KTV-Classic: Gott zum Gruß und Gruß zum Gott

Angespornt von einem Eintrag von Tobias Köhler auf dessen Blog zum Stuttgarter Zeitung-Lauf und weil mir das erst am Wochenende wieder aufgefallen ist, möchte ich auch gerne mal das Thema „Grußtechnik beim Laufsport“ anreißen.

Köhler schreibt folgendes: „Motorradfahrer heben lässig die Hand, wenn sie einander auf der Landstraße begegnen.  Busfahrer drücken zum Gruß auf die Lichthupe, wenn ihnen ein Kollege entgegenkommt. Läufer sind da ganz anders. Sie ignorieren ihre Mitmenschen einfach. Bestenfalls.“

Aight. Anders gesagt, sie gucken dich in der Regel nicht mal richtig mit dem Arsch an. So hab ich es über die Jahre hinweg mehr oder weniger aufgegeben entgegen kommende, hechelnde Zweibeiner zu grüßen. (Was ich am liebsten mit Vierbeinern machen würde, erzähle ich ein anderes mal.)

Manchmal, wenn ich extrem fast and furious bin und mir auch ein extrem fast and furious Kollege entgegen kommt (am besten in Trikot-Trophäen von diversen City-Marathons dieser Erde), gibts halt nen Peace-Zeichen unter Pacern. Revierkönige. Brüll.

Okay, das ist das grundlegende Prinzip. Jetzt gibt es aber noch kleine Nuancen, wie auch Köhler schreibt. Falsch, eigentlich gibt es nur eine Nuance: Denn vereinfacht gesagt hab ich festgestellt, dass wir Männer uns dann doch noch eher grüßen.

Aber jetzt sag mal einer laufenden Dame hallo. Oder heb den Arm zum Gruß. Jonger Vadder, dann biste aber gleich wieder der Arsch mit Ohren, wie man es aus den meisten Augen blitzen sehen kann.

„Und was soll das jetzt? Ich geb dir meine Nummer, wir gehen mal einen Kaffee trinken und danach machen wir rhythmische Sportgymnastik auf deinem Küchentisch oder wie oder was? IHR SCHEIßKERLE DENKT DOCH IMMER NUR ANS FICKEN! SCHIEB DIR DEINEN GRUß ZUM GOTT ODER GOTT ZUM GRUß SONST WOHIN UND AM BESTEN  QUER DEN ARSCH HOCH!“

Ups, sorry. Bin schon wieder weg. Sehr verehrte Damen, in der Tat steckt ein Großteil unseres Gehirns in unserer Nudel, das würden wir auch nie abstreiten. Aber liebe Damen, gerade während des Laufsports befindet sich alles Blut in den Beinen, und wir wollen wirklich einfach nur hallo sagen.

Hallo, schön, dass du auch da bist und dich hier quälst. Hallo, schön dass du Sport machst. Hallo, laufen ist doch toll oder? Wir gehören zusammen! One love, one family! Das ist wirklich alles, liebe Damen.

Auf meiner Strecke kommen mir seit circa sechs, sieben Jahren zwei Schnepfen entgegen. Manchmal seh ich sie auch mehrere Mal die Woche. Laufen exakt dieselbe Runde wie ich. Die eine guckt mich einfach immer nur scheiße dämlich und total entgeistert an wenn ich ihr zu nicke. Vielleicht sollte ich sie einfach mal so richtig anbrüllen: „Jetzet! UND LÄUFTS? Willste was von meinem Sportgetränk haben, hä?“

Die andere kenn ich fast noch länger. Eine toughe Frau. Die Königin vom See. Sauschnell. Erschreckend dünn. Hat mich früher auch immer versägt und ist mit ihren typischen kurzen kleinen Schritten an mir vorbeigeschwebt. Eine Demütigung sondersgleichen.

Sie trägt immer zwei Zöpfe und hat den Kopf so nach links oder rechts geneigt. Wie ein Gaul. Und hat auch so einen total professionellen ruhigen Atemstil. Also nicht hier einen rauskeuchen wie eine Seekuh (nicht zu verwechseln mit Rapper Sekou).

Anfangs hab ich es noch versucht. Hab mal genickt, mal die Hand gehoben oder auch mal deutlich hallo gesagt. Kam nie was zurück. Entweder fand sie meinen Hallo-Move total unangebracht (siehe oben) oder sie muss sich auf ihren sehr präzisen Laufstil konzentrieren oder mein sportlicher Leistungsstand war ihrem einfach nicht würdig.

Nun, the tables turn, und es kam der Tag in einem Frühling, noch gar nicht so lange her, vor ein, zwei Jahren, da hab ich sie zum ersten Mal überholt. Hab sie schon von weitem gesehen. Hab mich locker luftig an sie rangepirscht, nach links ausgeschert, schön vorbeigezogen, Blinker rechts und wieder auf der Spur gewesen. Auf gleicher Höhe hat sie mich registriert. Und sie wusste genau wer ich bin. Und ich meine, sie hat ganz schön doof geschaut.

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14 Comments

  1. says: Chris 266

    also am Bärensee wird wirklich nicht gegrüßt.

    Habe dich auch länger nicht mehr gesehen zum Grüßen
    auf der Laufstrecke, werde morgen wieder ne runde laufen.

    In Degerloch beim Trimdichpfad begrüßen sich die
    jogger immer freundlich mit einen heben der Hand.

  2. says: Lars G-Punkt

    Sehr selten, dass ich als verdorbenes Medienkind mal richtig über geschriebene Wörter lachen muss. Super Text, besonders der Part über die beiden „Schnepfen“. Geil.

  3. says: KemiHa

    Sensationell! Ich kenne ähnliche Situationen vom Radfahren. Hab mich weggeschmissen beim Lesen – danke Martin für den Text! Und danke Lars G-Punkt für den Link hierher! Run on!

  4. says: Maniac

    Martin, hast du mir mal einen Universellen Joggertip…?

    Sowas wie das Spice der Jogger, der Saft, die Macht, da Force…
    Etwas essenzielles….

    Schreib doch mal Blogger-Jogger Guide 🙂

    So mit:
    Schuhwerk, Technik, Kontinuität etc……
    ich gebe mir zwar echt Mühe, recht professionell an die Sache ranzugehen (Polar Pulsmessert Asics 2010, Fit Dry Garment…)
    aber irgendwie lässt mich der Gedanke nicht los das es da einfach wichtige Dinge gibt, die ich weiß….

    Wäre auf jeden Fall ultracool !

  5. says: julia

    „ich bin viele jahre mit irgendwelchen cheopo auslaufmodellen fürn fuffi gerannt, in der schlapperhose und ohne alles.“

    hmm nur schuhe und schlabberhose, sonst nix? hot!!

  6. says: martin

    gut, die bärenseen sind nicht der central park, wo das gang und gebe ist 😉 war schon vernünftig angezogen, aber lange jahre ohne tolle laufkleidung oder pulsmesser oder son kram 😉

  7. says: Ken

    also mit grüssen ging bei mir bisher sowieso kaum etwas. habe mich (zumindest früher) mit meinem hochroten kopf immer aufs laufen konzentrieren müssen um nicht zu kollabieren… ein viertel nicken war da das höchste der gefühle…

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