelassen hätte! Zum Glück war ich mir damals nicht bewusst wie wichtig meine Entscheidungen an der Türe für manche waren. Sonst hätte ich wohl jeden reingelassen 🙂 schöne Geschichte, schöne Erinnerungen…..

  24. says: frank

    Martin, was für’n geiler Bericht! Und dann noch der OZ-Fetzen, den man am Eingang immer bekommen hat. Ich komm aus den Erinnerungen gar nicht mehr raus. Der kultigste Laden, den Stgt. je erlebt hat. Hatte immer Schiss, daß mein etwas gewichtigere OZ-untypische BW-Kumpel nicht reinkommt. Stundenlanges Abtanzen, die Dunkelblonde an den Treppen zum DJ-Pult (leider nie angesprochen, ham uns nur angeschaut ;-). Was ne hammer Zeit!!!
    Martin, ich danke Dir!!!

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